Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, 19. April – 24. Mai 1813
Prag. Montag den 19ten April wurde das hiesige Theater wieder eröffnet. Es ist jetzt wirklich sehr schön dekorirt, blau mit Silber, die Lampe astral macht sehr gute Wirkung, das Ganze erweckt einen schönen freundlichen Eindruck.
An diesem Tage waren zum ersten Mahle: „Die deutschen Ritter vor Nizäa“ mit neuen Dekorationen und neuen Kostumes. Die Vorstellung ging sehr gut. Besonders brav spielten: Madame Löwe die Emma, Madame Liebich die Vorsteherinn der Hospitalerinnen, und Herr Bayer den Balduin. Herr Liebich gab die beyden ersten Mahle den Emir vortrefflich, mußte ihn aber dann Krankheits halber an Herrn Brückel abgeben.
Der Männerspiegel von Lembert, von Madame Brede, Madame Brunetti, und Hrn Bayer gegeben, gefiel aber nicht besonders.
Am 9ten May trat Herr Polawsky zum ersten Mahle wieder als leichtsinniger Lügner auf. Rauschender Beyfall empfing ihn, als er hervortrat, und er ist auch in Rollen dieser Art wirklich einzig. Die Vorstellung des Stückes ging gut, nur Madame Allram wußte nicht recht, was sie aus ihrer Rolle machen sollte. Herr Reinecke und Herr Löwe spielten den Stadtdirektor und den Advokat Loder vorzüglich.
Herr Ströbl aus Weimar spielte bey uns den Wieburg, in: „Stille Wässer sind betrüglich,[“] den Doktor Busch im „Epigramm“ und den Mortimer in „Maria Stuart“. Er gefiel am wenigsten in der ersten Rolle; als Mortimer wollte weder die Haltung seines Körpers, noch seine Deklamation besonders ansprechen.
Herr Kattfuß spielte den Kosinsky in den „Räubern“ und den Fritz Wild im „Mißverständniß“ von Madame Weissenthurn. Er scheint von einem kleinen Theater zu kommen.
Herr Fiedler aus Wien gab den Baron Rosenzweig in „der Entführung,“ den Kaufmann Diethelm im „Schreibepult,“ und den Major in „den Soldaten“ von Arresto. Er ist ein vorzüglicher Schauspieler, und besitzt vollkommen den Conversationston.
Das kleine niedliche Lustspiel von Costenoble: „Fehlgeschossen“ erhielt allgemeinen Beyfall. Mad. Brede und Herr Polawsky entwickelten darin den höchsten Zauber ihres Spieles.
Am 16ten ward das Trauerspiel von Kratter: | „Die Pflegesöhne“ gegeben. Herr Wilhelmi spielte den Phocas, Herr Brückl den Zeno, Mad. Löwe die Eusebia, Herr Passy den Marcian, und Herr Polavsky den Constantin. Dieß Trauerspiel gefiel nicht, trotz der sehr guten Vorstellung. Das Publikum hat sich jetzt an den Anblick vieler Dekorationen, an eine reiche, sich schnell fortbewegende Handlung gewöhnt. Herr Passy bewies: daß er rühmlich und mit Erfolg zur weiteren Ausbildung strebe.
Am 24ten ward „Welf von Trudenstein,“ von Doktor Klingemann gegeben. Auch dieses Stück gefiel nicht.
Herr Direktor Clement ist bey uns angekommen.
Editorial
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Charlene Jakob
Tradition
-
Text Source: Wiener Theater-Zeitung, Jg. 6, Nr. 67 (5. Juni 1813), pp. 258–259