Carl Maria von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Dresden, Sonntag, 28. April 1822
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- 1821-12-22: from Lichtenstein
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- 1822-12-18: to Lichtenstein
- 1822-05-09: from Lichtenstein
Kund und zu wißen Jedermann dem daran gelegen, daß meine geliebte Carolina mir den 25t Aprill, Vormittags nach 11 Uhr einen Sohn gebohren hat. Alles gieng so glüklich wie möglich. Meine Frau stillt selbst, der Junge zieht gehörig, und beide sind frisch und munter.
Den 27t erhielt er in der heil: Taufe die Namen Phillip Christian Maximilian Maria; und wird Max gerufen werden.
Die Mutter grüßt alle Freunde aufs herzlichste.
Hier mein lieber Bruder hast du die schönste Neuigkeit die ich dir schreiben konnte. Seit meiner Rükkunft den 26t März von Wien, hätte ich wohl Zeit gefunden dir schreiben zu können, aber ich war noch 3 Wochen unwohl, und dabei von der finstersten Melancholie die mich zu allem unfähig machte. auch sollte ich nach des Arztes Willen nichts thun, und eben dieß machte mich wieder verdrießlich*. Nun geht es Gottlob etwas beßer, sobald meine Frau kann, ziehen wir nach HosterwitzT, und da hoffe ich soll die reine Luft und Ruhe mir die Gesundheit wiedergeben, und auch Gedanken zu meiner Euryanthe, die zum Herbst fertig sein soll, wo aber wohl ein arger Spätherbst draus werden wird.
Von den 5 Wochen in Wien, habe ich beinah die Hälfte zugebracht ohne Jemand sprechen zu können. ich bekam einen so heftigen Husten, und Krampf im Kehlkopfe, daß man eine Luftröhren Entzündung fürchtete*. da nun die Leute sich anstellten | als ob der Welt Heil an meinem Leichnam hinge, so wurde ich wohl auch über die Gebühr gehätschelt und ängstlich versorgt. und die herzensguten theilnehmenden Wiener zeigten mir wirklich außerordentliche Liebe dabei. das was die Leute alle erfahren wirst du ja auch gehört haben*, und ich brauche dir es nicht zu erzählen. der verdammte Freysch: wird seiner Schwester Euryanthe schweres Spiel machen, und manchmal bekomme ich fliegende Hizze wenn ich daran denke daß der Beyfall eigentlich nicht mehr steigen kann — Nun wie Gott will. ich thue was ich nicht laßen kann, wie ich immer gethan, und schaue nicht rechts noch links, sondern auf das mir selbst gestekte Ziel.
Für heute Punktum. ich bitte dich schönstens allen meinen Lieben in Berlin die Ankunft des Mosje Max /: oder Maz, wie ihn meine Frau heißt :/ zu verkünden. ich umarme dich und deine liebe Victoire und die Kleinen herzlichst, und bin mit alter Treue und inniger Liebe
dein
Weber.
Dresden d: 28t Aprill 1822.
Schleßinger wird dir 8 rh: für den Adler auszahlen*. bitte aber um eine auf Theater Casse gestellte Quittung.
Editorial
Summary
zeigt Geburt des Sohnes und Taufe an; kränkelt und hofft auf Erholung in Hosterwitz; will Euryanthe bis zum Herbst beenden; über seine Krankheit in Wien; befürchtet, dass der Freischütz dem Erfolg der Euryanthe im Wege stehe; Schlesinger werde L. 8 Taler für den Freischütz-Adler auszahlen
Incipit
“Kund und zu wißen Jedermann dem daran”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Leipzig (D), Leipziger Stadtbibliothek – Musikbibliothek (D-LEm)
Shelf mark: PB 37 (Nr. 35)Physical Description
- 1 DBl.? (2 b. S. o. Adr.)?
Corresponding sources
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Rudorff: Westermanns illustrierte deutsche Monats-Hefte, 44. Jg. (1899), 87. Bd., S. 178
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Rudorff 1900, S. 109–111
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Worbs 1982, S. 97–98
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tV: MMW II, S. 430–431
Thematic Commentaries
Commentary
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“… dieß machte mich wieder verdrießlich”Während seines Wien-Aufenthalts war Weber erkrankt (vgl. weiter unten). Aufgrund der anstrengenden Rückreise nach Dresden (Ankunft am 26. März) hatte er dann offenbar einen Rückfall, so dass er bis zum 10. April kaum das Haus verließ; vgl. den Eintrag vom 11. April zum ersten anschließenden Ausgang sowie den Brief an G. Weber vom 22. April 1822.
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“… man eine Luftröhren Entzündung fürchtete”Vgl. die Tagebuchnotizen vom 9. bis 17. März 1822 und die Briefe an seine Frau aus dieser Zeit.