Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Montag, 25. Dezember 1837

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Habt Ihr nicht, meine lieben Kinder, in diesen letzten Monat recht oft Ey, Ey, Ey, gesagt, über das Schweigen der bösen, undankbaren Mutter? Und Ihr hattet auch volles Recht dazu, denn was nützt denn ein Herz voll der dankbarsten Gefühle, wenn man gar nichts davon merken lässt. Ihr wisst aber schon meine lieben Kinder dass die Mutter schwer zum Schreiben zu bringen ist, und mit ihren Briefen gern ein bischen Oeconomie treibt; da hatte sie sich nun aber vorgenommen den lieben Berlinern ein frohes Weihnachtsfest, und ein glückliches Neujahr zu wünschen, und dachte ihren Dank für das liebe freundliche Geburtstag Geschenk damit zu vereinen. Kömt nun aber auch dieser Dank desshalb ein wenig spät, so kömt er doch innig und warm aus einen Euch treu liebenden Herzen. Das hübsche Mützchen meiner guten Ida hat mir schon herrliche Dienste geleistet, und jedesmal, wenn mir so recht behaglich warm darin wurde, habe ich Ihr in Gedanken einen herzlichen Kuss dafür gegeben. Das Thürschloss aber, mein guter Jähns ist so schön dass ich es, vor der Hand, nur an die Thüren der Luftschlösser anschlagen kann, die ich täglich baue, denn an die kleine einfache Vorhausthüre meines jetzigen Logies, würde es sich sonderbar ausnehmen. Ich habe mir schon überlegt, ob ich es nicht als Gürtelschloss tragen könnte –. Da Du aber meine gute Ida, Dich so freundlich meines armen schwachen Kopfes erbarmtest, so erlaube mir dagegen, ein wenig für Dein Füsschen zu sorgen, und Dir zugleich das nöthigste Möbel* einer jungen Hausfrau zu senden. Freylich wohl hätte dies ein paar Jahre früher geschehen sollen, aber zu einer guten Einrichtung ist es immer noch Zeit, und ich habe getreulich bey jeden Perlchen, gute Wünsche und Rathschläge mit eingestickt. Wenn der Wilhelm einmal nicht thut wie er soll, so darfst Du die kleinen Dinger nur fragen, und sie werden schon die Mäulerchen aufthun. Wie es sich gehört, ist das Oberzeug der Pantöffelchen weich, und zart, die Sohle aber stark, und dauerhaft, zum Gebrauch. Damit Du aber auch gleich Dein Pantoffelregiment antreten kannst, sende ich Dir noch einen so genannten Haushaltungs Beutel, von ziemlichen Umfang, den lass Dir nur fleissig von dem Manne füllen, und wenn er darüber brummt, – nun, Du verstehst mich wohl?

Nun zu Ihnen lieber Jähns!

Ihr Männer seit doch recht fatale Leute, weil es gar so wenig giebt womit man Euch putzen kann!

Da habe ich nun hin und her gesonnen was ich Ihnen arbeiten könnte, aber nichts gefunden was nicht schon 1000mal dagewesen, oder doch bey dieser Weihnachtsgelegenheit, in Massen von Frau, und Schülerin, und Geliebten, gestickt, gehäkelt, gestrickt, geklöppelt pp. wird — Ja dass ich ein Narr wäre, und mit all diesen liebenswürdigen Arbeiterinnen in die Schranken träte!, da würde doch die alte Mutter recht in den Hintergrund geschoben, besser sie begiebt sich lieber gleich selbst in den Schatten; Nehmlich, in den Schatten unseres lieben Hosterwitzer Häuschens, dass ja auch Euch lieb und werth ist. Da werdet ihr, wenn Jähns des Morgens aus der Tasse sein Kaffee trinkt, zuweilen auch der Frau gedenken, die in diesen Hause so glücklich war — — — aber die Erinnerung an meinen Kummer, an die bittren Thränen die ich darin geweint*, bleibe Euch fern —.

