Besprechung der Erstaufführung des Abu Hassan in Hamburg am 27. November 1824 (Teil 2)

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Hamburgische Theater-Zeitung.

Stadt-Theater.

(Fortsetzung des im letzten Blatt abgebrochenen Berichts.)

Eine Musik dieser Art, die dramatisch empfunden ist, verlangt vor allen Dingen dramatische Behandlung auf der Bühne, und ein empfängliches Publikum. Dieses muß aber gewonnen werden auf zweierlei Weise. Einmal durch die Composition, welche im gleichen Verhältniß wie die Dichtung, und wohl noch mehr, den Zuschauer in die Handlung hineinführt und ihn darin erhält, sodann aber durch gefällige, allgemein wirkende Melodie. Die erstere Eigenschaft besitzt nun v. Webers Composition ganz und gar, die zweite, die Melodie, ist ebenfalls vorhanden, aber sie ist zu schwer, nicht populair genug; der Zuhörer nimmt, wenigstens nach der ersten Darstellung, keinen faßlichen Gedanken mit, den er sich als fröhliche Erinnerung, wenn auch nur im Geist und im Gehör, nachsingen könnte. Er wird viel eher künstliche harmonische Verschlingungen und sehr kunstvolle Ausführungen mit zu Hause nehmen, die ihn abhalten, sich die Melodie in das Gedächtniß zurückzurufen. Dieses gilt aber keinesweges von den zwei allerliebsten Duetts des Abu Hassan und seiner Gattin, in denen der leichte Scherz, die Melodie, und folglich die Grazien sich verschlingen. – Die Instrumentirung ist reich und gediegen, was sich besonders bei der genialen Ouverture offenbart.

Der hiesigen Darstellung können wir nun wieder nichts anders als unseren Beifall geben. Herr Klengel erfüllt als Abu Hassan gewiß die strengsten Forderungen der Kunst; sein Spiel ist leicht und angenehm, überall charakterisirt er den angenehmen Wüstling mit Ausdruck, ohne in Gemeinheit herabzusinken, und sein Gesang ist gleichermaßen correkt und angenehm. Es ist überall erfreulich zu bemerken, wie dieser Künstler sich strenge an die Gattung der Musik und seine Tonsetzer hält. Wer ihn in der Schöpfung, wo er sich kürzlich durch klassischen Gesang auszeichnete, in der Kirche, und hernach wieder in dem mannigfachen Styl der Opern, hört, wird ihn überall consequent und auf richtigem Wege finden, wie denn auch bei dieser Weber’schen Musik der Fall war. Dem. Pohlmann, als seine Gattin, war durchaus reizend und liebenswürdig, im Spiel wie im Gesang. Sie scheint ausdrücklich für das Fach bestimmt zu seyn, an welchem die meisten deutschen Bühnen Mangel haben, wir meinen für die Operetten im französischen Styl, wo leichter Muthwille, feines Spiel, angenehme Stimme und correkter Gesang sich begegnen müssen. Ihre einnehmende Gestalt und stets geschmackvolle Kleidung tragen dazu nicht wenig bei. Es freut uns innig zu bemerken, daß sie selbst diese nicht gewöhnliche Laufbahn vorzuziehen scheint, und die Bravour-Würgengel, übrigens auch im hohen Werth, Anderen überläßt. Den alten dicken Sünder Ibrahim*, diesen sehr drollig gezeichneten alten Wucherer und Wollüstling, den auf seine alten Tage die Verliebung anwandelt, und der am Ende auf Kosten seiner Kasse und des wenigen Rufs, den er hatte, ausgelacht wird, giebt Herr Gloy sowohl im Spiel wie im Gesang gleich vorzüglich. Die übrigen Rollen sind nicht von Bedeutung*, werden aber von sämmtlichem Personal gut und fleißig ausgeführt.

Jetzt gelangen wir zu der dritten Abtheilung dieser Darstellung.

(Der Beschluß folgt.)*

a.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler
Korrektur
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Originalien aus dem Gebiete der Wahrheit, Kunst, Laune und Phantasie, Jg. 8, Nr. 149 (13. Dezember 1824), Sp. 1192

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Den alten dicken Sünder Ibrahim“Originaler Rollenname: Omar.
    • „… Rollen sind nicht von Bedeutung“Laut Theaterzettel Hr. Reithmeier als Kalif, Mad. Hesse als Zobeide, Hr. Hollmann als Mesrur und Mad. Schäfer als Zemrud.
    • „… (Der Beschluß folgt.)“Die Besprechung des abschließenden Lustspiels folgt in Nr. 150 (15. Dezember 1824), Sp. 1199f.

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