Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Freitag, 28. und Samstag, 29. April 1826
Settings
Show markers in text
Context
Absolute Chronology
Preceding
- 1826-04-25: to Weber
- 1826-04-28: from Weber
Following
- 1826-05-01: to Weber
- 1826-05-02: from Weber
Direct Context
Preceding
- 1826-04-25: to Weber
- 1826-04-28: from Weber
Following
- 1826-05-01: to Weber
- 1826-05-02: from Weber
betw ---------------- 9 -------------
durch No. 26. No 18‡ den 28‡ten Aprill 1826.‡
Ich bin recht in Paken und Kramen vertieft mein Alter, wollte gern morgen hinaus nach Hosterwitz, aber leider ist das Wetter wieder so schlim, daß ich’s wohl noch ein paar Tage verschieben werde. Ein Briefel habe ich gestern auch nicht bekomen, und daß macht mich ein bißel mopsig, obgleich ich wohl weiß daß ich nun bald wieder 2 bekomen werde. Gestern hatte ich einen recht dumen Tag! wahrscheinlich hatte ich mich ein bißel erkältet, ich bekam so heftige Kopfschmerzen daß ich mich in Betterl legen muste. Heute bin ich aber wieder ganz wohl auf, nur ein tüchtiger Schnupfen plagt mich. das hielt mich auch gestern ab Herrn Marschners Braut die Agate singen zu hören. Rothe kam noch nach dem Theater mir zu referieren daß sie nicht gefallen habe*. Die Stimme sey ausgesungen, und die Methote nicht zum besten Ich kann nicht sagen daß ich über dieses Mißfallen böse gewesen wäre, denn ich kann mir’s schreklich denken, wenn Herrn Marschners Frau hier erste Sängerin geworden wäre. — Dewrient spielt jetzt in Frankfurt Gastrollen, und wie man hört, soll er sich mit seiner Frau dort engagiert haben*. na, dann wäre es auf einmal alle mit der Oper, und das wäre recht gut, dann würden sie hier wohl nur noch kleine komische Operetten geben, und mit denen hast Du dann nichts mehr zu thun. Ach wenn es so weit käme das Du mit dem ganzen Theater nichts mehr zu schaffen hättest, dann wäre mein innigster Wunsch erfüllt.
Alle Zeitungen sind schon voll von dem glüklichen Erfolg Deiner Oper besonderst die Berliner*. bestädtigt sich denn die trauriche Neuigkeit das den armen Schlesinger in Paris sein ganzes Haus abgebrant ist? Das wäre doch schreklich! ich warte recht mit Sehnsucht auf ein Briefel von Dir mein Alter! ob Du Dich nun wohl, nach dem die Hauptstrabatz vorüber ist, ein bißel erholen wirst — wenn ihr nur beßer Wetter habt wie wir! bey uns sieht es wieder ganz winterlich aus, und wir müßen immer noch heitzen. Ist auch einmal ein Tag schön, so ist der nächste desto schlechter. Die Baumblüte ist auch noch nicht ganz heraus — Trotz all dem, aber sehne ich mich doch hinaus, und wäre mein Schnupfen nicht, so wäre ich | doch wohl morgen fort gekutscht. Die Christel habe ich hinaus geschikt alles in Ortnung zu bringen, denn die meisten Sachen sind schon draußen. Felsner hat alles sehr nett gemacht, man sieht es, das er seine Fehler wieder gut machen will. Wärst Du nur erst in Deinen kleinen Stübchen! oder wir säßen zusamen im Lusthaus* und die Männe erzählte seine Abentheuer ach wie freue ich mich auf die Zeit! Die wird mir Ersatz sein für alle Sorge und Angst. Aber nicht wahr mein Alter: dann trennen wir uns nicht mehr? — Von der Mutter habe ich auch wieder einen Brief worin sie sehr lamentiert. Der Brief ist auch so konfuß geschrieben daß man wohl sieht: sie wird 71 Jahr alt. U‡nter Andernd, sollst Du dem Louis ein Lebens längliches Engagement verschaffen — ja die Leute sind ein bißel Toll. Mit der Mutter Gesundheit geht es aber wieder gut. Auch die Lüttigau befindet sich wieder ganz wohl. Neues pasiert gott lob! nicht viel. Unsere Kinder sind kreuz wohl auf. Alex wird bald wieder ein Zänchen bekomen. Abends wenn er einschlafen soll muß die Marie vom Papa singen. Singt sie einmal ein ander schön lied, dann sagt er immer: na Papa! — Hotto, Papa, und ade, ist aber auch alles was er noch kann, aber gestern hat er den Max in dem kleinen wagen durch die ganze Stube gefahren. ja ja! das ist ein derber Bursch. seit er abgewöhnt ist, schläft er auch wieder die ganze Nacht in einen fort. Der hat mir noch wenig Noth gemacht, gott gebe daß es nicht nach kömt.
nun gute Nacht für heut! bin hunde müde von den vielen Büken. Gott segne Dich mein geliebter Theurer Carl + + + ich küße Dich 10000 mal.
