Konzertübersicht der Fastenzeit 1816 in Prag (Teil 6 von 7)

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Conzert-Uebersicht der Fastenzeit 1816.
(Beschluß.)

Den 14. April im ständ. Theater zum Vortheil des Tonkünstler-Witwen- und Waisen-Instituts eine großeΔ musikalische Akademie*.


1) Große Symphonie von Mozart, die sogenannte englische aus d ’dur. Ein groß gedachtes, klar und mächtig einherschreitendes Werk, sehr brav ausgeführt unter Leitung des Hrn. Kapellmeister Wittasek.

2) Oratorium: Der große Tag des Vaterlandes, komponirt bloß für Singstimmen und Blas-Instrumente von T. Sauer. Es verdient die ernstlichste Rüge, daß man bey der Wahl der ausführendenΔ Werke so ganz achtungslos gegen das Publikum verfahren kann, ihm ein in jeder Hinsicht so höchst elendes Machwerk vorzubringen. Man kann keine gemeinere Melodien, schalere Harmonie und sinnwidrige Behandlung des Textes finden, als hier aufgestellt ist, und die Geduld der Zuhörer war wirklich zu bewundern, daß sie ohne größere Zeichen des Mißfallens, es so hingehen ließen.


Desto wohlthuender war die gelungene Aufführung des kriegerischen Tongemäldes von Beethoven: Die Schlacht vonΔ Vittoria. Die Vortheile, die das Locale bot, waren weislich angewendet worden, das Annähern der Truppen im Sinn des Komponisten zu verdeutlichen. Die Kanonen, Ratschen und Trommeln wirkten in der Folge wohl, aber sie waren so in den Hintergrund des Gemäldes gestellt, daß man im Stande war, dem musikalischen Gange zu folgen, und nicht ein alles verschlingender Lärm die Ohren der Zuhörer betäubte. Die Anwesenheit des Herrn Kapellmeister Hummel aus Wien, der dieses Werk unter des Komponisten eigener Leitung gehört hatte, verschaffte dem dirigirenden Kapellmeister, Herrn Karl Maria von Weber Gelegenheit, mit Gewißheit alle beabsichtetenΔ Effekte heraustreten zu machen, welches er mit der Liebe und dem Eifer that, welche er für alles Schöne undΔ Gute hegt. Das Ganze ging wirklich trefflich, und doch war die Wirkung auf das Publikum nicht groß, wessenΔ Ursache Ref. in dem sucht, was er schon in der frühern ErwähnungΔ ausgesprochen hat. Der Wirkung der Schlacht selbst scheint ihr zu schnelles Hereinbrechen zu schaden, weil keine Steigerung der Kraft mehr möglich ist, und ohne diese endlich Kälte zurückbleibt, trotz der trefflich kräftigen Figur des Sturmmarsches, der immer tonstufenweise fortrückt. Ob dieses Fortrücken sich nicht auch mit andern, in den Gränzen der Regeln liegenden Mitteln hätte bewerkstelligen lassen, läßt Ref. dahin gestellt seyn*.

Das Haus war voll, und daher doch die Schlacht von Wirkung gewesen.

Apparat

Zusammenfassung

Konzert zur Fastenzeit u.a. mit Beethovens „Schlacht von Vittoria“; Weber erwähnt die Anwesenheit von Hummel aus Wien, der das Werk unter Leitung von Beethoven gehört habe

Entstehung

14., 17. und 18. April 1816; 14. Mai 1816 (laut TB)

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 3, Nr. 145 (24. Mai 1816), S. 579

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kaiser (Schriften), S. 85–87 (Nr. 89)
  • 2. Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VI), Bl. 44a/v–44b/r

    Quellenbeschreibung

    • Incipit: „D: 14t. Aprill im St. Theater zum Vorth. des Tonkünstler Witwen und Waisen Institutes“; keine Datierung in A
    • auf Bl. 1v und 2r von DBl. (Format 33,6x20,1 cm, grünliches Papier, WZ: bekröntes Ornament mit Horn, Gegenmarke: IFOM, Kettlinien ca. 2,4–2,6 cm); keine Pag. von Weber; Text quer mit Blei gestrichen;

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • HellS II, S. 188–190
    • MMW III, S. 115–116

Textkonstitution

  • „T“sic!
  • „beabsichteten“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… Waisen-Instituts eine große musikalische Akademie“Vgl. Webers TB sowie ThemenkommentarT.
  • „… läßt Ref. dahin gestellt seyn“Johann Nepomuk von Chotek äußerte sich in seinen Tagebüchern ebenso kritisch: „[…] auch Beethovens Schlacht von Vittoria war nach dem vielen, das zu ihrem Lobe gesprochen war, zwar hübsch aber unter meinen Erwartungen.“ in Weberiana 19 (2009), S. 59.

Lesarten

  • Textzeuge 1: große
    Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
  • Textzeuge 1: ausführenden
    Textzeuge 2: aufzuführenden
  • Textzeuge 1: von
    Textzeuge 2: bey
  • Textzeuge 1: beabsichteten
    Textzeuge 2: beabsichtigten
  • Textzeuge 1: für alles Schöne und
    Textzeuge 2: gewiß für alles
  • Textzeuge 1: wessen
    Textzeuge 2: wovon
  • Textzeuge 1: was er schon in der frühern Erwähnung
    Textzeuge 2: das er in der früheren Erwähnung dießes Werkes

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