Protokoll der Beratung am 13. Mai 1841 bezüglich des Zustands des Weber’schen Sargs in London und einer möglichen Überführung nach Dresden
Dresden, 13. Mai 1841
Dresden am 13. May 1841.
In der Wohnung Sr. Excellenz des Herrn wirklichen Geheimen Raths und General-Directors von Lüttichau erschienen des Vormittags nach 10. Uhr
- Herr Advocat Schäfer, als Bevollmächtigter der verw. Frau Kapellmeister von Weber,
- Herr Buchhändler Arnold,
- Subscriptus, als Vormund der von Weberschen hinterlassenen beiden Söhne,
und es ward zu der in dem Allerhöchsten Rescripte vom 22.n April d. J. anbefohlenen Berathung geschritten, nachdem den Betheiligten vorher sowohl dieses Rescript, | als der ihm beigefügte Bericht der sächsischen Gesandtschaft in London ad statum legendi vorgelegt worden war.
Nachdem Se. Excellenz nun auch noch vorher die Allerhöchste Intention näher auseinandergesetzt und auf das diesen Berathungen zum Grunde zu Legende aufmerksam gemacht hatte, bemerkte er, wie eigentlich diese Angelegenheit in zwey Fragen zerfalle, nämlich
- a) soll der Leichnam Webers
nach den eingegangenen Nachrichten in London bleiben?
oder - b) soll er dessen ohnerachtet anher gebracht werden?
Hinsichtlich des letz|tern sey blos zu bemerken, daß zwar Inhalts der gesandtschaftlichen Mittheilung wohl kein Bedenken wegen dort zu erhaltender Bewilligung obwalten werde, die Transportkosten aber sehr bedeutend seyn würden, dann immer auch noch zu bedenken, was hier deshalb noch zu veranstalten und zu berücksichtigen.
Bliebe der Leichnam Webers jedoch in London, so würde nur zu ermitteln seyn, was dort wegen eines Denkmals und sonst für Veranstaltungen zu treffen, und was hier in dieser Hinsicht vorzunehmen.
Herr Advocat Schäfer erklärt sich hierauf dahin, daß die Entscheidung | der Wittwe des Defuncti hier eigentlich das Wesentliche sey. Nun aber habe diese bereits, ehe das zu diesem Zwecke veranstaltete Concert allhier stattgefunden, sich gegen ihn dahin erklärt, wie sie die Anherbringung des Leichnams ihres verstorbenen Gatten wünsche, und es sey in dieser Beziehung auch von ihm die öffentliche Erklärung in den Sächsischen Vaterlandsblättern erfolgt, wie auch das Concert selbst in dieser Voraussetzung gegeben worden, daher er diese Frage für entschieden ansehen müsse. Das Gegentheil könne nur dann eintreten, wenn Se. Königl. Majestät ausdrücklich anbeföhle, daß der Leich|nam Webers in London verbleiben solle. Solchenfalls würde auch Frau von Weber der Allerhöchsten Willensmeinung willig nachgeben, und der bereits errichtete Comité völlig zufrieden gestellt seyn. Wäre dies aber nicht der Fall, und Frau von Weber wollte jetzt einer andern Ansicht sich zuneigen, so würde sie sich jedenfalls dem Publiko gegenüber compromittiren, und er wisse nicht, wie der Comité dabey stillschweigend sich würde beruhigen können.
Herr Buchhändler Arnold trat im Namen des Comité ebenfalls dieser Meinung bey.
Endesunterzeichneter, als Vormund der von | Weberschen Kinder, äusserte dagegen Folgendes. Die ganze Angelegenheit des Transports von Webers Leichnam nach Dresden beruhe lediglich und allein auf dem Aufsatze, den ein Doctor Gambihler über seinen Besuch in der Moorfields-Kapelle in ein öffentliches Blatt habe einrücken laßen, von wo er in andere Zeitschriften übergegangen. In Beziehung darauf, und weil darinn angeführt, daß nach Verlauf von wenigen Jahren Webers Leichnam in eine allgemeine Grube werde geworfen werden, so daß keine Spur von ihm mehr übrig bleibe, sey von vielen Seiten der Wunsch ausgesprochen worden, den|selben nach Dresden zu transportiren und hier zu bestatten. Nur in Annahme der Wahrheit obiger Voraussetzung habe sich auch hier der Comité für diesen Zweck gebildet, und sey von der Wittwe von Weber der Wunsch und die Genehmigung für einen solchen Transport ausgesprochen worden.
Nun aber gehe aus den authentischen Mittheilungen der Sächsischen Gesandtschaft in London klar und deutlich hervor, daß eine solche Furcht gänzlich ungegründet, daß Webers Leichnam vielmehr aufs Anständigste beigesetzt sey, und eine Veränderung in der dortigen sichern Lage desselben in mehrern Jahrhunderten nicht zu erwarten, mithin | falle der Grund, auf welchen jene Vereinigung zur Transportirung beruhe, gänzlich hinweg, und mit diesem Grunde jede Nothwendigkeit wie jede Zweckmäsigkeit einer solchen, nach einem Ablaufe von mehr als 15. Jahren.
