Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: Preciosa von Carl Maria von Weber am 19. August 1824 (Teil 1 von 2) sowie die Chronik vom 13. bis 18. August 1824
[…] Am 19. August. Ebendas. Preciosa. Mad. Devrient – Preciosa. Selten wird einem Publikum, wie dem unsrigen, der Genuß zu Theil werden, drei seiner einheimischen Künstlerinnen um den Kranz der Preciosa kämpfen zu sehen, und noch seltener wird sich eine so reizende Trias finden, als sie auf unserer Bühne durch Frau von der Klogen, Dlle. Rosalie Wagner und Mad. Devrient gebildet wird. Mit Anmuth, Grazie und Schönheit von der Natur herrlich ausgestattet und von der innigsten Liebe zur Kunst beseelt, bestrebten sich diese drei jungen Künstlerinnen sämmlich, uns in ihrer Preciosa ein Glanzbild aufzustellen, worin sich die reichen Gaben ihrer Natur und ihre Talente vereinigten. So verdienstlichen Anstrengungen konnte ein glänzender Erfolg nicht entstehen‡ und eine jede dieser einzelnen Leistungen ist von unserm feinsinnigen Publikum mit lohnenden Beifalle aufgenommen worden. Allein durchaus verschieden unter sich trugen sämmtliche Darstellungen ein eingenthümliches, höchst charakteristisches Gepräge. Frau von der Klogen hob, nach der ihr eigenen Tiefe des Gefühls, die sentimentale Seite der Preciosa hervor, und zwar um so erfolgreicher, als die Anmuth und Zartheit ihrer Gestalt, die Seele, welche ihren Vortrag, wie ihr Mienenspiel durchdringt, und ein überaus wohlklingendes, zum Herzen sprechendes Organ, diese Darstellungsweise trefflich unterstützten. Nicht minder reizend in der äußeren Erscheinung, als ihre Vorgängerin, lieh Dlle. Rosalie Wagner ihrer Preciosa ein noch frischeres Colorit, indem sie die in dieser Rolle unbezweifelt liegende Schalkhaftigkeit und Munterkeit sehr lebendig und glücklich zur Anschauung brachte, wovon hauptsächlich ihre Erkundigung nach Don Alonso (nach beendigter Improvisation), die Prophezeiung vor den beiden Alten und ihre Unterredung mit Alonso im Walde den sprechendsten Beweis lieferte. Anders hatte nun auch Mad. Devrient, unsere heutige Preciosa, ihre Rolle aufgefaßt. Sie stellte, mit dem ganzen Zauber ihrer erhabenen Gestalt, mit der Würde und dem Adel ihrer äußeren Haltung, die durch die Macht ihrer Schönheit, dem rohen Zigeunerhaufen imponirende und ihn so sich gleichsam unterwerfende Herrscherin dar. Ihr gelang es, die Lobrede des Don Alonzo gleich zu Anfang des Stücks:
Wo Natur in kühnem SchwungeSich gewagt zu solcher Höhe ec.
auf das Ueberraschendste zu versinnlichen.
(Die Fortsetzung folgt.)
Apparat
Zusammenfassung
„Chronik des königl. sächs. Hoftheaters in Dresden“, (jetzt von einem Freunde Hells):
13. Aug., Bad: Der gutherzige Alte, Lustspiel & Die Mißverständnisse
14. Aug., Stadt: La Donna Collonello
15. und 17. Aug., Bad: Die Zauberflöte
18. Aug., Stadt: La Cenerentola (Rossini)
(erstmals Sigr. Bonfigli und 2. Debüt der Klara Wagner)
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Amiryan-Stein, Aida
Überlieferung
-
Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 222 (15. September 1824), S. 888