Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Hosterwitz, Sonntag, 28. Mai 1826
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Ich dachte schon heute würde kein Brief vom guten Muks komen, aber eben komt noch Dein liebes No 28 von 16ten da kann ich denn nicht ins Bettel gehen ohne noch mit Dir ein bißel zu plaudern, und Dir auch meine wichtigen Begebenheiten mitgetheilt zu haben. Aber erst muß ich Dein Briefel beantworten. Also der Kaffee will nicht mehr schmeken? oh Du armer Mann! Du bist doch würklich recht übel dran! war denn kein türkischer Waizen zu habn? Der hat Dir doch ziemlich gut gethan? ich trinke schon lange keinen Cacao mehr, mir war er auf einmal ganz zuwieder geworden, auch nährt er sehr und verstopft; auch halte ich auf das viele wechseln nichts. laß nur ja nicht so viel an Dir herum doctorn bester Mann, Ruhe und frische Luft sind gewiß die besten Medizinen für Dich. Also den 14ten hast Du einen schönen Tag verlebt? Da warst Du glüklicher als wir, denn den ersten Feyertag war es bey uns schrekliches Wetter. Den ganzen Tag hatten wir Sturm und Regen. Hoffendlich werdet ihr den 26t auch ander Wetter gehabt haben als wir, denn da war es bey uns gar schön, und für das Conzert wäre das wohl nicht fortheilhaft. Ich bin richtig nicht nach Wesenstein gefahren um h‡ir recht ungestört — Angst haben zu können — den ganzen Tag war ich in Gedanken bey Dir, half Dir bey dem langsamen Anziehn, ging dann um 7 Uhr mit Dir‡ ins Conzert hörte Dich spielen pp und konnte auch nicht ehr einschlafen bis ich vermuthen konnte, das Conzert sey aus. Ja lache nur über die ewig ängstliche Mukin, ich bin und bleibe nun einmal ein Oz. Die schöne Partie nach Greenwich* hätte ich schon mitmachen mögen, aber lieber wäre mir es doch gewesen, wir wären zusamen auf die Keppmühle gegangen nun das wird hoffendlich ehr geschehn als ich die Themse zu sehen bekome, habe aber auch just keine große Sehnsucht danach. Also auch ein bißel erkältet hast Du Dich? doch nicht auch so ein Anfall wie Fürstnau hatte? doch Du bist den andern Tag | ja wieder ausgegangen, das beruhigt mich. Nim Dich nur ja recht in Acht mein Alter besonderst bey den warmen Tagen. Du bist ungeduldig lieber Carl über das gehetze der Leute wegen den Oberon Honorar? bitte, sey nicht bös! es war dum von mir von einer Sache die nicht mehr zu ändern ist noch so viel zu reden, gewiß soll es nicht mehr geschen lieber Muks, sey ja nicht bös! Der alte Böttiger war diesmal Schult und der Mensch muß doch auch etwas zu schreiben haben.
