Aufführungsbesprechung Dresden: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 26. Jan. 1822 (Teil 4 von 4)

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Ueber die Dresdner Schaubühne.

(Beschluß.)

Flogen auch bei unserm, selbst bei der höchsten Begeisterung sich nur mäßig äußernden Publikum dem allgefeierten Zauberer in Tönen keine Kränze, kein Blüthen- und Gedicht-Regen aus Logen und Parterre zu, wie bei der ersten Aufführung des Freischütz in Berlin; so war doch das vielfache Lebehoch, das ihm die freudetrunkenen Zuhörer riefen, Zeuge, daß man den Labequell ehre, den man so rein in so vollen Bechern geschöpft hatte. Der Lärm und der Jubelruf wuchs, als sich endlich alle Stimmen zum Herausruf des Meisters vereinigten. Langerwartet mußte er endlich nachgeben und trat, die zwei Sängerinnen Funk und Haase an der Hand, vor die Gardine, welche unaufgezogen blieb. Mit sprechenden Geberden zeigte er bald auf die zwei holden Sängerinnen neben sich, als Repräsentantinnen des ganzen, mit Einschluß der Chöre, ausgezeichneten Bühnenpersonals, bald auf den Künstlerverein im Orchester und theilte so, was ihm allein gezollt worden war, voll der Bescheidenheit, die stets das Eigenthum des wahren Meisters ist, der bis zum letzten Lebenshauch noch ein Höheres und Göttlicheres kennt, mit allen, die zum Gelingen seines Werks gewirkt hatten, und darunter gewiß auch mit dem auf einer der ersten Sitzreihen im Zirkel befindlichen Dichter Fr. Kind. So ward in Dresden die erste Aufführung eines ächt romantischen Fantasie- und Singspiels gefeiert, womit nach dem Urtheile tüchtiger Wortführer in diesem Fache *) eine neue Belebung für die musikalische Bühnenkunst in Deutschland beginnt. So wie der Charakteristiker unter den Schauspieldichtern hoch steht, so erwarb hier der Tonsetzer einen der ersten Kränze. Denn ist nicht diese Composition in jeder Note für jede Rolle charakteristisch und erblüht nicht eben aus der Kunst, dieß selbst bei den tonreichsten Verschmelzungen im Wechselgesang stets fest zu halten, uns allen ein seltener Genuß?

Böttiger.

[Originale Fußnoten]

  • *) Wir berufen uns hier auf eine Stimme aus Wien in der Berliner Zeitung für’s Theater u. s. w. von 1822, No. 3, in welchem ein wahrer Kenner sich eben so unbefangen als erschöpfend zu erklären anfängt.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 26. Jan. 1822 (Teil 4 von 4)

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Mo, Ran

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 30 (4. Februar 1822), S. 120

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