Heinrich Schlesinger an Staatsanwaltschaft in Berlin
Berlin, Donnerstag, 18. Juni 1857

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An den Herrn Staatsanwalt beim Königl. Stadtgericht in Berlin
dito – an den Justizrath Ludwig Müller in Leipzig, Antrag zur Confiscation resp. Verbot beim „Stadtrath zu Leipzig“ Antrag zu Confiscation bei Berliner Buchhändler und Musikhändler vorräthigen Exemplare der von L. Holle in Wolfenbüttel im J. 1857 herausgegebenen Nachdruckausgabe „C. M. von Weber’s Compositionen für Pianoforte Bd. I. u. Fol.“, namentlich gegen die Buchhändler G. Mertens in Berlin (Königstraße u […] No. 7) und […] Buchhandlung ([…]Heiligengeist Str No. 23)

Ew Hochwohlgeboren

erlaube ich mir ganz ergebenst den nachfolgenden Antrag zu unterbreiten:

Der Buch- und Musikhändler L. Holle in Wolfenbüttel (im Herzogthum Braunschweig) hat in dem gegenwärtigen Jahre 1857 ein Werk drucken lassen, unter dem Titel:

Compositionen von Carl Maria von Weber Band I: Compositionen für das Pianoforte solo Heft I - 29. Erste rechtmässige Gesammtausgabe revidirt und corrigirt von H. W. Stolze. Wolfenbüttel Druck und Verlag von L. Holle in Fol. Preis 3 ¾. Dieses Werk ist ein unerlaubter Nachdruck von fünfzehn (15) in meinem Verlag mit Eigenthumsrecht, und auch in Bezug auf Heft 25 (Ouverture zu Oberon) mit Privilegium Sr. Maj. des Königs von Preußen herausgegebenen musikalischen Composition des verstorbenen k. Sächs. Kapellmeisters Carl Maria von Weber. Die anderen Hefte enthalten sind ein Nachdruck der in Peters Bureau de musique in Leipzig, bei Simrock in Bonn und bei Hasslinger in Wien mit Eigenthumsrecht erscheinenen Compositionen von Carl Maria von Weber.

Im Königreich Sachsen ist durch Dekret d. d. Leipzig den 23. Maerz 1857 des „Raths der Stadt Leipzig“ eine beifolgende Mittheilung in der Vossischen Zeitung vom 11. Juni 1857 (Beilage No. 1 pag 5) zeigt, auf Antragder Musikalienhandlung Peters in Leipzig, die Confiscation resp. Verbot des Debits hinsichtlich der dem Peters zugehörenden Hefte 8. 17. 19. und 29 der Holle’schen Nachdruckausgabe von C. M. v. Webers Compositionen bereits erfolgt.

Zur Begründung meines gehorsamsten Antrags beehre ich mich anbei zu übermachen:

  • 1. Die Nachdruksausgabe von L. Holle in Wolfenbüttel
  • 2. Die Quittung des Buch- u. Musikhändlers G. Mertens (wohnhaft Burgstraße No 7) lautend
    "den ersten Band der C. M. v. Weber’schen Compositionen für Klavier, der neuen wohlfeilen Ausgabe, so weit er erschienen ist, 3 Thlr 22 1/2 Sgr. erhalten, / gez / G. Mertens

und bemerke ich, daß diese Quittung dem K Musikdirektor Hrn. F. W. Jähns (wohnhaft Krausenstraße No 62) von dem G. Mertens gegen Zahlung von 3 ¾ Thlr. zugestellt worden ist. Außerdem bemerke ich, daß der G. Mertens diese Webersche Nachdruksausgabe in sein Schaufenster aufgestellt hat, wie bezeugen werden: der Stadtrichter am K. Stadtgericht in Berlin Fr. Tork (wohnhaft Krausenstraße No 64) und der Lehrer Fr. Dr. Block (wohnhaft Kochstraße No 12) u. A. m.