Große Vorstellungen mache ich mir gar nicht, darüber kanst Du ruhig sein, ich weiß ja was so ein Aufendhalt kostet, und das die Engländer das Geld auch nicht mit vollen Händen geben. Kom Du nur gesund wieder. daß ist das gröste Kapital was Du uns bringen kanst. wenn ich so habsüchtig frage, so soll das nur ein gnädiger Spaß sein, und Du must Dir dazu ein recht fröhliches Gesicht denken. Du weist ja mein Alter, die Mukin ist nicht geizig, und Geldgirig. Gestern waren Hausers wieder bey mir, aber diesmal ganz desperat. Lüttigau hat ihn plötzlich abgedankt, und ihn dadurch in die gröste Verlegenheit gesetzt, weil seine Frau im 6t Monat schwanger ist*. Hausers Contrakt geht nehmlich anfangs Juni zu Ende, und sie konnten sich bisher wegen der neuen Bedingungen nicht vereinigen, nun läßt ihn Lüttigau vorgestern rufen und erklärt ihm das er gehen könne weil die deutsche Oper ihm zu viel koste — —
Ich bin recht froh wenn er sie alle gehen läst; aber unrecht, und unmenschlich müste er doch nicht handlen da haben ihn seine Räthe wieder übel bedient. Hauser wird natürlich nicht schweigen, und jederman wird einsehen das, da von keiner Entlaßung, nur von Abzug die Rede war, sein jetziges Verfahren — nicht recht ist. So wird er bald alles Zutraun verlieren, und das Publicum wird nun, von dem Plan, die deutsche Oper eingehn zu laßen unterrichtet | und dadurch gewiß nicht beßer für ihn gesinnt. Nun und Tiek vollens!!! Dem wird alles in die Schuh geschoben. Neues ist sonst beim Theater nichts pasiert. Morgen komen Kellers heraus, da werde ich wohl wieder was erfahren. Also entgegen komen sollen wir nicht? nun Du hast wohl Recht! es ist nur so eine halbe Freude unter Fremden. auch könnte ich den Alex nicht mit nehmen weil die Fürstenau doch auch gern eins von ihren Kindern mit nehme (und Rothe könnte unmöglich zu haus bleiben) so würde uns doch etwas fehlen. Hosterwitz hat ja einmal schon unsere Freude bey Deiner Rükkunft* gesehen, so mag es zum zweiten, und letztenmale auch so sein. Aber Fürstnau darf nun auch nicht plaudern wann ihr kömt, sonst läuft seine Frau allein ihm entgegen, und das wäre schlecht. Herr Schlesinger wollte mir die 1500 Th in Tresor S‡cheinen oder in baaren Geld schiken, ich habe ihn aber ersucht er mögte es mir bey einen Banquier anweisen (Engelhard gab mir den Rath) der alte Kerl ist und bleibt ein quengeliger Jude. Heute besuchte mich auch Hedenus, der Dich herzlich grüßt, er freute sich sehr über Max und Alex, es ist aber auch eine Freude die Buben zu sehen. nur entsetzlich braun werden sie beide, Max lernt alle Tag ein bißel bey Rothe, aber das sitzfleisch fehlt noch. Den Vater soll ich ja immer von ihm grüßen und ihn bitten bald zu uns zu komen. Über mein Aussehen freuen sich die Leute auch, ich befinde mich aber auch sehr wohl, und habe besonderst ein guten Appetit. Spazieren muß ich auch alle Tage mein freundlicher Zuchtmeister thuts nicht anderst. Rothe grüßt Dich herzlich, und befindet sich hier recht gut. bis aufs Kreuz. Verbiets Du mir noch nicht das Schreiben? ah wäre es schon so weit!!
Gott segne Dich mein innig geliebter Theurer Carl. sey ja nicht bös wenn ich was dumes schreibe bitte, bitte! ich umarme Dich und ge[be Dir gute]‡ gute + + +. ewig Deine Lina.
Editorial
Summary
sorgt sich um sein Befinden; Besuch von Hausers, die beide von Lüttichau gekündigt sind, Deutsche Oper scheint eingehen zu sollen; Schlesinger hat sie gebeten, die 1500 Taler einem Bankier zu überweisen; ist vom Gedanken, ihm entgegen zu reisen, wieder abgekommen
Incipit
“Ich dachte schon heute wieder kein Brief”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Thematic Commentaries
Text Constitution
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“… No 25”Briefnummer von fremder Hand gestrichen und mit Bleistift 28 darüber geschrieben
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“h”“m” overwritten with “h”
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“… um 7 Uhr mit Dir”vermutlich gelöscht
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“S”“s” overwritten with “S”
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“be Dir gute”supplied by the editors
Commentary
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“… Die schöne Partie nach Greenwich”Am 14. Mai 1826 unternahm Weber mit Smart und Fürstenau eine Fahrt nach Greenwich; vgl. Tagebuch.
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“… 6 t Monat schwanger ist”Sohn Moritz Heinrich kam am 28. August 1826 zur Welt.