Den 29t mein geliebter Theurer Carl! eben schikt mir Basang Deinen lieben Brief No 21 — No 20 fehlt. ich gestehe mein Leben daß mich die Nachrichten über Deine Gesundheit nicht sehr beruhigen besonderst Deine Gemüths Stimung macht mir Sorge. Doch Du sagst auch ich könnte ruhig sein, und so will ich auf Gott vertraun er wird Dich ferner schützen. |
Deine Aufträge sollen [schnellst]‡ens besorgt werden. Rothe ist schon zu Basange gelaufen um mit ihm darüber zu reden. Du zankst daß ich nichts von Theater schreibe? mein Gott! es pasiert nichts, und in den Ferien vollens gar nicht*. Gericht willst Du halten über meine Wirdschaft? nur zu! ich kans nicht beßer machen und mögte mir manchmal alle Haare ausraufen über das viele Geld was ich aus geben muß. Also den 26ten ist Dein Conzert?* und dann solls bald haimerl gehn? nun gott lob! also doch nur 5 Monat! Die Helfte ist überstanden. ach mein Alter! es war eine schwere Zeit!! aber wenn es vorüber ist, wird es doch eine schöne Erinnerung für Dich sein. Fürstnau scheint nicht ganz zufrieden mit seinen Aufendhalt, wenigstens schin mir seine Frau recht vertrißlich wie ich sie das letzte mal sah. Du schreibst mir nichts mehr über Deine Einnahme — doch ich sollte Dir ja nicht mehr nachrechnen können — meintwegen! kömst Du nur gesund wieder dann hab ich alles was ich wünsche[.] In unsern Hause geht es jetzt recht ruhig zu. Die Leute benehmen sich recht gut, besonderst Johan. Die HottoT sind dik wie die Kasten. könnte ich sie Dir doch hin zaubern. Du armer Mann! Daß Dir das gehen so sauer wird! so schlim dächt ich wäre es doch hier nicht gewesen. es ist doch gar so betrübt — villeicht wird es wieder beßer wenn das Wetter gut wird, denn unmöglich kan der orange gelbe Nebel von dem Fürstenau schreibt, Dir gut sein. In Hosterwitz will ich Dich dann schon recht hätscheln und pflegen und der liebe Gott wird seinen Segen geben, daß mein Alter sich wieder ganz erholt. Aber Du schreibst: ich sitze den ganzen Tag am Arbeits Tisch! warum denn jetzt noch? gönnst Du dir denn keine Erholung? bitte bitte mein lieber guter Mann! schone Dich, und arbeite jetzt nicht mehr, erhalte Dich für uns. ich bitte so sehr ich kann.
Gott segne Dich + + +. und schenke Dir das Einzige
was Dir fehlt: Gesundheit. ewig
Deine Lina
alle Freunde grüßen herzlich.
Editorial
Summary
Bericht nach G. Roth über den erfolglosen Auftritt von Marianne Wohlbrück (Marschners damalige Braut und spätere dritte Gattin) als Agathe, gute Presse über Oberon; ist sehr besorgt um seine Gesundheit; Information über einen konfusen Brief der Mutter, die 71 Jahre alt wird nach ihrer Meinung
Incipit
“Ich bin recht in Paken und Kramen vertieft”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 20Physical Description
- 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- Siegelspur u. -einriss
- mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
- PSt.: a) DRESDEN | 29. Apr. 26 b) F P O | MY - 8 | 1826
Thematic Commentaries
Text Constitution
-
“8”“5” overwritten with “8”
-
“8”“7” overwritten with “8”
-
“Aprill 1826.”added inline
-
“U”“u” overwritten with “U”
-
“schnellst”supplied by the editors
Commentary
-
“… daß sie nicht gefallen habe”Vgl. dazu auch die ambivalente Bewertung der fünf Gastauftritte (27. April Agathe, 16. und 28. Mai Myrrha, 21. Mai Donna Anna, 4. Juni Königin der Nacht) in der AmZ, Jg. 28, Nr. 29 (19. Juli 1826), Sp. 477, nach welcher sie „dem Publikum nicht ganz zu gefallen“ schien.
-
“… seiner Frau dort engagiert haben”Carl Devrient gastierte in Frankfurt/Main vom 20. April bis 3. Mai 1826; vgl. Anton Bing, Rückblicke auf die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters von dessen Selbständigkeit (1792) bis zur Gegenwart, Bd. 1, Frankfurt am Main 1892, S. 143. Ein Engagement kam nicht zustande.
-
“… wir säßen zusamen im Lusthaus”Gemeint ist offenbar der kleine Pavillon im Garten des Felsner’schen Hauses in Hosterwitz, den Weber im Tagebuch erstmalig 1822 erwähnt.
-
“… den Ferien vollens gar nicht”Osterspielpause vom 12. bis 28. März 1826.