Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London mit Nachschrift von Gottlob Roth
Hosterwitz, Donnerstag, 18. Mai 1826

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erhalten London d: 29t May 1826.
btw ---------------- 30  -------------
durch No. 32.

Mein innig geliebter Carl! Nachdem ich jeden Tag in die Stadt geschikt hatte um so schnell als möglich Briefe von Dir zu erhalten, kamen entlich heute No 24 und 25 zusamen. Daß ich Deine Briefe immer mehr verschlinge als lese, kanst Du denken, besonderst wenn sie 10 Tage aus bleiben wie diesmal. Aber wieder habe ich die Erfahrung bestätigt gefunden daß es beßer ist immer die Wahrheit zu sagen. Meine beiden Briefe No 12 No 13 und 14 haben Trotz meiner Mühe, ihre Schuldigkeit nicht ganz gethan und der gute Muks hält das für mangel an meiner unentlichen Freude, was — Krankheit war — Ja mein guter Alter! wenn ich mich nicht ganz so ausgedrükt habe wie ich wollte, so must Du das Deiner armen Lina zu Gute halten, denn in der Zeit muste ich im Bette kuschen und wuste vor Kopfweh nicht was ich schrieb. Ich weiß nicht: war es die Angst um Dich und die Oper, oder nur Erkältung, kurz ich bekam ein derbes Fiber, urinirte lauter Blut, so das Hedenus recht besorgt war. Wenn Du wüstest in welcher Stellung, in welchen Absätzen, und mit welcher Pein 3 Briefe von mir geschrieben wurden Du würdest sie villeicht nicht so vertrißlich angesehen haben. Mein Wille war gut, verzeihe mir, wenn ich es dennoch ungeschikt gemacht habe. Wie wäre es mir aber auch möglich gewesen dich armen Mann auch noch zu ängstigen? besonderst da ich fühlte die ganze Sache würde nicht viel zu bedeuten haben. und so war es auch! Den 8ten Tag konnte ich wieder aufstehen und erholte mich sehr schnell. Seit dem erfreue ich mich einer recht Guten Gesundheit, und besonderst ist mein Appetitt vortrefflich. Villeicht mein guter Mann hätte ich diese gut gemeinte Betrügerey Dir nicht schreiben sollen, weil ich fürchten muß Du wirst mir nun nicht mehr glauben wenn ich Dir schreibe daß wir wohl sind, aber so traurich das auch für mich ist, so will ich mir das doch ehr gefallen laßen, als in Deinen Augen ein ungenügsames, undankbares Geschöpf scheinen. Du lieber Gott! das wäre ich, wenn mir nur auch noch ein Wunsch bliebe, außer, Dich gesund zu wißen? Ich kann Dir nicht beschreiben wie glüklich Deine Lina über all das Gute ist, was Dir wiederfährt! Täglich danke ich Gott aus Herzens Grunde für die unentliche Gnade die er für uns hatt. |

Ich habe mir auch eben ausgesonnen wie ich es nun machen will damit die Männe glauben muß daß wir alle gesund sind. Der gute Rothe der keiner Unwahrheit fähig ist, muß mir allemal einen Attestat schreiben damit Du ruhig sein kanst. bitte bitte mein guter Carl, sey ja nicht bös auf mich, ich konnte es ja nicht anderst machen.

