Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Freitag, 19. September 1817 (Nr. 92)

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An

Mademoiselle

Carolina Brandt.

Dermalen Mitglied des Ständischen

Theaters

zu

Prag.

Kohlmarkt 514.

2t Stok.

Mein vielgeliebtes Leben!

Meine Briefe werden immer kürzer so wie meine Geduld, hoffentlich brauchen wir bald beide nicht mehr und sie können reißen. Muks, Muks! wenn du mich in dem Troubel sehen solltest. Z. B: jezt schreibe ich in einer Staubwolke da neben mir gesägt und gehämert wird, und in den andern Zimmern wegen der Maurer gar nicht unterzukommen ist.

d: 16t hatte ich zum erstenmale meinen neuen Chor in der Probe. auch ein starkes Stük Arbeit*. Abends gearbeitet, und Conf: mit Graf Vizthum.

d: 17t um 10 Uhr Pr: dann vergeblich zum Minister, um 3 Uhr wieder, wo er sehr artig war, dann Probe von der Ahnfrau. zu Kind. d: 18t Probe. herumgelaufen wegen einem HofKleid, und wegen der Cantate Conferenz, es ist zum toll werden der eine ital: Dichter will es nicht machen, und der andere ist heute aufs Land*, und mir ist jeder Augenblik so kostbar. Gestern überraschten mich auch Pompes die dir viele Grüße bringen werden, und wo der Vater die Zerstörung bei mir gesehen hat.

Eine liebe Erquikung darein war dein freundlicher Brief No: 93. ich freue mich auf Zwiks Erzählungen von dir. heute werd ich ihn wohl sehen, denn er soll Gestern Abend angekommen sein*. Die Schloßhunde d: 25t sind verboten, also – brav!* sonst bleib ich noch 8 Tage nach der Prinzeßin ihrer Abreise hier.       Ach es ist mir entsezlich zu Muthe wenn ich so diese Ungewißheit in den Anstalten sehe, aber es ist nichts zu machen als geduldig sein und fleißig, sehr fleißig. [Ich] weis gar noch nicht wann und wie ich die Cantate schreiben soll. [W]egen dem Spielen in Prag da es dir die Liebich selbst angeboten [üb]erlaße ich es ganz deinem Ermeßen, hast du aber nach Wien gehen wollen, so sehe ich eigentlich nicht ein, warum du es nicht auch noch in Prag thun könntest, doch im Ernste lieber Muks ganz wie du es willst und Lust hast. Kannst dich auch recht ausruhen. ich glaube wohl daß die Grünb: in Pr: manches thut, was gewiß an einem andern Orte nicht geschähe. unter dem Volke wird manches verdorben. Wegen dem gelben Zeug gebe ich dir im nächsten Brief Bescheid zu Vorhängen nehme ich es auf keinen Fall den[n] Levantin ist doch wohlfeiler, aber noch 6 Stühle – – nun im nächsten Briefe dann kannst du ja Wilhelmi mitgeben*, oder später Geyer*.

Was ich gekauft habe? ja!!! warten! staunen! gutten!

Bei diesen paar Zeilen bin ich 4 mal unterbrochen worden, ist es nicht zum toll werden? und die Arbeitsleute wie laßen einen die sizzen, nun, – du meinst das bischen Ersparte würde alles drauf gehen? nun, viel wird nicht übrig bleiben, aber doch ein Nothpfennig, und natürlich ist dann auf dein Sparen gerechnet, jezt arbeite ich, und dann du, dann geht dein Regiment an, und du must sorgen daß wir nicht mit Kummer und Sorgen in dem schönen Neste sizzen.

Gott gebe seinen Segen. + + + erhalte dich Gesund und mache dich zu einer perfekten Hausfrau. Grüße mir alle bestens, zank nicht über die kurzen Briefe, schreibe mir desto längere, und behalte lieb deinen dich über alles liebenden
Carl.

Millionen Bußen.

Editorial

Summary

klagt über Unordnung durch Umbau in der neuen Wohnung; Probleme wegen Kantatentext u. -komposition; Besuche; zu Caroline Brandts Reiseplan u. Benefiz

Incipit

Meine Briefe werden immer kürzer so wie meine Geduld

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 122

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)

Thematic Commentaries

Text Constitution

  • “Ich”supplied by the editors
  • “W”supplied by the editors
  • “üb”supplied by the editors

Commentary

  • “… auch ein starkes Stük Arbeit”Gemeint ist der neue Dresdner Opernchor, dessen Chorleiter laut Tagebuch am 15. September eingeführt worden war.
  • “… andere ist heute aufs Land”Den Text zur Festa teatrale schrieb schließlich Cavaliere de Celani; er dürfte einer der hier genannten Dichter sein.
  • “… soll Gestern Abend angekommen sein”Zwick, angeblich aus Prag stammend, hatte am dortigen Ständetheater gastiert, wohin er laut Webers Tagebuch nach dem 19. August 1817 abgereist war. Zu seinen Gastauftritten am 26. und 28. August vgl. den Bericht im Sammler, Jg. 9, Nr. 108 (9. September 1817), S. 432.
  • “… , also – brav !”Der 25. September 1817 war ursprünglich als Abreisetag Webers von Dresden nach Prag zur Hochzeit vorgesehen; vgl. den Brief an die Braut vom 8. September 1817. Mit den „Schloßhunden“ ist das sprichwörtliche ‚Heulen wie Schlosshunde‘ (also Weinen) gemeint.
  • “… kannst du ja Wilhelmi mitgeben”F. Wilhelmi traf anlässlich seiner Gastspiels am 27. September 1817 in Dresden ein; zu seinen Gastauftritten vom 28. September bis 12. Oktober 1817 vgl. die Berichte in der Abend-Zeitung vom 8., 17. und 22. Oktober 1817.
  • “… mitgeben , oder später Geyer”Zu L. Geyers Gastauftritten am Prager Ständetheater zwischen 30. September und 10. Oktober 1817 vgl. die Berichte im Sammler, Jg. 9, Nr. 131 (1. November 1817), S. 524 und Nr. 133 (6. November 1817), S. 532 sowie in der Abend-Zeitung vom 4. November 1817.

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