Nun mein guter lieber kleiner Max, erlaube mir die Erste zu sein die einen Brief an Dich schreibt, und Dir herzinnig Glück zum ersten Zähnchen wünscht. Fahre so fort mein liebes kleines Pathchen, und werde von Tag zu Tag mehr bissig; lass die übrigen 31, dem Ersten schnell und glücklich folgen, und iss und trink nach Herzenslust. Ich übersende Dir zu diesen Geschäft hier ein kleines Handwerkszeug, was Du, so Gott will! bald tüchtig benützen wirst. Deine Grosmütterliche Pathe umarmt und küsst Dich 1000mal, und giebt Dir von Herzen ihren besten Segen + + +.

Grüsst mir auch die ganze Familie recht schön, und bringt Allen die herzlichsten Glückwünsche von mir. Einen extra Gruss Aber schicke ich den Herrn Dr. Klöten, der bey seiner Durchreise die alte Weber so freundlich besuchte*, der einer der wenigen jungen Leute ist, dessen Benehmen mir gar wohl gefällt.

Meinen lieben Sohn Jähns bitte ich, meinen Dank für Herr Schlesinger zu übernehmen, der mir, auf eine recht sonderbare Weise das Album* überschickte. Da er es nicht für nöthig fant mir ein Wort dazu zu schreiben so ist von meiner Seite ein schriftlicher Dank wohl überflüssig.

Meyerbeer wird im Februar hieher kommen um seine Hugenotten hier aufzuführen*. Ich hoffe da wird auch manches für die Pintos geschehen können. Es ist eigen, dass ich noch immer kein rechtes Vertrauen zu der ganzen Sache habe —. Nun wir werden ja sehen! wenigstens hat er nun keinen Vorwant mehr die Arbeit zu verschieben. Doch nun muss ich auch aufhören mit Euch, Ihr Lieben zu plaudern, denn viele Weihnachtsarbeiten sind noch zu beenden, viele Gänge zu gehen, viele Striezel zu backen pp.

So lebt den wohl meine Kinder! beschliesst das Alte, und beginnt das Neuejahr glücklich, und gesund. Behaltet uns lieb, und gedenkt so herzlich unserer wie wir stets Eurer gedenken. Es umarmt Euch mit inniger Liebe EureKaroline v. Weber.

Editorial

Summary

private Mitteilungen, Dank für Geburtstagsgeschenk und Ankündigung von Weihnachtsgeschenken für das Ehepaar Jähns; bittet ihn, Schlesinger zu danken für das übersandte “Album”; berichtet, dass Meyerbeer im Februar nach Dresden kommen wird, um seine Hugenotten aufzuführen, erhofft Förderung der Pinto‑Angelegenheit, hat aber kein rechtes Vertrauen zu der ganzen Sache

Incipit

Habt Ihr nicht, meine lieben Kinder

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler, Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 30

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 30 des Konvoluts)
    • 4 S.
    • am Kopf die Notiz: “Empfangen. 25. Dez. 37.”

    Corresponding sources

    • Weberiana 27 (2017), S. 66 (Auszug)

    Commentary

    • “… Dir zugleich das nöthigste Möbel”Ein Paar Pantoffeln.
    • “… Thränen die ich darin geweint”Im Hosterwitzer Sommerdomizil erreichte Caroline von Weber die Nachricht vom Tod ihres Mannes in London.
    • “… alte Weber so freundlich besuchte”Vgl. den Brief vom 3. Oktober 1837.
    • “… recht sonderbare Weise das Album”Möglicherweise das im Dezember 1836 bei Schlesinger in Berlin erschienene Album. Neue Original-Compositionen für Gesang und Piano (Bd. 1), in dem sich u. a. der Erstdruck von Jähns’ Lied Am Strande op. 27/1 befand.
    • “… um seine Hugenotten hier aufzuführen”Meyerbeer hielt sich vom 5. bis 15. März 1838 in Dresden auf, um dort die Einstudierung seiner Hugenotten (Erstaufführung 23. März) zu überwachen; vgl. Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Bd. 3, S. 96f. In dieser Zeit sind Treffen mit Winkler, nicht aber mit Caroline von Weber dokumentiert.

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