Aufführungsbesprechung Wien, Theater an der Wien: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 5. Juni 1822

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Tagebuch der Wiener-Bühnen.

[…]

Den 5. Burgth. "der Wildfang." Kärnth. "Elisabetta Regina d’inghilterra." An der Wien: Zum ersten Mal, "der Freischütze." Romantische Oper in drei Aufzügen von Friedrich Kind. Musik von Herrn Carl Maria von Weber. – Lange hatten wir dieses geniale Werk auch hier erwartet, und lange blieben unsere Erwartungen fruchtlos. Endlich erschien es; sicher zur Freude jedes wahren Kunstfreundes, der nicht dem Augenblicke huldiget, sondern Jenem, was nach den Regeln des Schönen immer wohlgefällt. Der Wechsel ergötzt zwar, allein der Wechsel gleicht auch nur zu oft der Libelle, die im Sonnenschein alle möglichen Farben spielt, am Ende aber doch nur ein graues unscheinbares Ding mit zwei schmutzigen Flügeln bleibt, das eben nicht weiter fliegen kann, als der Rumpf reicht, worin es weilt. Wird man deswegen ein großes geniales Werk weinger beachten, weil man es bereits öfters gesehen? Weilt man nicht tagelang mit Entzücken vor einem Raphael, und sollte man wirklich an diesem mit dem Ausrufe: "das kenne ich schon!" vorüber gehen, um die Pinselwerke eines Guckkastenmannes zu bewundern, der alle Minuten ein neues zeigt? – Unglaublich – und doch war auf manchen Gesichtern jener Ausruf zu lesen, und doch schienen die Musikstücke, die man ehedem vergötterte, nicht so viel zu interessiren, als die neuen Decorationen, die man wirklich zu sehen bekam, und eine Menge andere Wunderdinge, die man zu sehen hoffte. Ist das die Ewigkeit des Kunstwerkes, auf welche der Künstler baut; das die Unsterblichkeit, nach der er mit allen seinen Kräften ringt? – Doch genug, um nicht milzsüchtig zu werden, vielleicht schon zu viel, um nicht dafür gehalten zu seyn! – Die Besetzung war, mit Ausnahme der Chöre und einiger anderer Individuen, dieselbe wie in der Stadt, und es freute uns zu sehen, wie alle Mitwirkenden, etwa die erste Brautjungfer ausgenommen, die nicht sang, sondern oscillirte, mit sichtbarer Lust und Liebe bei der Durchführung zu Werke gingen. Dem. Schröder trug i99hre beiden Arien mit vieler Innigkeit und Wahrheit des Gefühles vor; Hr. Forti riß, wie immer, durch Spiel und Gesang hin, und Hrn. Rosners schöne Stimme ging vom Herzen zum Herzen; Alle aber bestrebten sich mit Feuer und Energie um die Erhaltung des alten Künstlerruhms, den ihnen auch Niemand rauben wird, auch die Chöre waren gut gehalten, und mußten zum Theil wiederholt werden. Das brave Orchester griff unter der Leitung des verdienten Seyfried tüchtig zusammen, und exekutirte besonders die Ouverture so vollendet, daß der stürmische Beifall deren Wiederholung zu verlangen schien, was aber nicht thunlich war, da man schon in den Chor übergegangen. Die äußere Ausstattung gereichte im Ganzen genommen den damit beschäftigten Künstlern zur Ehre, nur erschien der Vollmond etwas zu voll, auch wollten die Erscheinungen in der Waldschlucht nicht recht erscheinen; dagegen war die Decoration selbst romantisch und gut gedacht, so wie sich kaum etwas freundlicheres denken läßt, als Agathens Zimmer im dritten Aufzuge. – Leopoldst. "die Wilden aus Indien," und "Amor am Fenster."

[…]

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Ran Mo

Überlieferung

  • Textzeuge: Wiener allgemeine Theaterzeitung, Jg. 15, Nr. 70 (11. Juni 1822), S. 279

        XML

        Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
        so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.