Helmina von Chézy an Friedrich Carl von Klencke
Wien, Dienstag, 2. Dezember 1823

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Liebster Vater! Dein Briefchen hat mir unendlich wohl gethan, ich habe auch gleich geantwortet, aber nach meiner dummen Weise, so wie ich an die 200 Briefe liegen habe, den Brief nicht abgeschickt. Ich sende dir hier ein neues Stück, u meinen Brief an die Direktion. Wenn dir das Honorar ausgezahlt ist, so verzehre es auf meine Gesundheit, es thut mir wund und weh in das Tiefste vom Lebenskern daß mir, theils durch Webers Betrügerei, die Hände so gebunden sind, daß ich so gar nichts für dich thue, so gar nichts dir seyn kann – Hier kann man nicht einmahl leicht Abschreiber haben, sonst hätte ich dir dies, am 15 Okt. schon fertige Stück, das hier 20 December a. d. Wien […] aufgeführt wird, schon früher geschickt, aber das verwünschte Abschreiben! – Ein sehr niedliches Lustspiel außer dem Neuen Narziß habe ich auf der Burg, es wird bald gegeben (der neue Narziß wird am 29. Dezember auf dem k. k. Burgtheater gegeben) aber ich kann dessen nicht habhaft werden, so wie dies möglich, schicke ich es nach Hamburg. Wenn du, nachdem dies Stück recipirt, es zum Abschreiben zurück erhalten | kannst, so mache doch eine Abschrift, doch besser du giebst dir diese Mühe erst mit dem Lustspiele, solche Dinger will jede Direktion lieber als ernste Sachen.

Es lebt sich hier gut. Wein, Obst, Holz, alles ist schöner u billiger hier wie in Dresden und Berlin, die Luft ist schön, die Menschen sind größtentheils freundlich. Wir haben alle Theater frei u genießen vieler Auszeichnungen. Ich wünschte nur ich könnte dich auch dabey haben. Wilhelm ist das Schwefelbad trefflich bekommen, er muß es nächstes Frühjahr wieder brauchen. Hast du Lust hier Freud u Leid mit uns zu theilen, so findest du offene Herzen, freundlichen Verkehr, ein schönes Land, milde Luft, u in den Schwefelquellen frisches Leben, denn für die Gicht sind sie besonders trefflich. der schönste Weg hieher geht über Berlin, Frankfurth, Crossen, Glogau, Liegnitz, Schweidnitz, Neisse, Ollmütz, Brünn, nach Wien. – Oder Berlin, Wusterhausen, Teupitz, Buchholtz, Lüben, Kottbuss, Drebkau, Spremberg, Muskau, Niesky, Goerlitz, Zittau, Gabel, Reichstadt, Hünewasser | Jung Bunzlau, Alt Benate[…] Nimburg, Clumetz Collin, Czaslau, Znaym, Wien – welches von Berlin aus noch 42 Postmeilen sind – dagegen der erstere Weg zwar um allein schöner und besser u wohlfeiler in Schlesien u Mähren zu reisen ist, als in Stockböhmen, dem schändlichen Nest für Reisende jedoch von Znaym aus wird die Reise schön.

[…]

Apparat

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (D-Bbbaw)
    Signatur: NL H. von Chézy 100

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

Textkonstitution

  • „[…]“gelöschter Text nicht lesbar
  • „Wenn du, nachdem dies Stück recipirt, es zum Abschreiben zurück erhalten kannst, so mache doch eine Abschrift, doch besser du giebst dir diese Mühe erst mit dem Lustspiele, solche Dinger will jede Direktion lieber als ernste Sachen“durchgestrichen
  • „Holz,“über der Zeile hinzugefügt
  • „Reichstadt“unsichere Lesung
  • Hünewasserunsichere Lesung
  • unleserliche Stelle (ca. 2 Zeichen)
  • „Clumetz“unsichere Lesung
  • „Stockböhmen“unsichere Lesung

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