Karl Theodor Winkler an Charlotte Birch-Pfeiffer
Dresden, Dienstag, 11. Januar 1842

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Hochgeehrteste Freundin!

Herzlichen Dank für Ihre freundliche Zuschrift. Ich theile mit Ihnen die Sospiri die Sie darinn laut werden lassen und wünsche Ihnen bald Erlösung von der jetzt Sie drückenden Last*. Ihrem Lustspiele sehen wir mit Vergnügen entgegen. Meine Fesseln* werden Sie unterdes auch erhalten haben, denn ich sendete sie Ihnen unaufgefodert zu.

Jezt nun eine recht vertrauensvolle Frage und wohl auch Bitte. Sie haben in den Zeitungen von der seit 14 Jahren sich verzögernden Vollendung der K. M. v. Weberschen Oper durch Meyerbeer gelesen. Die Sache soll und muß nun zu Ende kommen. Mit dem festesten Vertrauen auf Ihre Verschwiegenheit theile ich Ihnen den Stand derselben mit. Meyerbeer findet meinen frühern Text nicht mehr der Zeit angemessen, und hat Recht. Er fällt also weg und es muß ein neuer gesucht werden, geschaffen werden. Nun aber soll er folgende Requisite haben. Zwei Akte: Im ersten alles was Weber bereits für die Oper componirt hat, der zweite ganz allein Meyerbeers Arbeit. Der erste mehr und nothwendig komisch, der zweite mehr sentimental. Auch wünscht in diesem M. eine weibl. Person, welche Lieder singt, wozu er Webersche Anklänge benutzen will. In dem ersten muß das Finale sich mit dem Einschlafen einer komischen Person enden, denn die Musik drückt dies zu bestimmt aus. Die Ausarbeitung der Verse u. des Dialogs wollte ich nun wohl übernehmen, wenn wir nur einen Plan dazu hätten, eine Intrigue, einen Leitfaden! Dazu aber, theure Freundin, soll Ihr Genius helfen. Sie sind eine so geistreiche Erfinderin, daß ich mich an niemand Gediegeneres wenden kann als an Sie. Da hoffe ich denn auch, daß Sie mir es nicht abschlagen werden, und werde Ihnen eben so dankbar im Herzen als durch die That, wie sichs bei solcher Mühwaltung von selbst versteht seyn, indem ich Ihre desfalsige Honorarfoderung gern anerkenne. Sonach halte | ich es, im Voraus von Ihrem freundschaftlichen Entgegenkommen überzeugt, für das Beste, Ihnen sofort den ersten Akt der alten Unterlage, nebst den Stücken des zweiten, als wie weit bis mit No: 9. Weber componirt hat, zu übersenden, damit Sie sehen, was etwa für Musikstücke, und in welchem Genre in dem ersten Akte, den Sie uns sollen ausdenken helfen, angebracht werden müßen, wobei freilich mit Ausnahme des Finales, jede beliebige Ordnung gewählt werden kann. Der zweite Akt bliebe dann zu freier Composition Meyerbeer überlaßen.

Inden ich auf Ihre Verzeihung für ein Vertrauen hoffe, das die trefliche Dichterin und edle Frau so sehr verdient, werden Sie selbst erkennen, daß alles dies streng unter uns beiden bleiben muß, und so sehe ich denn Ihrer freundlichen Antwort recht bald entgegen, alsIhrtreu ergebener Freund
KWinkler.

Apparat

Zusammenfassung

da die Vollendung der Pintos stagniere und Meyerbeer das alte Libretto überarbeitet wünscht, bittet W. sie um Ideen für eine Neufassung der Handlung (besonders für den I. Akt, zu dem Webers Skizzen vorliegen), W. selbst würde die Ausarbeitung in Versen übernehmen

Incipit

Herzlichen Dank für Ihre freundliche Zuschrift

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. V (Mappe IA), Abt. 3, Nr. 24

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • Bleistiftnotizen von F. W. Jähns recto oben und links unten sowie verso am linken Rand

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Weberiana 27 (2017), S. 74f.

    Einzelstellenerläuterung

    • „… der jetzt Sie drückenden Last“Gemeint ist wohl die Direktionsführung am Theater Zürich.
    • „… mit Vergnügen entgegen. Meine Fesseln“Lustspiel in 5 Aufzügen nach Scribe.

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