Caroline von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Dresden, Mittwoch, 10. Januar 1838
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- 1841-03-12: von Lichtenstein
Daß es keinen Abschnitt der Zeit bedarf mein Theurer Freund, um in meinem Herzen die innigsten Wünsche für Ihr Wohl zu erwecken, bedarf wohl keiner Versicherung. An diesen Tag aber ist mir immer, als müßte auch ich, mit Allen die Sie lieben, und ehren, zu Ihnen treten, müßte die Hand Ihnen reichen, und Sie es in meinen Augen lesen daß ich mit ganzer Seele Gott für Ihr Wohl anflehe. –– Leider muß ich arme aber, weit von Ihnen, einsam in meinem Stübchen, nur im Geiste diesen schönen Tag mit Ihnen begehen, muß es Ihrem Herzen überlaßen sich zu diesen todten Buchstaben das Bild der Freundin freundlich hinzu zu denken, die Ihnen, von ganzen Herzen dankbar ergeben, in Ihrer Freundschaft ihr Glück findet.
Nehmen Sie auch die Glückwünsche beider Knaben gütig an, und erhalten Sie ihnen, und mir Ihre Liebe.
Hoffendlich haben Sie lieber Freund das Jahr froh beschloßen und begonnen, und Gott hat Sie und Ihre Lieben vor jedem Ungemach bewahrt! Mir ging der Jahreswechsel still vorüber wie überhaupt jetzt mein Leben. – Die Kinder machen mir immer mehr Freude, denn sie sind gut, und fleißig. Könnte ich nur dem Max den Umgang einiger kluger Männer verschaffen die sich freundlich zu ihm herab ließen daß würde ihm gewiß von großen Nutzen sein. Leider ist dies aber für eine, allein stehende Frau recht schwer zu erlangen, und daß der Vormund nichts Derart für die Kinder thut, wißen Sie ja wohl. Max ist wirklich über seine Jahre ernst, und ich darf auch sagen, vernünftig, der Unterhaltung kluger Männer zuzuhören würde er jeder Lustbarkeit vorziehen. Fast nie liest er etwas anderes als Bücher die ihn über sein Fach belehren, und ich glaube wenn ein Mann seinen Geist leitete es könnte was recht gutes aus ihm werden.
Auch Alex wittmet sich seinem neuen Beruf mit vielem Eifer, nur verliert er dadurch ein wenig die Lust zu den übrigen Wißenschaften. Im Februar kömt nun auch Meyerbeer hieher um seine Oper aufzuführen, ich fürchte aber er wird nicht viel Freude daran erleben. Seine Gegenwarth müßte denn die immer mehr einschlafende Oper wieder etwas beleben. Villeicht kann bey seiner Anwesenheit hier auch etwas für die Pintos geschehen. Wenigstens will ich es versuchen. Laßen Sie mich jedoch Ihnen gestehen lieber Freund, daß ich noch gar wenig Hoffnung für das Gedeihen der Sache hege, obgleich Herrn M. nun aller Vorwand fehlt. Mir kommt imer vor, als sollten wir nur so hingehalten werden. Nun wir werden sehen.
Einen Brief von einen Herrn Müller aus Berlin (der sich auch an Sie gewendet hatte) wegen einer Partitur des Oberon, mußte ich durch Winkler, als den Vormund der Kinder, beantworten laßen. Ob er es seinen Versprechen gemäß gethan? ich weiß es nicht; wenigstens kömt von Herrn M. keine Antwort –– ––.
Bey Ihren letzten Hiersein machten Sie mir eine entfernte Hoffnung, Sie, und Ihre liebe Familie diesen Somer auf längere Zeit hier zu sehen. wird sie in Erfüllung gehen diese schöne Hoffnung? Sie glauben nicht wie glücklich das mich machen würde!! Doch ich will mich ja hüthen mich jetzt schon darauf mit Gewißheit zu freuen, denn wie Vieles kann geschehen was Ihren Plan ändern müßte, und die Täuschung thäte dann doppelt weh. Nur so ganz leise will ich mir die Möglichkeit denken, und kleine, ganz kleine Luftschlößer bauen. Villeicht erlaubt es Ihre Zeit mir einmal ein paar freundliche Worte zu schenken, und darin suche ich dann eine Bestätigung meiner lieben Hoffnung.
Gott schütze Sie, und all Ihre Lieben. Ihre gute Frau umarme ich herzlich. Stets
Ihre
Carolina v. Weber
Apparat
Zusammenfassung
begeht im Geiste den schönen Tag mit ihm; über die Kinder: Max Interesse an Büchern u. geistige Reife; Meyerbeer komme im Februar u. sie will mit ihm wegen der Pintos sprechen; erwähnt eine Oberon‑Bestellung, die Winkler offensichtlich nicht ordnungsgemäß erledigte
Incipit
„Daß es keinen Abschnitt der Zeit bedarf mein Theurer Freund“