Webers Adagio und Rondo – aber welches?

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Mehrfach haben uns in letzter Zeit Anfragen zu Carl Maria von Webers Adagio und Rondo erreicht; kein Wunder, kursieren doch drei Werke des Komponisten unter dieser Bezeichnung, die immer wieder miteinander verwechselt und selbst in seriösen Katalogen als scheinbar identisch behandelt werden. Grund für die Verwirrung ist wohl – völlig schuldlos – Friedrich Wilhelm Jähns, der in seinem Werkverzeichnis nur eine Komposition unter diesem Titel führt: das Adagio und Rondo für Harmonichord und Orchester, das Weber 1811 in München für den Instrumentenbauer Johann Friedrich Kaufmann schuf (bei Jähns als Nr. 115). Im Tagebuch des Komponisten liest man am 31. Mai 1811: „Adagio und Rondo für das Harmonichord von Kaufmann Componirt.“ Am 12. Juni 1811 heißt es: „früh das Adagio und Rondo für Harmonichord vollendet.“ An anderer Stelle, besonders im Verleger-Briefwechsel, bezeichnete Weber dasselbe Stück auch als Concertino, für das er auch eine alternative Ausführung durch Harmonika oder Terpodion als sinnvoll erachtete. Die Erstausgabe bei Peters in Leipzig von 1861 schlug das Harmonium als Soloinstrument vor.

Ein zweites zweisätziges Originalwerk mit identischen Satzbezeichnungen vom Juni/Juli 1808 wurde erst nach Erscheinen des Jähns-Werkverzeichnisses wieder aufgefunden; erstmals ist das Autograph 1899 beim Leipziger Antiquariat List & Francke nachweisbar. Jähns hatte die Komposition noch als verschollene „Harmonie in B“ (Anhang Nr. 31) aufgelistet – diese Benennung findet sich in Webers eigener Werkliste, die in der Schriftenausgabe von 1828 (Bd. 3, S. 160) abgedruckt ist. Wolfgang Sandner hat das heute in der Pariser Bibliothèque Nationale befindliche Autograph der Bläserharmonie für zwei Klarinetten, zwei Hörner und zwei Fagotte in seiner 1971 erschienenen Dissertation Die Klarinette bei Carl Maria von Weber vollständig wiedergegeben; kurz zuvor (1970) war eine erste Edition von Georgina Dobrée bei Musica Rara in London erschienen. Sandner war 1973 auch der Herausgeber des Werks bei Schott. In allen Ausgaben und Einspielungen ist das Adagio (in Es) an die erste Stelle gesetzt; im Autograph folgt es allerdings (in der Reihenfolge der Komposition) dem Rondo (Presto in B) als zweiter Satz.

Ein weiteres Adagio und Rondo von Weber ist kein Originalwerk, sondern eine Bearbeitung von Gregor Piatigorsky: Der Cellist hatte aus zwei Sätzen der Weberschen Sonates progressives ein wirkungsvolles Vortragsstück für sich eingerichtet; dafür entnahm er den 2. Satz Adagio aus der Sonate Nr. 2 und den 2. Satz Rondo aus der Sonate Nr. 3 und adaptierte beide für sein Instrument. Spätestens seit Piatigorskys Einspielung 1935 haben viele Cellisten dieses Arrangement in ihr Repertoire aufgenommen; von den drei hier angesprochenen Adagio und Rondo-Paaren dürfte es das beliebteste und am häufigsten aufgeführte sein. Es existiert sogar eine Ausgabe für Kontrabass, eingerichtet von Stuart Sankey!

Frank Ziegler, Dienstag, 9. Dezember 2014

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