Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Sonntag, 30. April und Montag, 1. Mai 1826

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To charles Maria v: Weber

Portland Street. Portland

Place by Sir george Smart

No 91.

London

erhalten London d: 10t May 1826.                
     btw ------ 12 ------- durch No. 27.

Da kömt eben der liebe Nachzügler No 20      Du bist böse daß ich nur alle 8 Tage schreibe? Bester liebster Mann! zeigen es denn die Datum meiner Briefe nicht daß ich öfter schreibe? regelmäßig alle Wochen zwey mal. Leider bekome ich auch nur alle 8 Tage Briefe, aber Du kanst nichts dafür, so wenig wie ich. Hätte ich Dir nur imer recht viel zu schreiben, aber unsere Tage vergehen so einfach daß ich alle Welt um Neuigkeiten für Dich plage. Gestern war noch Böttiger bey mir, der war ganz wüthent über das geringe Honorar was Du von Kemble bekömst*, ich soll an Dir hetzen daß Du nicht so gut bist, und nur immer andere reich machst. Das mit der Benefitz scheint recht gut zu sein, überhaupt gehen wohl die Geschäfte so übel nicht nach allen was ich berechnen kann, aber daß Du die Oper wieder zu wohlfeil verkauft hast, ist wohl keine Frage. Daß Dir mein Geliebter daß Conzert geben fatal ist, kann ich mir wohl denken, und ich sehe daß alles als die grösten Opfer an die Du uns bringst. Gott gebe daß Deine Kinder Dir es einst vergelten. Du glaubst uns im Duft der Blüten mein Alter? haben wir auch gleich nicht so extra schönen Nebel wie ihr, so können wir doch auch mit dem aller schlechtesten Wetter aufwarten. Ich bin aber auch so toll darüber, daß ich nun gewiß nicht ehr hinaus ziehe bis es unmenschlich schön ist. könntest Du mir doch von den Vorstellungen des Oberon, die Dir zu viel sind, ein paar ablaßen! ich habe eine rechte Sehnsucht nach ihm, aber so schön werde ich ihn wohl nie zusehen bekomen. Nun, erzählen sollst Du mir tüchtig! vergiß nur die Costüme nicht. Ja ich hoffe auch das Kuhn* von innen und außen Dir mehr hilft als alle Arzeney, habe auch kein bißel Vertrauen mehr zu der Aertzten und ihren Mitteln.      Unendlich leid wäre mirs wenn Fürstenau schlechte Geschäfte machte, die Leute | rechneten so sicher darauf — nicht wahr lieber Alter, wenn Deine Afairen gut gehen, und die Seinen nicht, dann nimst Du ihn umsonst wieder mit zurück? bitte bitte! sie haben auch 2 Kinder. Doch Deinen zu guten Herzen brauche ich so etwas nicht erst nahe zu legen.

Kann mir wohl denken wie Du armer Man mit Ansuchen aller Art bestürmt wirst, aber: das ist das loos des Schönen auf der Erde. Der Banquier der in München das Geschäft wegen den Privilegium* übernomen hat, heist Strasburger. Basange entfiehlt sich Dir bestens. Die Leutchen sind alle wie die Ohrwürmer, wie das hübsch ist wenn man die Frau einer großen Männe ist! bin aber auch nicht wenig stolz und aufgeblasen, und mögte gern die Nase noch höher tragen wenn es bey dem vielen Regenwetter nicht unbequem wäre. Ich meinen Hause ist’s wie ein Taubenschlag! Die Klingel steht nicht still. Die Leute wollen sich alle freuen, und ich soll’s auch sehen. Böttiger meint: die Theilnahme könnte nicht größer sein. Von Tieks habe ich auch viele Grüße zu schreiben. Die Mutter Tiek leidet aber schon seit 14 Tagen an Kopf Gicht. Alle Menschen werden bey dem Wetter krank, und man muß froh sein, wenn man wie ich, mit einen tüchtigen Schnupfen davon kömt.      Kanst du Dir wohl denken bester Carl daß ich diesen Monat 120 Thaler extra Ausgaben gehabt habe? es ist rein, um toll zu werden. schriebe ich nicht alles pünktlich auf, ich glaubte das Geld würde gestohlen. Der Haver kostet jetzt 1 Thaler 5 groschen, auch das Heu ist theurer, weil kein Futter wächst bey der Kälte

