Aufführungsbesprechung Wien, Kärntnertortheater: „Euryanthe“ von Carl Maria von Weber am 25. Oktober 1823

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Euryanthe.

Dieses neue Werk des trefflichen K. M. v. Weber ist nun in Wien, auf dem Hoftheater am Kärnthnerthor, erschienen, und mit einiger Besorgniß haben wir in öffentlichen Blättern Schilderungen dieser Oper und ihres Eindruck’s auf das Publikum der Kaiserstadt, gelesen, welche, durch ihren sanguinischen Enthusiasmus und blinden Eifer für eine ohne Zweifel gute (und gewiß nicht gefährdete) Sache, ganz geeignet scheinen, die Erwartungen an andern Orten eben so hoch zu spannen, wie es in Wien der Fall war, nemlich allzuhoch, und dadurch dem Werke selbst eher zu schaden als zu nützen.

Um so willkommener ist uns eine neuerdings, in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur etc. (Nr. 134. und 135.) erschienene Beurtheilung der Euryanthe gewesen, welche, ohne sich auf eine anatomische Zergliederung des Werk’s einzulassen, sich an die „Tondichtung“ hält und ohne Zweifel nicht zuviel davon verlangt, wenn sie will, daß: „das Ganze den Zuhörer ergreifen, in der Fantasie und im Herzen ein großes, glänzendes Bild zurücklassen und sich durch hervorstechende schöne Züge darin immerfort frisch erhalten solle“; welche diesen Maßstab unbefangen anlegt und zugleich auch die wiederholt beobachtete Wirkung schildert, die diese Oper auf das große und empfängliche Wiener Publikum gemacht habe.

Wir entnehmen daraus, soviel die Bearbeitung der bekannten, von Frau v. Chezy übersetzten, Erzählung, für die Komposizion, anlangt, daß derselben Dunkelheit und Mangel dramatischer Motive, mithin auch des Interesse[s], vorgeworfen, dagegen ihr ein anmuthiger, obwohl nicht durchaus musikalischer, Versbau, ein romantischer Karakter und eine edle Haltung, zugestanden werdenT. Fr. v. Chezy hat in einer eignen Erklärung (Nr. 137. und 138. der W. Z.) die Gründe dargelegt, weshalb in der ursprünglichen Bearbeitung mehrere Veränderungen vorgenommen worden, wodurch die Dichtung verloren haben soll. –

In der Komposizion glaubt der Beurtheiler den Zeugungsprozeß des Originellen und Ungemeinen zu erkennen und durch das zarte Tongewebe einige schwere Hebel mühsamen Bestrebens zu deutlich durchblicken zu sehen.

Dem Rezitativ insbesondere wird Monotonie und schwerfällige Akzentuierung, durch gesuchte Korrektheit des wörtlichen Ausdrucks, zur Last gelegt; wogegen einzelne Gesang- und Tonstücke, mit besonderer Sorgsamkeit herausgehoben und außerordentlich gepriesen werden.

Die Darstellung soll steigend vortrefflich, dennoch aber die Wirkung des Ganzen dem, oben aufgestellten Ideal, nicht entsprechend gewesen sein!

Ohne im voraus absprechen zu wollen, können wir, nach dem uns vorliegenden Klavierauszuge, schon soviel beurthei¦len, daß, bei einigermaßen gelungner Darstellung, am glänzenden Effekt und tiefem Eindruck Einzelner Stücke nicht zu zweifeln ist; indeß läßt sich daraus auf die Wirkung des Ganzen freilich noch keineswegs schließen.

Möge uns die geschätzte Generalintendantur bald in den Stand setzen auch darüber ein begründetes Urtheil zu fällen; bis dahin haben wir uns begnügen zu müssen geglaubt, anscheinend unpartheiische und ruhige Meinungen Anderer hier vorzulegen um besonders auch den Zweck dadurch zu erreichen, daß man nicht verlange, Weber solle mehr vermögen als ein Gott, nemlich – es Allen recht zu machen! –

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Bandur, Markus

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 5 (6. Januar 1824), S. 5

Textkonstitution

  • „Einzelner“sic!

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