Carl Maria von Weber an Pius Alexander Wolff in Berlin (Entwurf)
Dresden, Donnerstag, 14. Oktober 1824

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an Wolf in Berlin

Mein theurer Freund welche Frage stellen Sie an mich. wie beängstigt mich die doppelte Verantwortlichkeit die aus der Beantwortung derselben hervorgehen kann* wenn ich Ihnen Abschrekkendes sage oder die Welchen Vorwürfen von Ihrer Seite würde ich mich blosstellen, fänden Sie nicht alles Ihren Erwartungen angemeßen, und würde ich mir es von der andern Seite je verzeihen können, Sie durch ängstliche Aufzählung aller alle fallsigen Schwierigkeiten abgeschrekt zu haben, und dadurch einen vielleicht nie so wiederkehrenden Zeitpunkt zur Erhebung unsrer Bühne vorüber gleiten gelaßen zu haben.

Es giebt Augenblikke im Leben, wo der theuerste Freund nur wünschen, nicht Rathen darf.      Wer kann es wagen auch nur im Geringsten die Garantie des Lebensglükes Eines Andern zu übernehmen. Wie 1000fältig gestalten verschieden, und aller weisesten Combination hohnsprechend gestalten sich oft die Verhältniße.

Es ist kein kleiner Schritt Entschluß den sie zu faßen haben. Man erschrikt oft vor dem Gewünschtesten erscheint es in der Wirklichkeit. und innig weiß ich daher das Vertrauen zu ehren daß Sie in diesem Augenblikke zu mir führt.

Ehrlich will ich Ihnen sagen was meiner Ueberzeugung gemäß ist, mögen sie weder mehr noch minder drin finden oder suchen, als es eben giebt.

Ich glaube daß es keinen Ort in der Welt giebt wo eine neue Einrichtung nicht Wiederspruch, das Fremde überhaupt nicht Wiederstand fände.

Ich glaube daß wir darin um kein Haar beßer sind als andere, einen gewißen Geist der Ordnung und des Anständigen ausgenommen, der sich von Oben herab über alle hiesigen Verhältniße wohlthuend verbreitet.

Ich bin überzeugt, daß ein Posten wie der Ihrige für nothwendig erachtet wird, daß man Sie vor allem von Oben herab dazu wünscht, und in Folge dieses gewiß gehörig unterstüzzen wird.

Unser neuer Cheff geht mit eben so viel Milde, als Festigkeit seinen Weg. Er wird Ihnen Vertrauen, und diesem Vertrauen Nachdruk schenken. der Theilnahme Hülfe und Eifers aller gutgesinnten können Sie sicher sein.      an Opposition unter den Schausp: selbst, wird es nicht fehlen. die Kritik wird Ihnen gewiß zur Seite stehn.

Allein Schöpfer werden Sie sein, zu thun aber vollauf haben, doch können Sie sich das Geschäft gänzlich nach eigner Ansicht ordnen, denn wer Verantwortlichkeit hat, muß auch Macht haben.

Hier mein Freund, Alles wie ich es, so unbefangen als möglich zu sehen glaube. der Himmel lenke Ihren Entschluß zum Besten. Wir sind uns in jeder Form nah. In treuer Freundschaft
Ihr Weber

Editorial

Summary

gibt seinen Wunsch Ausdruck, Wolff für Dresden zu gewinnen; schildert die Situation und die Haltung des Publikums am dortigen Theater

Incipit

mein theurer Freund welche Frage stellen Sie

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Draft: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (XIV), Bl. 83a/v

    Corresponding sources

    • MMW II, S. 583–584

Text Constitution

  • aus der“durch die” overwritten with “aus der
  • “wenn ich Ihnen Abschrekkendes sage oder die”crossed out
  • haben“sehen” overwritten with “haben
  • “vielleicht nie so wiederkehrenden”added in the margin
  • “so”added above
  • darf“kann” crossed out and replaced with “darf
  • Eines“von” overwritten with “Eines
  • “gestalten”crossed out
  • “Schritt”crossed out
  • “und”crossed out
  • “daher”added above
  • ß“s” overwritten with “ß
  • zu“an” overwritten with “zu
  • mir führt“mich weißt” crossed out and replaced with “mir führt
  • “überhaupt”added above
  • “wohlthuend”added above
  • S“s” overwritten with “S
  • werdeneines” overwritten with “werden
  • “eines”uncertain transcription
  • “denn”added above

Commentary

  • “… der Beantwortung derselben hervorgehen kann”Im vorhergehenden Brief vom 27. September 1824 hatte Weber Wolff darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt für eine Anstellung in Dresden sehr günstig wäre. Wolff hatte Weber daraufhin offensichtlich um Rat gefragt, ob er in Berlin bleiben oder nach Dresden gehen solle. Der Wechsel nach Dresden wurde schließlich vereitelt, da der preußische König Wolffs Entlassungsgesuch nicht genehmigte.

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