Den 1. May      Nun das nenne ich mir einen ersten May! als wenn der ganze Himel herunter wollte so hat es die ganze Nacht geregnet und regnet jetzt immer noch so fort. Es ist zum auswachsen. Es kann auch nicht einmal Jemand zu einen komen, die Leute müsten schwimmen | nur Keller kam, mir zu referieren wie gestern die Schweizer Familie ausgefallen ist. Die Dewrient hat sehr gefallen und ist heraus gerufen worden*, auch ist sonst alles gut gegangen. Riße hat den Grafen machen müßen, weil Herr Hauser nicht gewolt hat*. Meyer ist auch von seiner Reise nach Darmstadt zurük hat aber nur 2 mal gespielt: den Lisiard und den Kasper*. Er will das Treiben dort nicht loben.      Heute habe ich einen Spaß mit Rothe gehabt. Der hat mir nehmlich bey meiner Schusterin ein paar schöne Schuhe mit Korksolen für Hosterwitz bestellt, um mich draußen damit zu überraschen. Die Gans bringt sie aber heute her, und verlangt ein Thaler 16 groschen dafür. Ich konnte gar nicht begreifen wie ich zu den Schuhen kam, doch behielt ich sie weil sie mir gefielen. Nun kömt Rothe, sieht die Schuh, und ich erzähle ihm daß ich sie eben gekauft hätte. Da hättest Du seine komische Wuth sehen sollen! Die Frau hat sie zu ihm schiken sollen — na, wie habe ich ihn ausgelacht den guten Hamel.      Der Herr Hauptman grüßt auch schönstens, und läßt unterthänig an die Sämerey erinnern. Der arme Mann ist auch desperat da draußen auf seiner Pulvermühle. Heute ist Lottchens Geburtstag, habe aber nur eine Torte hingeschikt, kann bey mein Schnupfen unmöglich ausgehn in dem Wetter. Im Theater wird das Bild* gegeben — mögte es schon sehen — bin aber zu geitzig mir 2 Chesen zu spendiern, und die HottelT und der Johan dauren mich auch — also, es bleibt beim Alten u die Mukin zu hause. Auf Deinen nächsten Brief freue ich mich nicht, das wird wohl die Antwort auf meinen schlechten sein, wo die Schloßhunde* drin herum laufen na, machs nur gnädig, habe gewaltige Manschetten. Will aber auch gewiß nicht mehr so ängstlich sein, und Dir damit das Leben sauer machen, Du bist ja so eine arme Männe der sich über nichts freuen kann, aber das Aergern hast Du gewiß nicht verlernt.      Die Musik die Du Winkler geschikt, ist schon bey Kretschmer. Winkler will dann den Text unterlegen, er ist schon bald fertig damit, dann solls gleich fort gehn damit.* Unsere Buben sind kern gesund, nur ein bißel ungezogen weil sie gar nicht heraus können. Ach Gott! wäre ich nur erst in Hosterwitz!!

Adee für Heute mein lieber lieber Carl! Gott segne Dich + + + und erhalte Dich gesund. Alle Freunde grüßen herzlich, und Deine alte Mukin trükt Dich mit [unen]tlicher Liebe an ihr Herz ewig Deine Treue Lina

Editorial

Summary

berichtet, dass Böttiger wütend war über das schlechte Honorar für Oberon von Kemble; sie wird überlaufen von Bekannten, die sich alle mitfreuen wollen; Aufführungsbericht Schweizerfamilie; sie würde gern Das Bild sehen, aber das Wetter sei zu schlecht

Incipit

Da kömt eben der liebe Nachzügler No 20

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 21

    Physical Description

    • 2 Bl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • Siegelspur u. -einriss
    • PSt.: a) DRESDEN | 2. Mai 26 b) F P O | MY - 10 | 1826

    Corresponding sources

    • Worbs 1982, S. 149–153

Text Constitution

  • 9“6” overwritten with “9
  • “der”sic!
  • d“t” overwritten with “d
  • “unen”supplied by the editors

Commentary

  • “… was Du von Kemble bekömst”Vgl. dazu auch Böttigers Briefe an F. Rochlitz vom 14. Juni und an G. Smart vom 15. Juni 1826, den Brief von A. B. Fürstenau an Böttiger vom 3. Juli 1826 sowie Böttigers Berichte in der Allgemeinen Zeitung vom 26. Mai und vor allem vom 23. Juni 1826 sowie in der Zeitung für die elegante Welt vom 19. Juni 1826.
  • “… ich hoffe auch das Kuhn”Evtl. Georg Wilhelm Kuhn, Stadtphysikus, vgl. Dresdner Adreß-Kalender 1824, S. 125.
  • “… das Geschäft wegen den Privilegium”Das bayerische Privileg bezüglich der Oberon-Verlagsrechte wurde am 20. Juni 1826 erteilt.
  • Ichrecte “In”.
  • “… und ist heraus gerufen worden”W. Schröder-Devrient sang die Emmeline.
  • “… Herr Hauser nicht gewolt hat”Neben den beiden Genannten wirkten C. T. Geiling (Durrmann), K. Keller (Richard Boll), W. Müller (Gertrude), G. Bergmann (Jakob Friburg) und E. Detroit (Paul) mit.
  • “… den Lisiard und den Kasper”Mayer gastierte in Darmstadt am 2. April (in Euryanthe) sowie 9. April 1826 (im Freischütz); vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen 1826, S. 240.
  • “… Im Theater wird das Bild”Vorstellung am 1. Mai 1826 .
  • “… schlechten sein, wo die Schloßhunde”Tränen.
  • “… solls gleich fort gehn damit.”Betrifft Übersetzung und Anfertigung des Klavierauszuges zum Oberon (Nr. 19, 20 und 22).

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