Georg August von Griesinger an Carl August Böttiger in Dresden
Wien, Mittwoch, 26. Februar 1823

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Mein verehrter Freund,

Jezt kann ich Sie vollkommen wegen der Minna Schröder beruhigen; ich habe es aus ihrem eigenen Munde, daß sie nach Dresden abgehen wird, und daß sie sich mit Schmerzen nur von ihrem häuslichen, aber keineswegs von ihren hiesigen theatralischen Verhältnißen losmacht; ihre Antwort auf das geschikte Compelle des Hn. v. Könneritz, worin er ihre Debütrollen verlangt hat, muß schon seit einigen Tagen in deßen Händen seyn.

So gut auch das Andenken ist, welches Mad. Stich hier hinterlassen hat*, so glaube ich doch nicht, daß man es wagen würde und dürfte, sie nach ihrer fatalen Geschichte* fürs Burgtheater zu engagiren. Die Grundsäze des hiesigen Hofes in diesem Puncte sind gewiß nicht weniger streng als die des Berliner und Dresdner.

Marq. Piatti und seine Frau, die ich oft sehe, laßen Sie grüßen, und glüklichen Fortgang Ihrer Beßerung wünschen. Fr. v. Piquot ist ganz meiner Meinung, daß Sie eine Erholungsreise nach Wien machen sollten, wenn uns der Mai wieder lacht.

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Einige der italienischen Virtuosen, die uns bald entzüken wollen, sind bereits hier. 40 f. W. W. oder 10 Thlr. 46 gl. ist der Preis einer Loge im 1. 2. oder 3ten Stok für jeden Abend und schon sind alle genommen. Ist die Oper eben so vorzüglich wie im vorigen Jahre, so wird sich der Enthusiasmus dafür erhalten, und es erhöht den Reiz daß die italienische Oper nur während 4 bis 5 Monaten spielt.

Hammers würdige Schwiegermutter*, eine Frau noch in den besten Jahren, muß den Kelch des Leidens bis auf den lezten Tropfen leeren; man sieht ihrem Hinscheiden täglich entgegen.

H. Czernin, ein Kunstfreund, und Besizer schöner Herrschaften unweit von Carlsbad, ist an die Stelle des Gf. Lamberg* zum Präsidenten der Akademie ernannt worden. Fügers ist noch immer unbesezt.

Mit innigster Hochachtung u. Freundschaft
Ihr
Gr.

Apparat

Zusammenfassung

u.a. über Oper und Schauspiel in Wien

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. h 37:4, Bd. 64, Nr. 168

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S.)

    Provenienz

    • 1926 Dresden SLB

Textkonstitution

  • „wollen“unsichere Lesung
  • „… der Akademie ernannt worden. Fügers“folgt nicht lesbares Wort

Einzelstellenerläuterung

  • „… Mad. Stich hier hinterlassen hat“A. Stich hatte vom 5. Oktober bis 12. Dezember 1820 am Wiener Burgtheater 31 Gastauftritte absolviert; vgl. u. a. Wiener allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens, Jg. 13, Nr. 150 (14. Dezember 1820), S. 599.
  • „… sie nach ihrer fatalen Geschichte“Wilhelm Stich überraschte seine Frau am 6. Februar 1823 mit dem Sekondeleutnant Graf Blücher und wurde bei der folgenden Auseinandersetzung durch mehrere Dolchstiche schwer verwundet.
  • „… Hammers würdige Schwiegermutter“Elisabeth von Henikstein, geb. Zacher von Sonnenstein (1770–1823).
  • „… die Stelle des Gf. Lamberg“Anton Franz de Paula Graf Lamberg-Sprinzenstein (1740–1822), Diplomat und Kunstsammler.

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