Helmina von Chézy to Adolph Martin Schlesinger in Berlin
Dresden, Friday, March 1, 1822

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Ewr Wohlgeboren rechtliche und würdige Handlungsweise gegen meine Freunde Kind u Loeben, u. A. so wie die von der ganzen Lesewelt geschätzte Firma bestimmt mich, bey der Ausführung Eines Lieblingswunsches mich zuerst an Sie zu wenden.

Die Oper welche ich für H. v. Weber geschrieben wünsche ich, sobald dieser Freund nichts dagegen haben wird, daß sie gedrukt würde, Ihnen zu geben. Sie ist für Wiens Hoftheater u ich habe Ursach zu glauben, daß sie nicht weniger willkommen, als der Freyschütz seyn werde, da ich sie zu der besten Zufriedenheit des Compositeurs, u zu der unsers hiesigen Freunde[s]kreises gearbeitet, u Weber sie mit einer gränzenlosen | Liebe dazu komponirt.

1) Wären Sie geneigt diese Oper zu nehmen? d. h. eine geraume Zeit nach der 1. Vorstellung, u unter welchen Bedingungen?T Es ist eine ernste, ganz durchkomponirte Oper, mit heiterm Ausgang.

Meine andre Frage betrifft einen mir nicht minder wichtigen Gegenstand. Alle Materialien zu einem Werke das mein Leben umfaßt, habe ich gesammelt liegen, u geordnet, d. h. viel minder, was mich persönlich angeht, als alles Interessante von Menschen u Zeitgestaltung, besonders was ich in Paris gekannt, u wovon das Wenigste in das Publikum gekommen, da man jetzt nach Napoleons Tode ganz andere Aufschlüsse geben darf, also mein Leben, besonders in Beziehung auf Frankreich | u auf die Jahre 1813–1814 Das ganze Werk bedarf nur der letzten Hand die daran gelegt wird. Es werden zwey Bände. Ich wünschte sie zur Ostermesse 1823 in Druck zu geben. Ich beabsichtige dabey eine unterhaltende, belehrende, anziehende Lektüre, ohne allen Schwulst, klar u gedrängt die Gegenstände, von möglich umfassendem Interesse für das Gesammtpublikum.

2) Würde unter billigen Bedingungen ein solches Werk Ihnen willkommen seyn, u wollen Sie mir diese selbst vorschlagen?

Im Conv: Lexikon* u in Schindls gel: Frauen Deutschl.* soll eine Notiz über mein Leben herauskommen, jedoch ist diese ganz gedrängt, u für | die Zeitgenossen* habe ich die mir von Brockhaus vorgeschlagene Beschreibung nicht machen wollen, weil es mir lieber ist, ein eignes Werk diesem Gegenstand zu widmen. Ich kann also Neues, u ich darf hoffen, Willkommenes verheißen.

Auch kann ich für das Titelbl. eine schöne Zeichnung meines Jugendbildes dem Kupferstecher unentgeldl. erlauben, ich schlage dies vor, weil mein Bild aus jetziger Zeit in Wien erscheint u von jenem ganz verschieden ist.

Unter dem Ersuchen einer gelegentlichen baldigen bestimmten Antwort habe ich die Ehre mich zu nennen
Ewr Wohlgeboren Achtungsvoll ergebene Helmina von Chezy
geb. v. Klencke.

Editorial

Summary

sie bietet ihm den Text zu Euryanthe an, den er nach der 1. Wiener Vorstellung drucken solle, wenn Weber einverstanden sei; außerdem bietet sie ihm ihre Lebenserinnerungen zum Druck

Incipit

Euer Wohlgeboren rechtliche und würdige Handlungsweise

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. V (Mappe XIX), Abt. 5B, Nr. 65d

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

  • “der”added above
  • “daß sie gedrukt”added above
  • “Es ist eine … mit heiterm Ausgang.”added below
  • “habe ich gesammelt liegen, u geordnet,”added below

Commentary

  • “… Im Conv: Lexikon”In Neue Folge des Conversations-Lexikons (= 1. Teil von Bd. 11 des Lexikons), Bd. 1 (A-Cz), Leipzig: Brockhaus 1822, S. 635f. findet sich ein biographischer Eintrag zu Helmina von Chézy mit folgendem Schluss: „Als Dichterin verdient sie einen hohen Rang und im Liede gebührt ihr unter den jetzt lebenden Dichterinnen vielleicht der erste Rang. Einen höheren poetischen Schwung nahm sie in dem Rittergedicht: Die drei weißen Rosen, das in der Urania 1821 erschien und jetzt besonders gedruckt wird. In neuester Zeit hat sie eine Oper: Euryanthe, gedichtet, die Maria von Weber componirt hat und nächstens auf die Bühne bringen wird.“
  • “… in Schindls gel: Frauen Deutschl.”Vgl. biographischen Beitrag in: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, hg. von Carl Wilhelm Otto August von Schindel, 1. Teil (A-L), Leipzig 1823, S. 89–99 inkl. eines Verzeichnisses ihrer bis dahin publizierten Schriften MDZ .
  • “… gedrängt, u für die Zeitgenossen”Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken, erstmals 1816, ab 1818 von Brockhaus herausgegeben und nach dessen Tod bis 1841 fortgesetzt.

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