Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 12. und 13. Juli 1817

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Am 12. Juli. Im Theater am Linkeschen Bade. Le donne cambiate. (Die verwandelten Frauen.) Komische Oper in zwei Abtheilungen. Musik von F. Pär. Schon beurtheilt.

Am 13. Juli. Auf dem Theater am Linkeschen Bade. Zum Erstenmale: Standesproben, Lustspiel in drei Aufzügen, von Babo.

Das gedrängt volle Haus bewieß, daß das Sommertheater, wenn nicht gar veraltete Sachen gegeben werden, von dem hiesigen Publikum, sobald die Witterung es irgend verstattet, gern besucht wird. Ungeachtet der weitläuftigen Exposition erscheint die Ursache, warum drei junge Männer ihre Standesverhältnisse unter einander wechseln, um ihre Heirathsanträge bei den jungen Mädchen desto sicherer machen zu können, doch nicht recht begründet, oder wenigstens etwas gesucht; der Hauptmoment, wo die jungen Leute sich zum erstenmale einander nähern, geht hinter den Coulissen vor sich, und also dem Auge des Zuschauers verloren; die Nüancen der Standesverwechselung sind durch die drei Akte ein wenig zu breit ausgesponnen; die Charaktere der Mädchen, der des jüngsten ausgenommen, sind nicht mit dem gehörigen Interesse ausgeschmückt, und die Sprache hat durch allzulangen Periodenbau, für ein Lustspiel, zuviel schweres, holperiges.

Alles des Gesagten ungeachtet gefiel das Stück durch die launige Idee, daß sich ein Hauptmann für einen Kaufmann, ein Professor für einen Hauptmann, und ein Kaufmann für einen Professor ausgiebt, und jeder, alle Augenblicke, wider seinen Willen, in den Charakter seines wahren Standesverhältnisses zurückfällt; welches dann zu manchem belustigenden Auftritt unausbleiblich Veranlassung giebt. Vornehmlich aber war der einstimmige Beifall, mit dem dies Lustspiel vom Publikum ausgenommen ward, der meisterhaften Darstellung, der fröhlichen Laune, und der wahrhaft künstlerischen Gewandheit zuzuschreiben, durch welche sich die drei Ehelustigen (die ¦ Herren Hellwig, Julius und Kanow) vortheilhaft auszeichneten.

Dem Reitknecht Tempo müssen wir empfehlen, sich künfitg in seiner Rede eines etwas mäßigern Tempo’s zu bedienen, denn er sprach, als er vom Bruder der Frau von Trespen zurückkam, so schnell, daß ihn im Parterre kein Mensch verstand.

Die Besetzung der drei Mädchen=Rollen ward einstimmig anders gewünscht, und zwar in der Art, daß Dem. Zucker die Rolle der Sophie, Dem. Schubert die der Julie, und Mad. Schirmer, die der Charlotte übernehmen möge.

Eines Mißstandes müssen wir noch erwähnen, der auch auf vielen andern Theatern sich durch die Macht der Gewohnheit eingewurzelt hat; das ist nemlich der Gebrauch, den herannahenden Schluß des Stücks, dem, welcher zur Herunterlassung des Vorhangs, hinter der Coulisse, angestellt ist, durch den Soufleur mit einer Klingel andeuten zu lassen. So wie diese vermaledeite Klingel ertönt, ist im halben Hause die Aufmerksamkeit weggeklingelt; man weiß jetzt, daß das Stück dem Ende geht, und der Dichter könnte nun den Schauspielern die herrlichsten Schlußworte, oder das Einmaleins ein den Mund gelegt haben, es würde ganz einerlei seyn, weil vor dem Gepolter und Gescharre und Geschlürfe und Geräusche, das von allen Seiten unaufhaltsam losbricht, keine Sylbe verstanden wird.

Dieses die Wirkung des Schlusses auf den Zuschauer sehr störende, und besonders bei weichen, gemüthlichen Endscenen, recht widrige Geklingel kann sehr leicht dadurch vermieden werden, daß der Vorhangsherunterlassungsbeamte – damit der Mann in der rangsüchtigen Zeit doch auch seinen Titel habe – ein Blatt Papier in die Hand bekomme, auf dem die Worte bemerkt sind, bei denen er den Vorhang fallen lasse. Natürlich muß er mit in der Probe gegenwärtig seyn, wo er denn schon die Scene weiß, in der seine Amtsverrichtung Platz findet; auch muß er Geschriebenes lesen können! –

Editorial

Summary

Aufführungsbericht Dresden Theater am Linkeschen Bade: “Le donne cambiate” mit Musik von Ferdinando Paer am 12. Juli 1817 / “Standesproben” von Joseph Marius Babo am 13. Juli 1817

Creation

Responsibilities

Übertragung
Albrecht, Veit

Tradition

  • Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 177 (25. Juli 1817), f 2v

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