Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Berlin, Donnerstag, 9. Januar und Samstag, 11. Januar 1817 (Nr. 17)
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An
Mademoiselle
Wohlgebohren
Mitglied des Ständischen Theaters
zu
Prag.
Abzugeben beym Juden-
TandelMarkt, im Hause
des K K. H. PostOffizianten
Mein geliebter Herzens Muks!
In aller Geschwindigkeit muß ich dir meine Freud, mein Leid, meine Wuth, meine Gluth, meine Ärgerlichkeit meine Fröhlichkeit, nebst einer Million Bußen darbringen. So gehts wenn der Mensch denkt er soll gar keine Freud haben so hat ers oft am besten, in denen 8 Tagen wo ich gar keine Briefe hoffen konnte, habe ich eben‡ dadurch mehr als sonst erhalten. Gestern deinen lieben Brief No: 17 /: von Außen :/ vom 1t bis 4t Januar. Lieber Muks das ist ganz unbegreifflich mit meinem Brief No: 13, er ist mit dem Kleinwächterschen zugleich auf die Post gekomen, und es muß in Prag an denen Postkerls liegen. Auf jeder Seite d‡eines Briefes hoffte ich zu lesen, jezt ist er da, und immer nitz. es wäre mir höchst fatal wenn er verlohren wäre, es ist der in dem ich dir die Nachricht meiner Anstellung gab, und von dem ich mir so viel Spaß versprach, und der so ganz meine Freude enthielt. Nun, ich hoffe er wird mit No: 14 zugleich kommen, und ich die Antwort darauf in Dresden finden. Daß du aber nicht grämlicher und ängstlicher bist, verdient ein großes Belobungsdekret, und freut mich sehr, denn dergleichen Zufälle sind so häufig in einem steten Briefwechsel, und man muß immer darauf gefaßt sein. d: 7t war ich in einem Guittarre Concert* und dann Abends mit Hoffmann. Gestern früh gearbeitet, und dann Visiten, Abends war ein [A]‡bschiedsschmauß bei uns*, wo beinah alle Bekannte waren, bis auf Krauses [K]‡ielemann und Hoffmann, alle 3 krank. wir waren übrigens recht lustig, und ich sang einige Volklieder* die ich comp: habe, namentlich gefiel eines sehr das ich für dich erst gestern Morgen comp: hatte, und hier beilege*. Es ist so einfach und herzlich wie meine Liebe. Sing es fleißig, und glaube dabey fest, daß du immer deinen Muks bey allem Arbeiten, Treiben und Thun umschwebst. Es ist manchmal ganz rührend sonderbar wie wir zusammen treffen, z: B: haben wir beide in den ersten Stunden des neuen Jahres an einander geschrieben, gedacht, das versteht sich von selbst. Nun adjeu Muks ich muß mich anziehen, und darf nicht pabsen so gerne ich wollte. Heute kommen die StaatsVisiten im Fuß, o weh, und ’s ist kalt*. Millionen Bußen dir mein geliebtes Leben, sei und bleibe heiter und froh und laß die Menschen sich die Köpfe zerbrechen wie sie wollen, sie werden schon gutten seiner Zeit. gelte? – –
Mein theuerster vielgeliebtester Muks, sei ja nicht böse, aber ich muß dir schon heute blos ein so kurzes Brieflein zusenden weil ich nicht weis wo mir der Kopf steht, und noch die ganze Nacht werde zum Einpakken pp verwenden müßen. von Dresden aus sollst du einen desto längeren bekommen. meine Geschäfte haben sich noch so gehäuft, daß ich den heutigen Tag zugeben muste, wo mich beinah alle schon abgereist glauben. Morgen geht es aber mit dem frühsten fort, meiner geliebten Lina näher. Beykommendes Liedlein singe nur recht fleißig, es ist so einfach und rein aus dem Herzen wie die Liebe deines treuen Carls, und ganz wahr, bis auf die 3 Jahr, die wollen wir uns verbeten haben, nicht wahr?* Muks! Ich küße dich Millionenmal, Gott segne und erhalte dich, jezt wirst du hoffentlich das dumme Nro. 13 erhalten haben, und ich vielleicht schon Antwort darauf in Dresden finden. Es ist mir als nähme ich nochmals Abschied von dir, aber mit viel leichterem Herzen, denn es vergeht so ganz still ein Monat nach dem andern, und und – – Pumps ist der 8b und 9ber da.
Alles Schöne an meine lieben Junghs, die Mutter pp. Ewig dein dich über alles liebender C[arl]‡
Editorial
Summary
beklagt den Verlust seines Briefes No. 13 an Caroline; Tagebuch 7.-8. Januar; Reisevorbereitungen
Incipit
“In aller Geschwindigkeit muß ich Dir meine Freud”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 72Physical Description
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- Siegelreste
- verwischte nachträgliche Notiz (Blei) am Ende des Briefes (von unbekannter Hand): “Sind wir geschieden pp”
Corresponding sources
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Muks, S. 316–318 (Nr. 58)
Thematic Commentaries
Text Constitution
-
“d”“I” overwritten with “d”
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“I”uncertain transcription
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“A”supplied by the editors
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“K”supplied by the editors
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“arl”supplied by the editors
Commentary
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“eben”further possible transcriptions aber.
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“… comp: hatte, und hier beilege”Der handschriftliche Zusatz von fremder Hand am Ende des Briefes „Sind wir geschieden pp“ bezieht sich wohl auf diesen Hinweis, ist aber falsch, denn dieses Lied komponierte Weber erst 1819, während am 8. Januar „Ich hab’ mir eins erwählet“ entstand. Die ursprüngliche Beilage fehlt heute.
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“… weh, und 's ist kalt”Vgl. TB vom 9. Januar 1817.