Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London mit Nachschrift von Gottlob Roth
Hosterwitz, Dienstag, 23. Mai 1826
Settings
Show markers in text
Context
Absolute Chronology
Preceding
- 1826-05-20: to Weber
- 1826-05-19: from Weber
Following
- 1826-05-25: to Weber
- 1826-05-23: from Weber
Direct Context
Preceding
- 1826-05-20: to Weber
- 1826-05-19: from Weber
Following
- 1826-05-25: to Weber
- 1826-05-23: from Weber
Mein geliebter guter Carl! habe eben zu meiner großen Freude Deinen lieben Brief No 26 erhalten. Ja wohl hast Du Recht daß man‡ die Zeilen von geliebter Hand immer wieder liest, und noch mehr heraus zu studieren denkt, aber wie ein Heishungriger wird mann nie satt. Das Erste ist imer, daß ich die Nachrichten über Deine Gesundheit heraus suche, aber diesmal sind sie gar nicht erfreulich. Du arme arme Männe! bist Du denn noch nicht geplagt genug, muß auch das alte Uibel wieder erwachen? und kaum wirst Du hier sein, so must Du auf’s neue Schmerzen leiden — Du glaubst nicht mein Leben wie Du mich dauerst: Du armer Kreuzträger!! Ach wäre nur das Wetter beßer, ich hoffe, dann wird es Dir auch wieder leichter werden. Den 9ten als Du mit Fürstnau spazieren gingst, hatten wir hier auch schön Wetter, aber nun ist’s immer neblig und kalt. wir sitzen wie die Unken in geheitzter S‡tube, und nur gegen Abend wo es gewöhnlich etwas beßer wird machen wir einen Spaziergang. Aber trotz all dieser üblen Witterung habe ich in den 16 Tagen die ich heraus bin, schon 5 mal Gäste gehabt. Rothes können nicht ohne einander leben, und ich glaube mein Hausgenoße bekäme das Heimweh wenn er die Seinen nicht alle Wochen 2 mal sehe. Den ersten Juni ziehn alle heraus — — — . Du kanst denken mein Alter daß es mit meinen ersparungsPlan nicht weit her ist. ich habe jetzt alle Tag 8 Mäuler zu stopfen, und die kleine Zahlhas ißt für zwey. Du kanst glauben mir ist ortendlich bang wenn Du kömst und die Kaße leer findest, aber wenn Du meine Rechnung durchsiehst wirst Du finden daß die Extra Ausgaben die Hauptsache sind. Die Kaße aber kann ich nicht anpfeifen denn ich habe ja keine. Das Geld ist ja ausgeliehen. Der arme Fürstenau! Der dauert mich sehr! Du Lieber Gott, daß ist eine recht vereitelte Hoffnung.
Also schon zum 24t Mal der Oberon? wie werden sich wohl unsere Sänger anstellen wenn sie das thun sollten? nun der Kemble muß einen guten Schnitt machen! Du Schelm! hast mir auf‡ Böttigers Bedenklichkeiten nichts geantwortet, daß heißt so viel, als: ich bin barbiert, will es aber nicht eingestehen. |
Also von Deinen Geldgeschäften soll ich nichts erfahren? weist Du was? laß es bleiben! Mitte Juni denkst Du abzureisen? ey, daß ist schön! Das dume Paris, wenn das nicht wäre — na man muß Geduld haben. — Der Herr Schlesinger bombardirt mich immer noch mit unzufriedenen Briefen. Die Privilegien sind ihm alle nicht recht, sie sollen durchaus so sein, wie daß vom Herrn Spontini. Du lieber Gott! Da hätte er gar keins gebraucht. nun soll ich nach M‡ünchen eine Vorschrift von ihm schiken, die ortendlich impertinent ist. Er befielt den Leuten in einen Tone, daß er es gewiß ganz verschüttete. Ich fürchte nur der Herr wird sich künftig weigern die Unkosten zu bezahlen weil ihm die Privilegien gar nicht nach seinen Kopf sind. In dem waß ich nach München schreiben soll, heißt es auch: Alle übrigen Arangements werden vom Herrn von Weber bis Ende d. J. herausgegeben. — von Dir? Daß ist ja eine Lüge, und könnte Dir wohl dann Vertruß zuziehn? ich werde daher den ganzen Wisch nicht schreiben und die Sache ihren Gang gehen laßen. Aber dem Herrn Schlesinger werde ich ein wenig den Kopf waschen über seine Gungelein. Engelhard schikte mir gestern die Leipziger Zeitung wo die Anonce von Dir drin steht. Ich weiß nicht das kömt mir vor, als wäre das gar nicht Dein Stiel. ich schreibe es Dir hier ab: Bekantmachung um Nachdruk