Aufführungsbesprechung Mannheim: „Herodes vor Bethlehem“ von Siegfried August Mahlmann am 6. November 1812 in Mannheim

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Aus Mannheim.

Iffland hat seine hiesigen Gastrollen* beendigt und ist mit neuen Kränzen geschmückt nach Darmstadt, Frankfurt u. s. w. abgereiset. Während seiner Anwesenheit ereignete sich ein merkwürdiger Todesfall: der hiesige Schauspieler Müller* gab ein Benefiz und wählte dazu die bekannte satyrische Farce: Herodes vor Bethlehem,“* ein Stück freilich in seiner Art klassisch und durch die edle Tendenz, (die Verweichlichung des Geschmacks einer gewissen Schule durch ätzende Lauge zu heilen und lächerlich zu machen,) so achtungswerth als durch die darin blühende echte Laune ansprechend – doch freilich nichts weniger als auf wirkliche Darstellung auf der Bühne berechnet. In sofern war denn die von Herrn Müller getroffene Wahl freilich allemal ein Mißgriff. Indessen war das Haus doch gedrängt voll, und mehrmalige laute Bei-fallsäußerungen bewiesen, daß echte Laune und echter Witz überall ansprechen, und überall Anerkennung finden. – Unterhaltend war es übrigens, die Urtheile mancher Einzelnen zu hören. Der eine nicht ahndend, daß und worauf das Stück eine Satyre sey, und folglich von allem Witz nichts verstehend, erklärte es für eine ganz gemeine Posse, der andre meinte, es sey für ein Puppenspiel gemacht (er hatte es nämlich auf einem hier ziemlich bekannten Privat-Marionettentheater* zuerst kennen gelent – !) ein dritter hielt es gar für ein Spottgedicht auf die jüdische Nation und deklamirte gegen Intoleranz, Religionshaß und Glaubensverfolgung . . . . ! Unglücklicher Weise war diese letztere Ansicht auch die der anwesenden Judenschaft. Mit Pfeiffen bewaffnet hatten sie gleich Anfangs einen Theil des Parterre und die Gallerie besetzt, und kaum war der Vorhang gefallen, so ließen sich eine Menge dieser Instrumente hören. So wenig eine solche Aeußerung eines aus solcher Quelle entsprungenen Mißfallens auch große Beachtung verdiente, so nahm der Regisseur Prandt, zumal da auch er eine Rolle im Stücke gehabt hatte, und jederzeit ein sehr ehrgeitziger und zugleich für die Ehre des Theaters glühender Mann war, es sich ganz außerordentlich zu Herzen. Sein Eifer erhitzte sich noch mehr durch Gespräche unterm Abendessen, und eine Stunde darauf war er todt. Er war ein rechtlicher Mann, und stets nach dem Höhern in der Kunst strebender Künstler.

Unser trefflicher Schauspieler Eßlair* hat uns verlassen; einen schönen Moment aus seinen Darstellungen hat uns aber der baierische Hofmaler Neureuter aufbewahrt und festgezaubert in einem Porträt*. Es stellt den Künstler im Costume Wallensteins* vor. Der Blick nach den vertrauten Sternen gerichtet, scheint wirklich in das Buch des Schicksals zu schauen, und hohe Aehnlichkeit der Gesichtszüge erhöht den Werth des Bildes als Porträt. Das Gemälde wird durch die Kupferplatte vervielfältigt.

Gottfried Weber.

Apparat

Generalvermerk

Zuschreibung: namentlich gezeichnet

Kommentar: Die Tendenz dieser Kritik wird maßgeblich durch ihren Erscheinungsort bestimmt: Redakteur der Zeitung für die elegante Welt war Siegfried August Mahlmann, der Verfasser von Herodes vor Bethlehem. Der letzte Absatz über Ferdinand Eßlair ist die gekürzte Version einer Nachricht, die G. Weber zuvor im Badischen Magazin veröffentlicht hatte (1812-V-48).

Entstehung

Überlieferung

  • Textzeuge: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 12, Nr. 235 (24. November 1812), Sp. 1880

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