Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: „Faust“ von L. Spohr, am 1. September 1816 (Teil 2/2)

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Theater.

Faust, romantische Oper, von J. C. Bernard.
(Beschluß.)

Wenn man diesen Gang der Dichtung betrachtet, so wird es wohl klar, daß der Dichter dem Tonsetzer die Sache nicht allzuleicht gemacht habe; rechnet man noch hinzu, daß die Hauptidee des Faust in Don Juan schon so sehr erschöpft worden ist, daß es fast unmöglich wurde, zugleich neu und wahr zu seyn, so wird man gern erkennen, daß Herr Spohr alles geleistet hat, was man mit Recht erwarten konnte. Die Besetzung war, wenn nicht in allen, doch in den Hauptparthien ziemlich glücklich. Herr Kainz gab den Faust viel besser als Don Juan, und intonirte meist richtiger als gewöhnlich. Vortrefflich sangen Mad. Grünbaum (Kunegunde) und Herr Stöger (Hugo); darzustellen haben beyde wenig und sehr alltägliche Dinge. Herr Gned bewies tiefes Studium in seiner Teufelsrolle, und wandte alles an, die Stiefmütterlichkeit wieder gut zu machen, womit der Dichter seinen Satan behandelt hatte. Die Theilnahme und Anerkennung der wenigen, welche fühlen, woher die Lücken entstanden, die gleichwohl hier und da blieben, mögen ihn für die Gleichgültigkeit derjenigen entschädigen, welche zu glauben schienen, die Oper werde aus dem Stegreife gespielt, und die Unthätigkeit der poetischen Person gern dem darstellenden ¦ Künstler zur Last gelegt hätten. In der Arie hätten wir mehr ergreifende Kraft gewünscht. Dlle. Brand stellte Röschen mit Wahrheit und Gefühl vor; doch ließ sie im Gesange manches zu wünschen übrig. Herr Grünbaum, der mit lobenswerther Thätigkeit alles für das Ganze thut, hatte die bescheidene Rolle des Franz übernommen und befriedigte. Herr Zeltner gab den Raubritter Gulf, und es scheint uns doch, als hätte es der Wiener Ref., welcher ihm alle eigentliche Stimme absprach, und behauptete, er spreche seine Arien nur, doch gar zu genau genommen. Hier, wie in seinen beyden ersten Rollen, hörten wir zwar keine runde, volltönende, doch eine starke Baßstimme und eine ziemlich reine Intonation, und da Herr Zeltner noch jung ist, so läßt sich von der Zukunft noch vieles für seine Ausbildung hoffen, zumahl wenn er sich weder durch eine derley strenge Kritik abschrecken, noch weniger aber den abgeschmackten Schmeicheleyen ein williges Ohr leiht, welche eine Grätzer Recension ihm darbeut. Was den Dialog betrifft, so hat er leider in der That die Unart, jede Sylbe zu betonen und die eigentlich betonten zu verdoppeln, und manche Doppellaute ganz willkührlich zu verlängern. Das Orchester zeigte sich seines alten Ruhmes vollkommen würdig, und alle Theile des Publicums waren waren vollkommen befriedigt; der größere durch die langentbehrte Erscheinung Doctor Fausts auf der Bühne, und der kleinere durch diese herrliche Frucht von Spohrs Genialität.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 8, Nr. 133 (5. November 1816), S. 548

Textkonstitution

  • „waren“sic!

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