Dagegen wäre nur zu wünschen, daß man sich zu einem angemessenen Denkmale sowohl in der Moorfieldskapelle in London, als vielleicht auch hier, einverstehe, wozu alle gemeinsamen Kräfte hinzuwirken hätten.
Se. Excellenz bemerkte darauf, wie Se. Majestät der König noch keine Entscheidung deshalb gefällt hätten, sondern die heutige Zusammenkunft eben dazu | bestimmt sey, die allseitigen Ansichten darüber zu vernehmen, wo möglich zu einer Vereinigung zu gelangen, und allerunterthänigsten Vortrag darüber zu erstatten. Es stellte derselbe darauf die Frage: ob man nach Maasgabe des gesandtschaftlichen Berichts finde, daß Weber auf würdige Weise in London bestattet sey?
Herr Schäfer und Arnold antworteten darüber, daß dies allerdings, wie sie nunmehr überzeugt, der Fall sey, da aber Frau von Weber und das Publikum sich sehr für die Transportirung und hiesige Beerdigung des Leichnams entschieden und öffentlich ausgesprochen hätten, so müße | es dabey bleiben, wenn nicht Allerhöchste Entscheidung dagegen erfolge.
Endesunterzeichneter berufte sich auf seine bereits abgegebene Erklärung. Ja selbst auf die anderweit von Sr. Excellenz gestellte Frage: was, wenn noch gar nichts in der Sache geschehen, sie für das Zweckmäsigste hielten? äusserte Herr Adv. Schäfer, daß er auch dann noch für das Anherbringen des Leichnams sich entscheiden müße, dagegen Herr Buchhändler Arnold erklärte, daß solchenfalls alles wie bisher bleiben können‡, jedoch Maasregeln für Denkmäler in der dortigen Kapelle und hier hätten | getroffen werden mögen.
Beide bemerkten auch noch schlüßlich, daß sie von den zuerst gemachten Bedenken und Ansichten nur dann zurücktreten könnten, und sich von dem bereits factisch begründeten Wunsche der Anherbringung von Webers Leichnam entbunden erachten würden, wenn Allerhöchsten Orts die Erklärung erfolgte, daß unbesiegbare Hinderniße sich dieser Anherbringung entgegenstellten, wo sie dann bereitwillig mit Aufstellung eines Denkmals in der Moorfieldkapelle und sonst zu treffenden Maasregeln sich begnügen wollten.
Endlich hat auch | Herr Adv. Schäfer sich die Erlaubniß erbeten, seine ausführlichere Erklärung binnen heut und 8. Tagen schriftlich ad Protocollum einzureichen, welches ihm gern gewährt worden.
Hiermit ward die Berathung gegen 12. Uhr Mittags beendet und solches anher protokollirt von
Karl Theodor Winkler,
Sekretair des Depart.
Gelesen
Adv. Adolph Schaefer, mit gehorsamster Bitte,
seine Erklärung, von der er bis jetzt durch längere Abwesenheit von
Dresden u. sonst vielfache Geschäfte abgehalten
worden, bis zum 5. July d. J. annoch einreichen zu dürfen.
ges‡. G‡
Arnold.
Apparat
Zusammenfassung
Protokoll der Besprechung Lüttichaus mit Adolph Schäfer als Anwalt der Witwe Weber, Christoph Arnold vom Komitee für Webers Denkmal sowie K. T. Winkler als Vormund der Weber-Söhne entsprechend dem königlichen Reskript vom 22. April 1841 zur Frage der Notwendigkeit der Überführung von Webers Sarg von London nach Dresden und einer angemessenen Würdigung; die Witwe und das Komitee würden eher eine Überführung nach Dresden befürworten, es sei denn, der König wünsche dies nicht oder anderweitige „unbesiegbare Hinderniße“ stünden dem entgegen; Winkler sieht die Notwendigkeit der Überführung nach dem Londoner Gesandtschaftsbericht nicht mehr und befürwortet eher ein Denkmal in der Moorfields-Kapelle in London
Incipit
„In der Wohnung Sr. Excellenz des Herrn wirklichen Geheimen Raths und General-Directors von Lüttichau“
Entstehung
13. Mai 1841
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Ortrun Landmann
Überlieferung
-
Textzeuge: Dresden (D), Sächsisches Hauptstaatsarchiv (D-Dla)
Signatur: Bestand 10711 (Ministerium des Königlichen Hauses), Loc. 50,3F, Bl. 35–40Quellenbeschreibung
- Protokoll K. T. Winklers, gegengezeichnet von A. Schäfer und C. Arnold
- Niederschrift von Kanzlistenhand (nur jeweils auf der rechten Spalte der Seiten; in der linken, sonst leeren Spalte, ebenfalls abschriftlich, der in der Vorlage wohl vorhandene eigenhändige Schriftzug: „Wolf Adolph August von Lüttichau.“)
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Ortrun Landmann, Wie es zur Weber-Gruft und zum Weber-Denkmal in Dresden kam. Ein Bericht nach Archiv-Akten, in: Weberiana, Heft 24 (2014), S. 45–48