Friedrich Wilhelm Jähns an Ferdinand Hiller in Köln
Teplitz, Montag, 3. Juli 1876
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Böhmen
Im Neubade N. 13.
Montag 3. Juli 1876.
Hochgeehrtester Hrerr Kapellmeister.
Wollen Sie gütigst verzeihen daß ich Ihnen mit einer Bitte lästig falle. Zu 3wöchentlicher Cur etwa noch bis zum 15. d. Mts hier anwesend, beschäftige ich [mich] mit Ausführung eines größeren Nachtrages zu meinem Buche „C. M. v. Weber in seinen Werken“, für welchen ich seit Erscheinen desselben 1871 bereits Materialien gesammelt habe. – Nun habe ich von meinem Verehrten Freunde, Gen. Mus. Director Dr. Rietz in Dresden, die für diesen Nachtrag interessante Nachricht erhalten, daß Sie, hochgeehrter Herr Kapellmeister, im Besitz von Weber’s Ouvertüre zum „Beherrscher der Geister“ u. zwar in dessen Autograph sind. – Sie waren so überaus gütig, mein Buch einer sehr freundlichen Berücksichtigung Ihrerseits in der Kölnischen Zeitung seiner Zeit zu würdigen, wofür ich Ihnen jederzeit auf das Herzlichste dankbar verbunden bleiben werde. Auf Grund Ihrer damaligen Kenntnißnahme meiner Arbeit werden Sie Sich vielleicht erinnern, daß ich von jedem Werke Weber’s, im Falle das Autograph davon bekannt war, eine ganz detaillirte Beschreibung unter der allgemein durchgeführten Rubrik „Autograph“ gebe. Damals war mir nicht bekannt, daß Sie im Besitz eben dieser Ouverture zum „Beherrscher der Geister“ im Autograph seien.– Auf Dr: Rietz’s Nachricht davon bin ich nun so kühn, die gehorsamste Bitte an Sie, hochverehrter Herr, zu richten, mir dies Autograph – wenn möglich! – auf 2, höchstens 3 Tage gütig hieher erlauben zu wollen, wonach es rekommandirt u. unverzüglich in Ihre Hände zurückgelangen wird. – Ich weiß, diese Bitte ist sehr kühn, ja mehr als das; denn wer giebt dergl. unbedingt aus Händen? Dennoch dürften Sie in allgemeinem Kunstinteresse im vorliegenden Falle vielleicht eine Ausnahme machen wollen, wodurch Sie mich aufs Neue zu allerlebhaftestem Danke verpflichten würden. – Sollte es zu Ihrem feststehenden Prinzip gehören, auf dergl. Bitten nicht einzugehen, was ich ganz verständlich u. wohl begründet anerkennen müßte, so erlaube ich mir eine andere Bitte in Bezug auf beiliegendes Blatt, was Sie vielleicht die große Güte haben, an den betreffenden Stellen mit kurzen, die Fragenbeantwortenden Notizen auszufüllen. – Auch dafür würde ich höchst dankbar sein, wenngleich der Anblick des Autographs selbst mir besonders erwünscht ist. – Jedenfalls bitte ich, zu Gunsten der weiteren Vervollkommnung eines der Kunstgeschichte dienenden Buches meine zweite gehorsamste Bitte mir zu erfüllen, wenn Sie mir meine erste nicht gewähren können.
Nehmen Sie, hochgeehrtester Herr Kapellmeister, schon im Voraus meinen wärmsten Dank für jede Mittheilung und gestatten mir den Ausdruck vorzüglichster u. wahrer Verehrung, mit welcher ich die Ehre habe, zu sein
Ew: Hochwohlgeboren
stets dankbarer
verpflichteter
F. W. Jähns.
Königl. Professor u. Musikdirector.
In Berlin ist meine Wohnung
24 Markgrafenstrasse. Dorthin komme ich erst
gegen d. 15. Aug. zurück; bis dahin v. 15. Juli an ist
mein Aufenthalt unbestimmt.
Beilage: Fragebogen
?) Ouverture zum „Beherrscher der Geister“ op. 27. von C. M. v. Weber.
1.) Format. Hoch– oder Quer – Folio?
2.) Gebunden, geheftet, in Lagen, oder in einzelnen Bogen?
3.) Wie, viele Bogen, beschrieben und unbeschrieben im Ganzen?
4.) Wie viele mit Noten beschriebene Seiten?
5.) Vollständiger Inhalt der Titel-Seite, wenn eine solche für den Titel besonders, vorhanden:
6.) Farbe des Papiers: Grau, gelblich grau, weiß?
7.) Dicke des Papiers:
8.) Wie viel Notenzeilen (Systeme) auf der Seite?
Ist vielleicht nicht durchweg dasselbe Papier oder dieselbe Zahl von Notenzeilen?
9.) Schrift: groß, mittel, klein?
Etwas eckig oder rund?
10.) Farbe der Schrift: Schwarz, gelblich, oder verblaßt?
11.) Ist eine Opus-Zahl vorhanden?
12.) Wie ist der Name Weber’s auf dem Titel ausgeschrieben „C. M. v.“ oder
„Carl Maria von“, oder wie sonst?
13.) Ist die Tonart zum Schluß D moll oder Ddur? Die ursprüngliche Ouverture zur unvollendeten Oper „Rübezahl“, aus welcher W. diese zum „Beherrscher der Geister“ umgestaltete, schloß in D moll . Die zum „B. d. Geist.“ schließt in D dur und enthält in der alten Peters’schen Ausgabe 241 Tacte.
14.) Ist das Autograph gut erhalten?
(Zum Schluß erlaube ich mir noch die Frage ist das Autograph authentisch v. Weber ? Ich erinnere mich, von der Handlung Peters, einmal eine Copie dieser Ouvert. geliehen bekommenn zu haben, die der Weberschen Handschrift sehr ähnlich war. – )
Apparat
Zusammenfassung
bittet ihn, ihm das Autograph der Ouvertüre zum Beherrscher der Geister zur Ansicht zu senden, falls es nicht geht, bittet er ihn die beigefügten Fragen zum Autograph zu beantworten
Incipit
„Wollen Sie gütigst verzeihen daß ich Ihnen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Köln (D), Stadtarchiv, Historisches Archiv der Stadt Köln (D-KNa)
Signatur: Best. 1051, Bd. 45 (1876), Nr. 517Quellenbeschreibung
- 1 DBl., 1 Bl. (6 b. S. o. Adr.)
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Reinhold Sietz, Friedrich Wilhelm Jähns und Ferdinand Hiller, in: Die Musikforschung, Jg. 21, H. 4 (1968), S. 469 (längerer Auszug)