Friedrich Rochlitz an Carl August Böttiger in Dresden
Leipzig, Samstag, 29. März 1828

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Ich folge Ihrer Aufforderung, liebster Freund, und bringe mein Blatt bald genug. Zuvörderst ist es Ihre Frage, Tzschirners* Nachfolger betreffend, die mich zum schnellen Antworten bringt. Nicht als ob ich die allergeringste persönliche Absicht, Hinsicht, Rücksicht dabey hätte: die Sache ist mir wichtig, weil sie überhaupt wichtig ist und mir am Herzen liegt; und Sie können von mehrern Seiten, vielleicht am meisten durch den verehrten Nostitz, zu deren gesegneter Förderung beyhelfen.

[…]

Der neue Wiener Consul*, der eben erwartet wird, soll ohne Vergleich für uns und seinen Posten ohne Vergleich passender seyn, als Müller* es war. Mit der Meß-Ausstellung | östreichischer Erzeugnisse ist es nun ernstlich gemeynt und das Locale gemiethet, so gut, als es nur die Stadt hat. — Daß es mit der Dresdner Industrie-Schule so schnell gehen würde, hätte ich nicht erwartet. Möge nur auch genugsame, d. h. rasche, zweckmäßige, mehr auf das Große als Kleine gerichtete Thätigkeit in derselben und für dieselbe hinzukommen! — Daß unsers lieben Webers Oberon nach u. nach mehr Anerkenntnis und Beyfall findet, muß mich freuen. Aber ihn in seiner Art fassen und sich wahrhaft aneignen: das werden die Dresdner nie. Sie sind gar zu sehr an die italienische Weise gewöhnt und (durch die ausgezeichneten Virtuosen) gar zu sehr für sie gewonnen: Webers Weise aber ist nicht nur eine andre — das möchte hingehen — sondern die entgegengesetzte; jene, immer neuer, immer feinerer Sinnenreiz: diese, Geist und Charakter. Für Beyde hart neben einander gestellt, in gleichem Maaße fähig zu seyn: dazu gehört mehr, als man einem vermischten Publicum zutrauen oder zumuthen kann. Tieck ist wahrhaftig besser, als man ihm in Dresden zugesteht. Das Komödiantenvolk, und was sich zu diesem hält, hat ihn erbittert und auf die Spitze getrieben, wo er nun steht, und griesgramt und schilt, aber blutwenig damit erreicht. Er müßte die Stelle aufgeben. Aber freylich: er ist in Schulden, zum Arbeiten träge und langsam, an manche nicht wohlfeile Genüsse gewöhnt pp So wird mit Ihrem Theater nichts wahrhaft Ausgezeichnetes, und mit unserm ists gar aus. Immerhin! —

Von HerzenIhrRchz.

Editorial

Summary

informiert über Wechsel des österreichischen Konsuls und freut sich über die zunehmende Akzeptanz des Weberschen Oberon in Dresden, wenngleich er glaubt, dass das Dresdner Publikum mehr der italienischen Oper zugetan bleiben wird

Incipit

Ich folge Ihrer Aufforderung, liebster Freund,

Responsibilities

Übertragung
Joachim Veit

Tradition

Text Constitution

  • “ohne Vergleich”crossed out
  • “d. h.”added inline
  • an“für” crossed out and replaced with “an
  • diesem“ihnen” overwritten with “diesem

Commentary

  • “… ist es Ihre Frage, Tzschirners”Heinrich Gottlob Tzschirner (1778–1828), Theologe u. Universitätsprofessor in Leipzig.
  • “… Der neue Wiener Consul”Lothar (Martin) Ritter von Berks (1809–1890), Generalkonsul für Sachsen in Leipzig.
  • “… Vergleich passender seyn, als Müller”Adam (Heinrich) Müller Ritter von Nitterdorf (1779–1829, 1826 geadelt), 1815 bis 1827 als österreichischer Generalkonsul für Sachsen in Leipzig.

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