Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Ems, Mittwoch, 27. Juli 1825 (Folge 1, Nr. 10)

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An die Hochwohlgebohrne

Freyfrau, Carolina von Weber.

zu

Dresden.

Wenn ich Dir nicht meinen Gesundheits Rapp[ort] [ab]zustatten hatte, und ein bischen mit Dir plaudern müßte, meine innigstgeliebte Lina, so wüßte ich Dir gar nichts zu schreiben aus dieser einförmigen sich täglich ganz gleich wiederholenden Müßigkeit.      Das ist recht fatal daß ich immer Mittwochs meinen Brief abschikken muß, und die Deinigen erst Donnerstag erhalte, wo ich dann mit der SonntagsPost 2 zu beantworten habe. Das läßt sich nun aber nicht anders eintheilen, und man muß Geduld haben; was man überhaupt im Baade lernen kann. Mein Befinden ist sehr gut bis auf den dummen Husten ohne welchen ich ganz gesund wäre. ich werde auch ein bißel fetter, brauche beim Rasiren nicht mehr zu fürchten daß ich mich in die Bakkenknochen schneide; und das Fangeisen sizt auch wieder ganz fest. Gestern Nachmittag habe ich in Naßau die Ruine* bestiegen und zwar ganz leicht, ohne im geringsten angegriffen zu sein*. Dr. Vogler greifft aber die Sache mit Nachdruk an, und zapft mich von allein Seiten an. Auf der Brust das liebenswürdige Fontanell, und auf den Pops soll ich heute Nachtische Blutigel kriegen. eine fatale Komißion. Nun! — ich thue alles was man will, wenns nur hilft. — Gestern, und Vorgestern, besonders habe ich meine traurigen Tage gehabt, doch war es nicht so arg wie zu Hause, und da ich Gestern Morgen fast gar nicht hustete, war ich bald wieder heiter und guter Dinge.      Auch kann ich nicht genug rühmen wie alles sich bestrebt mir den Aufenthalt angenehm zu machen.      Abends werden meistens so kleine Spiele gespielt, von denen ich mich immer zurük zog. Vorgestern holte mich aber der Prinz Friedrich selbst aus dem Garten dazu, und ich mußte nolens volens mit spielen; ja sogar einmal zu meinem großen Schrekken herumwalzen.      Denke Dir!!! um 9 Uhr aber echappirte ich glüklich. — Keine Tageszeit vergeht wo ich nicht an Euch ihr Lieben denke und bei Euch bin und mir vorstelle was ihr macht und treibt, wobei mein großer Trost das schöne Wetter ist, was ihr hoffentlich eben so habt wie wir, und das mit kleinen Unterbrechungen äußerst günstig ist. Nun ist es schon in der 4t Woche daß ich von Dir entfernt bin. Nun, gottlob die Hälfte ist also überstanden, und obwohl ich die große Kur gebrauchen soll, und auch das das Opfer einmal gebracht ist, mit einigen Tagen nicht geizen will, so bin ich doch schon auf der Spizze des Berges, und was nun kömt, geht schon wieder Bergab und heimwärts. Wenn ich nur zu Hause noch einige Ruhe habe, und die Nachkur noch ordentlich abwarten kann, weßhalb ich mich auch bezwingen werde so langsam als möglich zu reisen damit ich nicht wieder etwas verderbe. Hörst Du gar nichts von Böttger?      Ich habe noch immer nicht dazu kommen können an Lüttichau zu schreiben. Siehst Du ihn zufällig so entschuldige mich doch. man wird hier so faul, so schreibescheu. Keinen Buchstaben habe ich hier noch geschrieben als an Dich; und mit Noth zwinge ich mich meine täglichen Ausgaben zu notiren. Ein Geschäft das freylich nicht das lustigste ist, da man hier bei der größten Oekonomie sehr viel braucht. am billigsten komme ich noch im Ganzen mit den Pferden durch, die nicht viel mehr wie zu Hause kosten, ausgenommen die 8 gr: die ich täglich dem Johann für Kost gebe.      Obwohl ich fast gar keine Parthien mitmache, so giebt es doch so mancherley Ehren Ausgaben, daß das Geld nur so wegfliegt. Z: B: ins Armenhauß*, zur Ankunft der Prinzeßin das Feuerwerk* 8 f. und dergleichen Dinge, wovon man sich nicht wohl ausschließen kann. ich für meine Person verzehre täglich ohngefähr l rh: 8 gr: — Ja, wer A gesagt muß auch B sagen, und wenn es hilft so wollen wirs nicht bereuen, nicht war meine Alte? ich habe mir hier auch so ein wollnes Leibchen gekauft für 2 rh: 12 gr: recht hübsch. frage doch einmal was der Hauptmann gegeben hat, damit ich weiß ob ich mir soll noch welche kaufen.

Ich umarme Dich meine innigstgeliebte Mukkin in treuster Liebe. Küße meine Buben, und gebe Euch gute gute + + +. Gott segne Euch, und erhalte Euch gesund. an den alten Vater denkt ihr wohl auch ohne errinnert zu werden, so wie auch er nur für Euch lebt, denk und wünscht. Ewig dein
Carl

[Kußsymbol] Millionen
gute Bußen

1000 Grüße an Roth, Kellers, die Fräuleins p p p p p p p p p p

Apparat

Zusammenfassung

Berichtet vom Kuralltag, von seinen Behandlungen und den abendlichen Spielen, an denen er ungern teilnimmt, Ausnahme, als Prinz Friedrich ihn dazu holte, lamentiert etwas über das teure Leben dort, malt sich schon seine Heimkehr aus, die Hälfte der Zeit sei herum

Incipit

Wenn ich dir nicht meinen Gesundheits

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 193

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelloch
    • PSt: EMBS. R. I.
    • Rötel- und Blaustift-Randmarkierungen von Max Maria von Weber

    Provenienz

    • Weber-Familiennachlass

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), „...die Hoffnung muß das Beste thun.“ Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 67f. (mit Faks.)

Textkonstitution

  • „ort“ergänzt von den Hg.
  • „ab“ergänzt von den Hg.

Einzelstellenerläuterung

  • „… ich in Naßau die Ruine“Ruine der Burg Nassau (erste urkundliche Erwähnung 1093), der ehemaligen Residenz der Grafen von Nassau.
  • „… im geringsten angegriffen zu sein“Zu den am Ausflug beteiligten Personen vgl. den Tagebucheintrag.
  • „… wegfliegt. Z: B: ins Armenhauß“Vgl. den Tagebucheintrag vom 23. Juli 1825.
  • „… Ankunft der Prinzeßin das Feuerwerk“Vgl. den Tagebucheintrag vom 19. Juli 1825.

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