Also eine hübsche Brieftasche hast Du für mich bekomen? ist’s eine hübsche Frau die mir die Brieftasche schikt? — ja ich bedanke mich auch recht schön.      Deinen Empfang im Theater hatte ich schon gestern durch die Fürstenau erfahren die schon am Sonnabend einen Brief von ihren Mann bekomen hatte. Ach wenn ich nur einmal dabey sein könnte! Du glaubst nicht mein Alter, wie innerlich Stolz Deine Mukin ist! Böttiger, der immer den herzlichsten Theil nimt, hat mir heute auch sagen laßen daß er mir viel Schönes aus den Eng: Blättern mitzutheilen habe. Das die Oper von Herrn Beschop Beshop wenig Glük gemacht hat*, ist wohl natürlich wenn das Eng: Publicum Deine Musik lieb hat. es giebt keine 2 Mukse (unter uns!)      Leider haben wir jetzt auch wieder viel Kälte und Nebel, aber ich will alles geduldig ertragen wenn es nur dann schön ist, wenn die Männe kömt. Hab recht ins Fäustchen gelacht über den confusen Brief! bin froh daß Dir auch so was pasieren kann, wirst auch nächstens einen ähnlichen von mir bekomen. Mit den Numern bin ich während meiner Unpäßlichkeit auch ganz aus Reih und Glied gekomen, weiß gar nicht mehr wie ich nun dran bin. Ich will aber nun in Gottes nahmen meinen Schlendrian fortfahren.      Also Dein Magerl ist nicht gut? oh weh! Der Mensch lebt doch nicht vom Spargel allein! ach schone Dich nur ja recht! der arme Fürstenau ist auch recht unwohl gewesen wie ich höre? ach gott! wenn Dir nur nicht etwas Ähnliches pasiert! Diese Krankheit soll bey Fremden etwas gewöhnliches sein, aber wie leicht kann es auch schlimer werden wie bey Fürstnau. — das dumme Conzert! Damit hast Du also auch Mühe? Ey, ein Mann wie Du, dem sollten die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Du bist aber leider nicht so glüklich, Du must alles sauer erringen. Aber warte nur mein Alter, es wird alles desto beßer. und wenn das überstanden ist, dann wird die Mukin | unsere künftige Lebensweise ordnen, und dann solls recht lustig her gehen. ja im Ernst! ich bin in dieser Angst Zeit zu der Uiberzeuge gekomen daß wir es anderst anfangen müßen, und daß es nun Zeit ist das Leben zu geniesen.       Daß unser guter Rothe sich so herzlich wie ich über den glüklichen Erfolg Deiner Oper freute brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen, Du kenst ja Deine zweite Frau. daß ich in meinen Dusel vergeßen habe Dir seine Freude zu schildern, verzeiht er mir gewiß nicht. Alle Freunde haben mich in meiner Unpäßlichkeit treulich besucht. es war oft so voll bey mir, das Hedenus böse darüber war. Böttiger hat zu Stunden an meinen Bett geseßen, und mir die Zeitungen übersetzt. Gewiß mein Alter, man nimt auch hier den herzlichsten Theil, und wenn es die Leute auch nicht so äusern wie in London, so ist drum die Achtung nicht geringer die sie für Dich haben aber Du kanst nun einmal die armen Dresdner nicht leiden, und in manchen magst Du auch Recht haben, aber die guten Leute thun doch in ihrer Meinung so viel wie die Londner, und Du must, wie der liebe Gott, das Herz ansehen. Von Gottfried Weber habe ich Heute einen Brief erhalten, er schreibt wegen dem Privilegium: das es wohl gehen wird*. Der arme Mann ist schon wieder krank gewesen. Winkler lies mir sagen daß No 3 aus dem Oberon angekomen, und abgeschikt sey*. die Winkler ist heute früh mit einen kleinen Mädchen glüklich niedergekomen.      Also wegen den Schawel soll ich mich näher bestimen? nun wenn es sein muß so bitte ich, um einen weißen, und einen der die Farbe von Chokolade mit Milch hat, das ist jetzt hier die neuste Mode. macht es Dir aber Mühe einen solchen zu finden, so bitte ich, nimm was Du willst. Dein Geschmak ist viel beßer als der Meine. Für die Fräuleins dachte ich, solltest Du nur halbgrose Tücher mitbringen sie machen gewiß keine Ansprüche daß sie sein sollen wie die Meinen aber wenn Du es thust, so bringe was lebhaftes für die Tante, und was Todes für die Lotte. — Also das Kistchen darf ich nicht aufmachen? Oh du Grausamer! das ist hart! — aber ohne Dich wäre es auch nur halbe Freude. Du böse Männe hälst wirklich Wort, und schreibst mir gar nichts mehr von den Finanz Geschäften? mögte gern wißen ob Du zufrieden bist — schreibe mir nur ein bißel davon mein Alter, es intreßiert mich doch. wird aus dem Ben[e]fitz noch etwas? auch davon schreibst Du nichts mehr. Du denkst nicht daran, daß man vom Guten nicht zu oft hören kann.     Laß Dich nur in Paris nicht lange aufhalten, oder Dir gar eine OperT aufpaken! 2 Jahr darfst Du nun keine Note schreiben, ich werde strenge Polizey halten.

Nun muß ich leider schliesen denn ich muß noch Platz laßen für das Attestat. Du kanst mir glauben ich bin recht in Sorge daß Du böse über mich bist. Bitte bitte mein Alter Verzeihe der Betrügerin, ich will es auch gewiß nicht wieder thun. Nicht wahr Muks Du bist wieder gut, und giebst mir ein Bußel? ja ich sehe schon Du machst ein freundlich Gesichtel Deiner Dich unentlich liebenden Lina.

es ist der Minister Globig der gestorben ist.

Hochverehrter Herr KapellMeister! Der Raum erlaubt mir nicht mehr: als Sie herzlich zu grüßen, meinen verbindlichsten Dank für Ihre gütige Erinnerung an mich auszusprechen, und auf Verlangen Hochdero Frau Gemahlin, hiermit als redlicher Mann zu versichern: daß die hochverehrte Gnädige Frau Sich mit Ihren lieben Kindern und allen Hausgenoßen sehr munter und wohl befinden.

G. Roth.

Editorial

Summary

persönliche Mitteilungen und Bericht von Winkler, dass Nr. 3 aus dem Oberon angekommen und abgeschickt sei; am Ende des Briefes 4 Zeilen Testat von Gottlob Roth über das Wohlbefinden von Caroline von Weber und den Kindern

Incipit

Nachdem ich jeden Tag in die Stadt geschikt hatte

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 26

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • PSt.: a) DRESDEN | 18. Mai 26 b) F P O | MY - 29 | 1826 c) NOON | MY - 29 | 1826 d) ALLEMAGNE | PAR | FORBACH

Text Constitution

  • 4“0” overwritten with “4
  • No 12”added in the margin
  • 3“4” overwritten with “3
  • “und 14”crossed out
  • t“d” overwritten with “t
  • S“s” overwritten with “S
  • Gesundheit“Geduntheit” overwritten with “Gesundheit
  • s“ß” overwritten with “s
  • d“w” overwritten with “d
  • “… mir”dreifach unterstrichen
  • j“n” overwritten with “j
  • “Beschop”crossed out
  • F“V” overwritten with “F
  • “aber”added in the margin
  • No“3” overwritten with “No
  • “… solchen zu finden, so bitte”dreifach unterstrichen
  • M“m” overwritten with “M
  • d“t” overwritten with “d
  • M“m” overwritten with “M
  • “… ”Postskriptum am linken Rand der zweiten Briefseite:

Commentary

  • “Das die Oper … Glük gemacht hat”Vgl. Webers Kommentar zur Aufführung von Bishops Oper Aladdin im Brief vom 30. April bis 2. Mai 1826.
  • “… das es wohl gehen wird”Das hessen-darmstädtische Privileg zum Schutz der Oberon-Verlagsrechte wurde am 26. Mai 1826 erteilt.
  • “Winkler lies mir … und abgeschikt sey”Vgl. Kommentar im Brief von Caroline an Weber vom 13./14. Mai 1826.

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