Helmina von Chézy an Adolph Schröder in Danzig
vermutlich Mitte 1823

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Wohlgeborner Herr!
Hochzuverehrender Herr Direktor!

Ewr Wohlgeboren gütigen Beurtheilung u Einsicht habe ich die Ehre eine Arbeit vorzulegen, welche von den verehrlichen H. Th. D. in Berlin, Dresden, München, Leipzig, Weymar, Braunschweig, u ... a. bereits mit vieler Güte recipirt worden, u mit Liebe einstudirt u ausgestaltet wird. Ich habe Alles sorgfältig vermieden u beseitigt was dem Lebendigen in der Darstellung u der Heiterkeit des Genusses von spanischer Seite entgegen war, da unsre Zeit nicht Uebersetzungen, sondern eine völlige Wiedergeburt der Arbeiten u Meisterwerke früherer Jahrhunderte erheischt.

Es sollte mir unendlich leid seyn, wenn vielleicht diese Arbeit Ewr Wohlgeboren nicht zweckmäßig schiene, u ich müßte sie in diesem Fall gehorsamst bitten mir die Güte zu erzeigen sie nach dem näheren Königsberg in Preußen einzusenden, wo ich sie noch nicht einschicke bis ich Ihre geneigte Antwort habe, es ist hier sehr schwer gute Abschriften zu bekommen.

Entschlossen, u durch die unendliche Zufriedenheit Webers mit meiner Euryanthe aufgemuntert, mich dem dramatischen Fach ausschließlich u mit voller Kraft | zu widmen hoffe ich mich auf jede Weise dem würdigen Vorsteher für die Sorge der edlern Kunstgenüsse Deutschlands näher zu befreunden. Ich bedaure Ihnen, verehrter Herr Direktor nicht die Abschrift eine kl. Idylls beylegen zu können, das in seiner heitern Tendenz u nicht unglücklichen Leichtigkeit mit einer Freude, die mich überrascht hat von allen Th. D. aufgenommen, u, wie das beiliegende, gleichfalls in weniger Zeit in das Leben treten wird. Vielleicht kann ich, wenn Sie mich dazu ermuntern, das Versäumte nachholen. Wir sind hier um Abschreiber so verlegen, daß ich u mein Sohn oft an ihre Stelle treten müssen, u ich bedaure Ihnen auch vom Calderonschen Schauspiel eine | unansehnliche Copie einsenden zu müssen.

Vielleicht sehn Sie es lieber, wenn ich Bedingungen bey denen keine Anmaßung von meiner Seite vorwalten soll mir die Ehre gebe Ihnen selbst vorzuschlagen. Ich werde den Wunsch mich Ihrem Wohlwollen zu empfehlen vielleicht besser auf diese Weise genügen. Ich bitte, im Fall der Aufnahme um 30 Thaler Honorar, u hoffe auf diese Weise Ihre gewöhnlichen Bedingungen wenigstens nicht überschritten zu haben.      Mit der Euryanthe die ohne Zweifel auch durch Ihre gütige Sorgfalt, wenn nicht aus Rücksicht für die Dichterin, doch für den genialen Tonsetzer, in Danzig in das Leben gerufen wird*, ist es ein Andres. Hier darf ich keine Bestimmungen machen. Ich habe von meinem Freunde C. M. v. Weber kein Honorar nehmen, sondern die Belohnung meiner Arbeit von dem Glück abhängig machen wollen, das sie machen wirdT. Deshalb halte ich es für meine Pflicht | auch meinerseits die verehrlichen H. Th. D. zu benachrichtigen daß die nähere Bestimmung des Honorars für die Dichtung derselben überlassen bleibt, da ich wohl einsehe daß ihr Erfolg ungleich mehr Weber zu danken ist, als mir, u ich den H. Th. D. die Akquisition nicht erschweren, sondern nur die Ehre haben will zu bemerken, daß der Antheil der Dichterin direkt u besonders an dieselbe zu entrichten ist, welche Bedingung unerläßlich, überall, wo die Oper aufgeführt werden soll.

Was Ewr Wohlgeboren an mich mitzutheilen haben ersuche ich Sie gehorsamst unter Adresse meines Freundes, des Hofrath Winkler (Theodor Hell in Dresden) an mich einzuschicken mit der vorzüglichsten Hochachtung
Ewr Wohlgeboren
ganz Ergebenste
Helmina von Chezy
geb. Freyin Klencke
.

Apparat

Zusammenfassung

sendet eine Abschrift ihres El galán fantasma mit dem Hinweis, dass diese Arbeit bereits von anderen Bühnen angenommen wurde; bittet darum, die Abschrift, falls sie abgelehnt würde, nach Königsberg weiter zu senden; will sich aufgrund der Zufriedenheit Webers mit der Euryanthe in Zukunft ganz dem dramatischen Fach widmen; erbittet 30 Taler Honorar; die Festlegung des Extra-Honorars für die Euryanthe überläßt sie der Direktion

Incipit

Ewr Wohlgeboren gütigen Beurtheilung u Einsicht habe ich die Ehre eine Arbeit vorzulegen,

Generalvermerk

Der Briefentwurf ist nicht datiert, aufgrund seines Inhalts aber vermutlich Mitte 1823 entstanden; vgl. die Briefentwürfe an weitere Intendaten, in denen dieselbe Thematik abgehandelt wird. Waidelich, Weberiana 18, S. 40 vermutet als Adressaten neben Schröder auch Daniel Huray. Da dieser bereits Februar 1819 Danzig verließ, die Arbeit an der Euryanthe aber erst Ende 1821/Anfang 1822 richtig begann, ist das eher unwahrscheinlich.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Solveig Schreiter

Überlieferung

  • Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (D-Bbbaw)
    Signatur: NL H. von Chézy 861-2

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • ursprüngliche Signatur NL H. von Chézy 908 Nr. 102 (Mappe mit Briefen unbekannter Empfänger ohne Datum sowie 1822/23), im August 2023 vom Archiv Signatur geändert
    • auf Bl. 2v unten verkehrt herum von Chezys Hand: „Danzig | Galan Fantasma

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Ausschnitt in: Till Gerrit Waidelich, „Durch Webers Betrügerey die Hände so gebunden“. Helmina von Chézys Kampf um die Urheberrechte an ihrem Euryanthe-Libretto in ihrer Korrespondenz und Brief-Entwürfen, in: Weberiana. Mitteilungen der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e. V., Heft 18 (2008), S. 40

Textkonstitution

  • „, welche Bedingung … aufgeführt werden soll.“in der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • H. Th. D.Abk. von „Haupt-Theater-Direktionen“.
  • Th. D.Abk. von „Theater-Direktionen“.
  • „… in das Leben gerufen wird“Die Erstaufführung der Euryanthe in Danzig fand erst am 8. Januar 1829 statt.
  • H. Th. D.Abk. von „Haupt-Theater-Direktionen“.
  • H. Th. D.Abk. von „Haupt-Theater-Direktionen“.

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