Stellungnahme der Chézy betreffs Honorarforderungen zur “Euryanthe”
Wien, Mittwoch, 15. Oktober 1823

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Der königliche Capellmeister C. M. von Weber hatte mir am 13 Julius 1823 in Dresden versprochen in einer bleibenden Formel um ein anständiges Honorar für die Dichtung Euryanthe die derselbe nicht zu seinem Eigenthum erkauft hat, von der verehrl. H.[aupt] Theaterdirektion beym Verkauf der Oper mit auszubedingen*.

Ruhig über diesen Gegenstand, in der festen Hoffnung der Ruhm anständig und würdig für seinen Dichter gesorgt zu haben gehöre mit zur innern Beruhigung u zum äußern Ruf eines so hoch stehenden Mannes verlor ich kein Wort mehr über die Sache, bis ich mehrere Wochen nach Hrn Webers Ankunft in Wien mich veranlaßt fand, überall, wo ein Ertrag für meine litterarischen Bemühungen zu hoffen, um denselben anzusuchen, mithin auch dem H. K. v. Weber die Bitte als Freund zu thun, mir einen Abschlag auf das, wahrscheinlich in kurzem von mehrern Seiten eintreffende Honorar für meine Operndichtung auf das herzlichste u vertrauenvollste zu ersuchen.

Der H. K. v. Weber überraschte mich mit der Erklärung, Er könne für nichts in der Welt einstehn, mithin nichts auf Abschlag geben. Die ganze Sache sey ein bloßer Versuch.

Da nun meine Dichtung kein Versuch ist, sondern in ihrer Eilften Umarbeitung vollkommen den Wünschen und Absichten des Compositeurs entspricht, nachdem | die Achte Umarbeitung in zwey Akten bereits von Ihm und von der k. k. Administration des H. O. Th. in Wien recipirt von der Censur admittirt, u für Wien honorirt war, so konnte ich mich bey dieser, mich vollkommen benachteiligenden Erklärung nicht beruhigen, und ersuchte den H. K. von Weber mich durch eine Versicherung auf 600 Thaler, worin 25 mir vorgeschossene Dukaten mit einbegriffen*, zu beruhigen, da meine Dichtung unmöglich umsonst mit in den Kauf gehen kann, u die lange, anhaltende Bemühung noch nach der 8ten Umarbeitung seit Februar 1822 wohl verdient daß mir ein bescheidener Antheil an dem Erfolg zugesichert werde.

Bey dem Mißverstehen meiner Ausdrücke, welche nur H. v. Webers irrige Ansicht von seiner Pflicht gegen mich, nicht seiner Rechtlichkeit u Ehrliebe anzugreifen gemeint waren, blieb mir nichts übrig als H. v. Weber in Gegenwart seines Freundes Castelli zu erklären:*

Ich wollte H. v. Weber die Achte Umarbeitung der Euryanthe in Zwey Akten, in der Gestalt, wie sie von der k. k. Administration in Wien recipirt u von den O. k. k. Censurbehörde admittirt war, März 1822, u mit 30 Dukaten für Wien honorirt*, nicht aber und mit nichts vom Compositeur, wie ich im Februar 1822 bereits freywillig u schriftlich gethan, überlassen, auch gestatten daß die neue Umarbeitung in drey Akten und mit | der neuen Catastrophe hier in Wien aufgeführt werde, allein nirgend sonst, u überhaupt von H v Weber nicht benutzt werden könne.

Hierauf wurden noch mehrere Worte gewechselt und H Castelli bat den H. K. von Weber bey dem Vorschlag stehn zu bleiben, den ich that: Er solle mir eine jetzt zu bestimmende Summe ein für allemahl zahlen, um das Eigenthumsrecht zu kaufen.

Herr von Weber aber schlug dagegen vor mir 50 Dukaten auf Abschlag zu geben, u ich nahm den Vorschlag unter der von H. v. Weber selbst anerbotnen Bedingung an: daß er mir den eben noch sich ergebenden Ueberschuß von den einkommenden Honoraren auszahle.

Die mir bey H. Musikverleger Steiner aber heut 15 Okt: vorgelegte Clausel, würde mich nicht blos zu Hn Webers Schuldnerin machen, im Fall er mein Interesse mit Lauigkeit betreibt, sondern ich soll mich für diese Abschlag-Summe, die er mir jetzt nur als Darlehn bewilligen will auch zugleich meiner Eigenthums Rechte entäußern.

Noch bis jetzt ist es unerhört gewesen daß ein Compositeur eine Operndichtung für ein Darlehn erstanden. Ich kann in diese Clausel nicht willigen.

Verpflichtet für die Bereitwilligkeit H. von Webers, mir in einem Augenblick, wo ich es wünschen muß durch einen Abschlag auf den Ertrag | unsrer Unternehmung beizustehen – und beseelt von dem herzlichsten Wunsch ihm in keiner Rücksicht weh zu thun, schlage ich folgende Clausel vor:

Ich unterzeichnete bekenne vom K. K. C: M. v. Weber auf Abschlag von dem für meine Operndichtung mir zukommenden Honorare von 13 H. Th. Direktion[en] 50 Dukaten in Wien 16 Okt: u 25 Dukaten in Berlin Nov: 1822 empfangen zu haben, da Herr von Weber statt jeder persönlichen Abfindung mit der Dichterin sich verpflichtet hat in einer von ihr selbst entworfenen Formel ein anständiges Honorar von den Direktionen zu Berlin, Darmstadt, Dresden, Cassel, Hannover, Braunschweig, Carlsruhe, München, Frankfurt a/M. Stuttgart u Prag zu verlangen*.

Der H. Kapellmeister von Weber verspricht den Ueberschuß von 75 der Dichterin vorgeschossenen Dukaten, je nachdem die Honorare eintreffen, an dieselbe einzusenden, wogegen ihm die Dichterin von jetzt an volle Freyheit giebt die Dichtung Euryanthe in ihrer jetzigen Gestalt, wie sie sie im Junius a. c. mit der letzten Handanlegung für ihn vollendet an alle deutschen Theater Direktionen (mit Ausnahme derjenigen im Auslande z: B: Holland, Elsaß Stockholm, Petersburg) u zum Klavier Auszug mit seiner Musik zu verkaufen.

Editorial

Summary

Entwurf einer (vermutlich unveröffentlichten) Stellungnahme der Chézy betreffs Honorarforderungen gegenüber Weber zur “Euryanthe”

Incipit

Der königliche Capellmeister C. M. von Weber hatte mir am 13 Julius 1823

General Remark

vgl. TB 13. Juli 1823 und Korrespondenz zwischen Chézy und Weber von Juni/Juli 1823, außerdem Brief von Weber an Caroline vom 12. Oktober sowie TB-Eintrag vom 12. Oktober und 23. Oktober 1823

Creation

15. Oktober 1823

Responsibilities

Übertragung
Veit, Joachim

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (D-Bbbaw)
    Shelf mark: NL H. von Chézy 100

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S.)

    Corresponding sources

    • Till Gerrit Waidelich, „Durch Webers Betrügerey die Hände so gebunden“. Helmina von Chézys Kampf um die Urheberrechte an ihrem Euryanthe-Libretto in ihrer Korrespondenz und Brief-Entwürfen, in: Weberiana. Mitteilungen der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e. V., Heft 18 (2008), S. 53–56

Text Constitution

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  • Vorschlagdeleted text illegible
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Commentary

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