Beschreibung des Personalbestandes des Prager Ständetheaters im Juli 1814

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Schreiben aus Prag.

Sie wünschen einige Nachrichten über das hiesige Ständische Theater ihren Lesern mitzutheilen, und mit Vergnügen ergreife ich die Feder, denn ich habe Ihnen viel Erfreuliches darüber zu berichten. Im Ganzen ist unsre Bühne eine der vorzüglichsten Deutschlands, soviel auch noch im Einzelnen zu wünschen übrig bleibt. Der Direktor Liebich hat viel Verdienst um diese Anstalt, und leistete zeither alles, was nur die Verhältnisse und Rücksichten möglich machten, die ihn hier und da von oben herab beschränkten. Er scheute keine Kosten, brave Künstler nach Prag zu ziehen, und sie in die angenehmste Lage zu setzen. Er hat wahren Sinn für die Ehre der Kunst, und opfert einem anständigen Repertoir bedeu¦tende Summen, die er mit Charlatanerien unserm schaulustigen Publikum abgewinnen könnte. Er ist ein trefflicher Schauspieler. Die Natur weicht seinem Spiele nie von der Seite. Man sieht ihn in allen Rollen gern, die er übernimmt, besonders in launigten und hochkomischen Alten, wo er in vielen meisterhaft erscheint. Sein Charakter ist sehr achtungswerth, und er wird allgemein in Prag geschätzt. Seine Gattin hat eine eben so edle und liebenswürdige Denkungsart, und ist in zärtlichen Mütterrollen, besonders der sanftern Art, eine brave Künstlerin. Die erste Schauspielerin unserer Bühne im Trauerspiel ist Mad. Löwe. Sie spielt mit Einsicht, Gefühl und Feuer – nur fällt sie seit einiger Zeit in den weinerlichen Ton, der jeder Wahrheit zuwider ist. Ihre edle Figur unterstützt die heroischen Darstellungen, so wie sie durch eine prächtige Garderobe zu imponiren weiß. Seit kurzem ist Mad. Schröder vom Hamburger Theater engagirt, und gefällt sehr in Rollen starker Leidenschaften, wozu sie durch ein tiefansprechendes Organ unterstützt wird. Ihre Medea, Isabella in der Braut von Messina – sind meisterhafte Darstellungen. Im Lustspiel war zeither Mad. Brede eine gefeierte Künstlerin. Sie ist jetzt auf einer Kunstreise. Mad. Brunetti, die seit einer Reihe von Jahren bei unserer Bühne ist, wird gern gesehen. Dem. Brand, die von Frankfurt in diesem Frühjahre kam, hat sich als Aschenbrödel die Gunst des Publikums erworben, sie würde im Lustspiel mehr leisten, wenn sie nicht zu eintönig wäre. Mad. Allram ist eine junge Schauspielerin von Anlage, und wendet viel Fleiß auf ihre Rollen. Sie spielt Liebhaberinnen und Soubretten, und singt recht brav in der Oper. Auch hat sie einige glückliche Versuche in komischen Altenrollen gemacht. Mad. Junghans giebt komische Mütter, sie ist eine routinirte Schauspielerin.

Die vorzüglichsten Schauspieler unserer Bühne sind die Herren Bayer und Polawsky; ersterer im Trauerspiel, letzterer im Lustspiel. Sie sind denkende und talentvolle Künstler, die jede deutsche Bühne zieren würden. Hr. Wilhelmi leistet auf seiner kurzen Künstler-Laufbahn schon viel im intriguanten Fache, und verspricht bei fortgesetztem Studium noch mehr an Auseinandersetzung seiner Darstellungen zu gewinnen. Hr. Löwe spielt junge Liebhaber. Seine angenehme Figur unterstützt ihn vor¦theilhaft zu diesem Fache – weniger der innere Geist, der junge Künstler enthusiastisch beseelen muß, wenn sie über die Mittelmäßigkeit hinausschreiten sollen. Das Väterfach besetzt nach Brückts Abgange außer Hrn. Liebich, Hr. Reinike mit Beifall, und ein Hr. Balet in zweiten Rollen ohne Bemerkung. Das niedrig-komische Fach im Schauspiel und in der Oper ist in den Händen des Hrn. Allram. Er gefällt seinem Publikum sehr, und versteht es, sich ihm neu zu erhalten. Hr. Manetinsky ist ein sehr mannichfaltig brauchbarer Schauspieler. –

Die Zierde unserer Oper ist die erste Sängerin Mad. Grünbaum. Ihr Verdienst ist groß und anerkannt. Dem. Brand und Dem. Bach wechseln in ersten und zweiten Singpartien, erstere mit Beifall, letztere bei getheilten Stimmen. Eine treffliche Aquisition hat unsere Bühne an Dem. Böhler von Frankfurt gemacht. Ihre schöne Stimme, ihr kunstgerechter Vortrag lassen bei einer angenehmen Figur für die Zukunft viel hoffen. – Hr. Siebert und Hr. Kainz sind brave Bassisten. – Der erste Tenorist Mohrhardt, der viel Beifall fand, ward uns durch den Tod entrissen. – Hr. Grünbaum füllt diesen Platz nicht zur Zufriedenheit des Publikums aus. – Hier haben Sie eine kurze und unpartheiische Charakteristik unserer vorzüglichsten Mitglieder. Sie sehen hieraus, daß unsere Bühne im Ganzen sehr gut besetzt ist. Nächstens etwas von den neuesten Darstellungen auf derselben.

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Charlene Jakob

Tradition

  • Text Source: Münchner Theater-Journal, Jg. 1, Nr. 7 (Juli 1814), pp. 201–203

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