Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 22. Februar 1817

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Am 22. Februar: Ferdinando Cortez, ernste Oper von Spontini. Riesengroß und überschwenglich reich, wie die Natur der neuen Welt, deren Eroberung sie schildert, so strömt diese Musik hin, tieferschütternd und alle Kraft und Fülle der Stimmen, Instrumente, Harmonien und Dissonanzen aufbietend zu ergreifender Würkung, glühend wie Mexiko’s Klima, kühn wie Cortez Heldensinn! Es ist einzig schön, wie in dieser ganzen Oper der Contrast des wilden grausamen Götzendienstes gegen das milde Christenthum gehalten und durchgeführt ist, überall fühlen wir, jenes Volk ist an sich sanft und gut, nur die Abgötterei entflammt es so furchtbar. Die herrlichen Duetts zwischen Amazilli und Cortez sind in dieser sinnigen Tonsprache das einzige Band der Liebe, welches beide Welten freundlich zu vereinen strebt, und wohlthuend siegt endlich diese Liebe über alle Schrecken. Der Anklang von Schwermuth in der edlen Mexikanerin, welche tieftrauernd über die geopferte geliebte Mutter, nur in dem neuen reinen Glauben Trost und Hoffnung findet, verbindet sich sehr schön mit dem freudigen Muth des Gottvertrauenden Helden. Die Ausführung dieser äußerst schwierigen Musik gelang ganz trefflich, mit glühendem Feuer, rasch, kräftig und pünktlich griff alles in einander, der sinnigen Leitung willig gehorchend. Hierbei sind auch die kunstvollen Chöre sehr zu loben; ganz herrlich wurde die erste große Scene ausgeführt, wo Cortez Heldenhoheit die aufrührerischen Spanier wieder zur Pflicht zurückführt, unvergleichlich schön gelang hier das allmählige Aufschwellen der vielen vereinten Stimmen, welche von dem dumpfen Murren zu der muthigsten Begeisterung übergehen. Ueberhaupt war mehreremal das trefflich ausgeführte Piano um so mehr zu bewundern, da bei dieser Musik stets so viele Instrumente vereinigt sind und kühn in einander rauschen, nur durch so meisterhaften Vortrag ist bei dieser Fülle der Kraft doch Abstufung von Licht und Schatten zu gewinnen. So wurde selbst bei der Instrumentalbegleitung der Anklang der mexikanischen Kriegsmusik, den man schon in der Symphonie hört, immer steigend gehalten, bis er beim Götzendienst alles betäubend übertönt. Vorzüglich schön ist der Contrast in der 5ten Scene des zweiten Aktes, wo die Untergebenen sich so ahnungsloser Hoffnung und Freude überlassen, während die Höherstehenden mit zerissenen Herzen sich selbst der Pflicht und der Liebe aufopfern. So ist auch im 3ten Akte der Contrast der grellen Dissonanzen, mit welchen die Stimmen des Götzen und seiner Priester durch alle Räume des Tongebietes schweift, ohne auch nur eine lindernde Harmonie zu finden, gegen den einfachen, schmucklosen, heiligrührenden Gesang der Christen, von hoher Wirkung. Sigra. Sandrini sowohl als Sigr. Benelli und Benincasa spielten mit sehr edler Würde im ächten Styl der großen ernsten Oper. Das Verbrennen und in die Luft fliegen der Flotte gelang gut und mit minderm Rauch als sonst. Das Theater war so gedrängt voll, daß man hoffen darf, das Publikum wird mit Vergnügen mehrern Aufführungen dieser schönen Oper entgegen sehen.

C.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbericht Dresden: „Ferdinando Cortez“ von Gaspare Spontini am 22. Februar 1817

Entstehung

vor 03. März 1817

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Goldlücke, Annelie

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 53 (3. März 1817), Bl. 2v

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