  • 3. Meine Original-Ausgabe von fünfzehn (15) Compositionen für Pianoforte von Carl Maria von Weber, nämlich Op. 24. 37 oder 40. 39. 49. 51. 62. 65. 70. 72. und 6 Ouvertüren: zu Sylvana, Turandot, Preciosa, Jubel-Ouverture Op. 59, Freischütz und Oberon, welche von L. Holle nachgedruckt sind als
    Heft 7. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 20. 21. 22. 23. 24.
  • 4. Erklärung von C. M. v. Weber d. d. Dresden 4. Mai 1823 über das Eigenthum von Freischütz, je 4 Sonaten op. 24. 39. 49. u 70, Aufforderung zum Tanze Op. 65, Polacca brillante Op. 72. u. Rondo brillant Op. 62.
  • 41. Eine Erklärung und Bekenntniß die Wittwe des verstorbenen Componisten Carl Maria von Weber, d. d. Actum d. d. Dresden, 23 Mai 1849 über fünfzig (50) Compositionen von Carl Maria v. Weber als mir zum ausschließlichen Verlag und zum ausschließlichen Eigenthum vom Componisten verkauft, legalisirt vom K. Sächs. Ministerium der Justiz d. d. Dresden, 26. Mai 1843, nebst dem Contrakt mit der Wittwe Frau Caroline von Weber d. d. Dresden, 2 August 1847, legalisirt vom K. Sächs. Ministerium der Justiz d. d. Dresden, 14 August 1847.
    Aus obigem Bekenntniß und Erklärung, welche […] Originalcontrakte des Componisten Carl Maria von Weber beigeheftet sind, geht hervor, daß
    die Holle’sche Ausgabe von Webers Compos.
    Heft 7. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 20. 21. 22. 23. 24. 25
    den No. 3. 13. 14. 21. 26. 32. 35. 70. 72. 44. 11. 47. 29. 45. 49 der

    v. Weber’schen Erklärung resp. Contrakte nach, entsprochen und als unrechtmäßiger Nachdruck anzusehen sind. Der Nachdruck ist Note für Note geschehen […]

  • 5. Abdruck ds. K. Preuß. Pivilegiums für die Oper Oberon von C. M. v. Weber d. d. Berlin 29 July 1826, welches auch in die K. Preuß. Gesetzsammlung aufgenommen ist.
    Hierdurch ist der Holle’sche Nachdruck Heft 2 (Ouverture zu Oberon) strafwürdig der Debit in Preußen verboten
  • 6. Warnung vor dem Holleschen Nachdruck in No 6 u 16 der „[kl. Textverlust] der Buchhandlungen Sch[…]. (Fr. Bernhard, – wohnhaft Heiligengeiststraße No 23, und der Buchhändler G. Mertens Burgstraße No 7) diese Hollesche Nachdruckausgabe auch in den Berliner Zeitungen öffentlich ausgeboten haben, den andere Musik- und Buchhandlungen in Berlin diesen Nachdruck ebenfalls debitiren könnten, mir jedoch hierdurch ein großer Vermögensverlust erwächst, auch in Holles Erklärung auf der Rückseite des Titelblattes, die Buch- und Musikhändler zwar eine Entschuldigung für den unerlaubten Verkauf des Nachdrucks suchen möchten, so trage ich ganz gehorsamst darauf an:
  • 1. bei sämmtlichen hiesigen Buch- und Musikhandlungen die vorräthigen Exemplare, sowohl in einzelnen Heften (da die einzelne Hefte à 2 1/2 - 10 Sgr verkauft werden) [angefügt: nämlich Heft 7, 9 bis 16. 20 bis 25] als im Ganzen, 29 Compositionen zu 1 Band geheftet, confisciren zu lassen und den G. Mertens wegen Verkauf[…] des Nachdrucks zu bestrafen.
  • 2. die Erklärung und Bekenntniß der Frau v. Weber d. d. Dresden 24 Mai 1843 welche den Anhängen, auf meine Kosten schl copiren zu lassen und mir das Original schleunigst zurückzugeben, weil ich Wolfenbüttel bei dem dortigen Herzogl. Braunschweigischen Gericht gegen den L. Holle die Klage einreichen [will] und hierzu des Original-Beweismittels bedarf. Sollte jedoch das Original in den Akten verbleiben müssen, so bitte ganz gehorsamst, eine legalisirte Kopie, deren Kosten ich sofort erstattet werden.

Mit […] Respekt verharre ich ganz gehorsamst
/gez / Heinrich Schlesinger
Fortsetzer der Schlesingerschen Buch u. Mhdlg
34. Unter den Linden

Am 10t Juli nachträglich an den K. Staatsanwalt eingereicht:

Erklärung d. Carl M. v. Weber in betreff Freischütz, Aufforderung, op 65, Rondo br. op. 62, Pollaca br. op. 72 und 4 Sonaten op. 24. 39. 49 u. 70.

d. d. Dresden 4 Mai 1820.