vorzubeugen und den, welcher sich damit befaßen sollte als Betrüger an den Pranger zu stellen, mache ich unterzeichneter hiemit öffendlich bekannt. daß: 1t der Klavierauszug, alle übrigen Arangements, die Parti‡ Ouvertüre a gr. Orchester, der von mir komponierten Oper, Oberon, das alleinige rechtmäsige Eigenthum des Buch- und Musikhändlers Herrn A. M Schlesinger in Berlin für alle Länder mit Ausnahme Grosbritaniens sind. London den 2 Aprill C. M. v. Weber — hats der Herr eigenmächtig in Deinen Nahmen gethan so must Du ihm den Kopf tüchtig waschen. Er ist und bleibt doch ein ekliger Jude! Unser Johan hat seit gestern Kreuzschmerzen und geht ganz krum, die gemeinen Leute haben sich gleich so, wenn ihnen was fehlt. Unsere HottelT sind aber munter wie die Teufel, und dik wie die Kasten. Gestern Abend | haben wir über den Alex Tränen gelacht. Du glaubst nicht wie höchst posierlich der sein kann. Die Marie brachte ihm‡ zum gute nachtsagen, im Hemde, da lief er nun in der Stube herum und machte einen besoffenen Mann, Rothe konnte nicht mehr lachen, so komisch war der kleine Kerl. Er hat auch wieder ein Augenzähnchen bekomen, ohne alle Leiden. Er schläft von Abends 8 Uhr bis morgens 6 ohne zu erwachen. aber dann ruft er: Happen Happen, und dann schmekt ihm das Früstük!! na!! 4 Zwiebak werden schnaberiert. Maxel wird hier auch dik und fett, und hat eine prächtige Farbe, der Junge wird einmal recht hüsch. Auch Rothe sieht gut aus, und ist auch ziemlich heiter, doch leidet er imer an seinen Kreuz. Ich habe jetzt einen schreklichen Appetit, und ich hoffe nur das soll sich verlieren ehe Du kömst, sonst jagst Du mich fort — . Aussehen soll ich auch vortrefflich — doch, ich will heute wieder ein Attestat schreiben laßen — ja das böse Gewißen ist eine schlime Sache. Auf jeden Fall ist’s beßer du reisest nicht wieder weg da kann solche Betrügerey nicht vorfallen. Neues ist in Dresden nichts pasiert, wenigstens habe ich nichts erfahren. Morgen habe ich Rothens zu Gaste, und Donnerstag Kellers. Da wollen wir Deine Gesundheit drinken. nun bey der Gelegenheit erlaube ich mir ein bißel Wein, weil er mich sehr erhitzt, und ich will meinen Kindern eine alte Mutter sparen. Eben fängt die Sonne ein bißel an zu k‡uken, da soll denn gleich eine Promenade gemacht werden. Den Freitag den 26t will ich recht an Dich denken und Dir den Daum halten — Deinen Daum aber nicht, damit Du brav Geld zählen kanst. bin begirig wie’s ausfällt. Das werde ich doch erfahren aus den Zeitungen Etsch! Etsch!
Nun leb wohl mein guter guter Alter. gebe dir von Herzen gute + + +, und küße Dich 10000mal. behalte uns lieb. und verbiete mir bald das Schreiben nach Londen. ewig Deine Treue Lina.
[Nachschrift Gottlob Roth:]
Mit dem größten Vergnügen habe ich die Ehre Hochdenenselben die Versicherung zu geben: daß von der Hochverehrten Gebieterin bis auf das Kindermädchen sich Alle einer vollkommnen Gesundheit zu erfreuen das Glück haben; bis auf Johann, der einige Kreuzschmerzen hat, die aber nichts Bedeutendes befürchten lassen. Mögte doch der Himmel Sie so wohl erhalten als wir es hier sind, und mir die Freude gönnen Sie recht wohl und heiter in Hosterwitz zu sehen!
Meine freundlichsten Begrüßungen an den guten Fürstenau.
Mit aller Liebe und einer unbegrenzten Verehrung verharre ich wie immer
Ew: Hochwohlgeboren
treu ergebener Roth. jun
Editorial
Authors
Summary
Persönliches; schreibt ihm die Annonce mit der Nachdruckwarnung aus der Leipziger Zeitung ab, datiert London 2. April 1826 mit Webers Unterschrift; am Ende des Briefes Testat von G. Roth über das Wohlergehen von Webers Familie
Incipit
“habe eben zu meiner großen Freude Deinen lieben Brief”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 28Physical Description
- 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
- PSt.: a) DRESDEN | 23. Mai 26 b) F P O | JU - 1 | 1826
- Siegelspur