Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, 2. April – 2. Mai 1815

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Theater zu Prag.

9. April. Rosemunde Clifford, Trauerspiel in 3 Aufzügen von Theodor Körner. Von allen dramatischen Dichtungen, die uns von dem teutschen Heroen-Jüngling geblieben sind, gebührt nach unserer Meinung diesem neuen Trauerspiel der erste Rang; es ist voll Leben und Thätigkeit und einige Momente desselben von einer ergreifenden Wirkung. Hr. Bayer gab den König, Mad. Liebich die Königin, und Hr. Polawsky den liebekranken Prinzen mit Auszeichnung; auch Mad. Sonntag (welche wir schon am 2. als Maria Stuart und am 6. als Fürstin in Elise v. Valberg als eine denkende Schauspielerin kennen gelernt hatten) stellte die gemüthliche und liebevolle Rosemunde vortrefflich dar. Mad. Sonntag erschien nachher noch am 13. als Sophie in der Aussteuer und am 21. als Elise im Räthsel von Contessa und Pauline im getheilten Herz, und erfreute sich in allen diesen Rollen des Beyfalls des Publikums.

20. April. (Zum Besten des Hrn. Grünbaum.) Elisene, Prinzessin von Bulgarien, romantische Oper in 3 Aufzügen nach dem Franz. mit Musik vom Kapellmeister I. Rößler. Das Publikum muß es Herrn Grünbaum Dank wissen, daß er ihm den Genuß einer langentbehrten Lieblingsoper wieder gewährte, zumal da die Aufführung derselben noch durch die Erscheinung eines neuen musikalischen Talents verschönert wurde. Dem. Kainz betrat als Olfriede zum erstenmal die Bühne, und berechtigt uns durch ihre schöne und kräftige Stimme und den Muth, den sie schon dießmal bewieß, zu den schönsten Hoffnungen für die Zukunft. Hr. Grünbaum gab den Almarich sehr brav. Was dessen kunstreiche Gattin als Elisene leistet, ist längst bekannt und es würde zu unzähligen Wiederhohlungen führen, wenn wir jedesmahl ihr hohes Kunsttalent würdigen wollten.

28. April. (Zum Besten der Mad. Sonntag) zum erstenmale: Ubaldo. Schauspiel in 5 Aufzügen von Hrn. v. Kotzebue. Es ist in der That sonderbar, daß dieses Stück, welches doch unläugbar entschiedene Vorzüge vor den meisten ernsthaften Schauspielen des berühmten Verfassers hat, erst jetzt auf unsrer Bühne erschien; zugleich aber muß man gestehen, daß es zu keiner günstigern Zeit erscheinen konnte, da die Gesinnungen, welche es ausspricht, zum Theil ganz auf den gegenwärtigen bedeutungsreichen Moment der Zeitgeschichte passen. Die vereinten Bemühungen der Mad. Liebich (Camilla) Mad. Sonntag (Alwina) des Herrn Polawsky (Herzog) und Herrn Sewald (Ubaldo) verschafften diesem Schauspiel eine so günstige Aufnahme, daß es schon am 4ten Tage wiederhohlt werden mußte.

30. April. Aschenbrödel Oper in 3 Aufzügen von Isouard. Hr. Rosenfeld gab den Ramiro als erste Gastrolle und entfaltete eine so wohlklingende Stimme, einen so geschmackvollen Vortrag, daß ihm ungetheilter Beifall zu Theil ward. Auch die mimische Darstellung seiner Rolle war befriedigend und er hatte den Sinn des Dichters ganz aufgefaßt.

2. May. Johann von Paris komische Oper in 2 Aufzügen von Boieldieu, Hr. Rosenfeld gab den Johann als 2te Gastrolle und das Urtheil, welches wir das erstenmal über ihn aussprachen, bewährte sich auch dießmal; nur schien er etwas zu sehr mit der Stimme hauszuhalten, was bei der Größe und Bauart unsers Theaters oft dem Effekt nachtheilig wird. Unserer schätzbaren Mad. Grünbaum muß man zugestehen, daß sie in diesen beyden Opern alle Wunder ihrer […] entfaltete, um den Kunstgast aufs würdigste zu unterstützen.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Charlene Jakob

Überlieferung

  • Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 2, Nr. 134/135 (14./15. Mai 1815), S. 545

Textkonstitution

  • „erstenmal“sic!
  • unleserliche Stelle

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.