Nr. 4 Warnung vor dem Holleschen Nachdruck in Nr. 6 und 16 des Echo.

Zum Schutz meiner Verlagsrechte in Preußen habe ich bereits die Confiscation der Holleschen Nachdrucke bei der hiesigen Königl. Staatsanwaltschaft beantragt.

In Wolfenbüttel selbst werde ich bei dem Herzogl. Braunschweigischen Gericht die Klage gegen den Nachdrucker L. Holle sofort einreichen.

Für das Königreich Sachsen erlaube ich mir Ew. Hochwohlgeboren ergebenst zu ersuchen an den Hochlöbl. Rath der Stadt Leipzig zur Verhinderung des Debiti des mir zugehören C. M. v. Weberschen Compositionen geneigtest? den Antrag stellen zu wollen:

bei sämmtlichen Sächsischen Buch- und Musikhandlungen die vorräthigen Exemplare sowohl in 14 einzelnen Heften, da die einzelnen Hefte [Wort unleserl. gestrichen] nämlich Heft 7. 9 bis 16, 20 bis 28 à 2 ½ bis 10 Neugr erkauft werden) als im Ganzen, 29 Compositionen zu 1 Band geheftet, confisciren resp: den Debit als strafbar verbieten zu lassen.

Indem ich eine für mich so wichtige Angelegenheit vertrauensvol in Ihre Hände niederlege und für den Schutz meines Vorrechts versichert halte, empfehle mich Ihnen
Mit vollk. Hochachtung[…].

An Herrn Justizrath, Consulant L. Müller in Leipzig am 17 August 1857

Beistehend haben wir die Ehre Ihnen unsere Originalausgabe der 4händigen Compositionen von Weber in 8 Heften zu senden, welche Holle in seiner Nachdruckausgabe Bd. II edirt hat und […].

Opus 60 Lied 1 und 2 (Huit pièces à 4 ms) in unserer Originalausgabe das vierte Heft des Holleschen Nachdrucks, ferner die 6 Ouverturen zu:

Silvana, Turandot, Preciosa, JubelOuvertüre Opus 9, zu Freischütz & Oberon à 4/m entsprechen dem

Heft 5. 6. 7. 8. 9. 10 des Holleschen Nachdrucks.

Erstere sind im v. Weberschen An[…]. d. d. 25t Mai 1843 unter No. 30 letztere unter Nr. 11. 44. 47. 29. 46 und 49 als Schlesingersches Eigenthum bestätigt.

mit Hochachtung […]

am 2/10 57 auf Verlangen durch C. F. Peters noch 1 Weber op. 64 à 4 m u. 62 (Original Ausgabe) an Hr. Adv. Ludw. Müller gesandt.

[quer:] An den Justiz-Rath Kammer-Consulant Herrn Ludwig Müller in Leipzig wurde am 23/6 1857 dieselbe Eingabe wie vorstehende an den K. Rechtsanwalt in Berlin mit den betreffenden Abänderungen und nebenstehendem Schluß gesandt;

Apparat

Zusammenfassung

betr. den Antrag auf Konfiskation der Exemplare von Holles Ausgabe der Weberschen Kompositionen

Incipit

Ew Hochwohlgeboren erlaube ich mir ganz ergebenst den

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Veit, Joachim

Überlieferung

  • Textzeuge: Entwurf: Erzhausen (D), Archiv des Verlags Robert Lienau (D-ERZrl)
    Signatur: Kopierbuch Schlesinger 1833–1864, S. 799a/r–799c/v

    Quellenbeschreibung

      Beilagen

      • Warnung vor dem Holleschen Nachdruck im Echo

    Textkonstitution

    • „Königstraße u “durchgestrichen
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • „enthalten“durchgestrichen
    • Leipzigunsichere Lesung
    • „Tork“unsichere Lesung
    • 51unsichere Lesung
    • „d. d.“durchgestrichen
    • unleserliche Stelle
    • „[…]“gelöschter Text nicht lesbar
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • „schl“unsichere Lesung
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • unleserliche Stelle
    • „25t“unsichere Lesung
    • unleserliche Stelle

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