Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Emilia Galotti“ von Lessing am 24. August 1819 (Teil 3 von 3)

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Emilia Galotti.

(Beschluß.)

Die Natur der meisten Rollen, welche Mad. Schröder in ihrem jetzigen Rollenfache umfaßt, bringt den Ausdruck der gehässigen Affecten, des Zorns, des Hohns, der Eifersicht, der Rache, ihr weit näher. Sie ist, wie wir aus vielen Beispielen uns überzeugten, auch Meisterin in den sanftesten, einschmeichelndsten Tönen, in Darstellung der weichesten und zärtlichsten Gefühle. Auch an ihre Schläfe hat Phantasus seine Flügel geheftet. Auch in ihrem Innern quillt ein lebendiger Born, ohne welchen ja alles nur Schein und Schattenspiel ist. Auch hat sie früher viele Jahre auch dieß Rollenfach mit allgemeinem Beifall ausgefüllt. Möge die treffliche Frau zwischen beiden auch jetzt noch das rechte Ebenmaß festzuhalten und über der furchtbaren Tiefe auch die Rosen der Anmuth zu pflanzen nie vergessen. – Als eine große Künstlerin verachtet sie alle kleinen Toilettenkünste und kleidsamen Nothbehelfer der zierlustigen Mittelmäßigkeit. Ihr ganzes Wesen ist gediegen und rein plastisch. Aber auch dieß hat seine Abwege, die in selbstgefälliger Ausführlichkeit wir den Rhadamanthen unsrer Bühnenkritik mit ellenlangem Zeigefinger vorzuzeigen gern überlassen wollen. Wir bekennen und schämen uns nicht, daß wir nur Enthusiasten, nicht Kenner sind, aber Enthusiasten und Kenner allein in dem Sinn verstanden, wie es Göthe annimmt in dem inahltschweren Liede: Kenner und Enthusiasten, überschrieben, *) woraus uns jetzt nur folgende Zeilen anzuführen gestattet sey:

Und sieh da ging ein Herr herumUnd stochert sich die Zähne,Registrirt in CatalogumMir meine Göttersöhne.Mein Busen war so voll und bang,Ihm war bald was zu kurz, zu lang!

Möge die mit Recht gefeierte, ganz Deutschland zugehörige Künstlerin uns bald wieder erscheinen!! Die Tage ihres Spiels waren Festtage für das Dresdner Publikum, das so etwas recht gut zu würdigen und in einem treuen Herzen aufzubewahren weiß. Als der Vorhang zum letztenmal herabrollte, blieb es ganz still. Auch ohne die so herrlich eingreifende Belebung von Mad. Schröder mußte dieser Vorstellung der Emilia Galotti durch den gelungensten Eifer unsres Künstlervereins am Schlusse der lauteste Beifall gezollt werden. Woher nun dieß den Fremden besonders so befremdende Stillschweigen aller Anwesenden, die übrigens während des ganzen vierten Akts dieser Orsina wiederholt die lautesten Zeichen begeisterter Theilnahme gegeben hatten? Gewiß, wir hielten das gewöhnliche Getümmel des so zweideutigen Hervorrufens für zu geringe und abgegriffene Münze, um solcher Leistung Dank damit zu zahlen und zogen jeder Halbheit das beredteste Stillschweigen vor.

Böttiger.

Am 28. Aug. Van Dyk’s Landleben.

Am 30. Aug. La gazza ladra.

[Originale Fußnoten]

  • *) Göthe’s Werke (1817). I. Band, IIte Abtheilung. S. 184.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: „Emilia Galotti“ von Lessing (Teil 3 von 3)

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 215 (8. September 1819), Bl. 2v

        XML

        Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
        so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.