Bericht über das Prager Theater (Januar 1817)

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Aus Prag.

Ob uns gleich die hiesige Theaterdirektion nur selten mit Neuigkeiten unterhält, so muß man es ihr doch Dank wissen: daß sie uns dafür durch alte gehaltreiche Stücke entschädigt. Von neuen Opern sahen wir im vorigen Jahre: Athalia, mit Musik vom Freiherrn von Poißl, Alimelek, mit Musik von Meyer-Beer, und Faust, mit Musik von Spohr. Die erste Oper hatte einen größern Theil des Publikums für sich gewonnen, als die letztere, weil sie sich durch eine treffliche Instrumentation und melodischen Gesang auszeichnet. Beide Komponisten bewähren ein großes, wohlausgebildetes Talent, lassen uns daher künftig noch schöne musikalische Schöpfungen erwarten. Meyer-Beer’s Musik zu der Oper: Alimelek, ist sehr charakteristisch; ob sie gleich hie und da Lücken enthält, welche auszufüllen dem reiferen Alter und der größeren Ausbildung des jugendlichen Komponisten vorbehalten bleibt. – Das Schauspiel lieferte zeither eine größere Ausbeute; allein von sehr unbedeutendem Werthe. Das Haus Barzellona, das Haus Anglade u. s. w. sind nur als vorübergehende Erscheinungen von dem Publikum aufgenommen worden, und daher von dem Repertoire verschwunden. Einer Auszeichnung werth ist jedoch das Trauerspiel: Heinrich von Anjou, von Zahlhaas, welches das Gemüth des Zuschauers eben so wie den Geist interessant beschäftigt, und von unserm achtbaren Künstlervereine trefflich aufgeführt wurde. Von den neuen Lustspielen finden wir keins so erheblich, um davon öffentliche Meldung zu thun. Meistens waren es Nachbildungen französischer Originale. Die dramatische Kleinigkeit: Das Consilium, von Frau von Weißenthurn, gewährt wohl einen vergnügten Abend. – Von den ältern Stücken sahen wir: Die Advokaten, Gleiches mit Gleichem, Balboa, eine unmögliche Sache und die Lästerschule, letzteres von Hrn. Kurländer neu bearbeitet. –

Unser allgemein geschätzter Theaterdirektor Liebich, welcher seit seiner Zurückkunft aus dem Bade* mit einer tödtlichen Krankheit kämpfte, scheint – noch länger für uns erhalten zu werden. – Hr. Bayer ist für die hiesige Schaubühne zum Regisseur und Hr. Grünbaum zum Inspizienten der Oper ernannt. – Der bisherige Operndirektor, Hr. Karl Maria von Weber, ist von hier abgegangen, seine Stelle hat der Kapellmeister Hr. Trübensee von Brünn eingenommen. –

Von unserer literarischen Betriebsamkeit läßt sich nicht Viel sagen, da von keiner Seite etwas Bedeutendes unternommen wird, und gegewärtig wohl auch nicht unternommen werden kann. Der Genius der Zeit scheint uns mehr in das Gebiet der Musik leiten zu wollen, denn hier erblickt man regere Geschäftigkeit, und verdankt dem bekannten Kunsttalent der Herren Tomaschek, Wittasek, Weber, Polt, Knize, Rindler u. s. w. sehr liebliche Schöpfungen.

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 17, Nr. 8 (11. Januar 1817), col. 64

    Commentary

    • “… seiner Zurückkunft aus dem Bade”J. C. Liebich hatte sich laut Kurliste (1816, Nr. 1875) seit 16. August 1816 zur Kur in Karlsbad aufgehalten.

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