Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Mantua
Prag, Donnerstag, 1. Dezember 1814

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S: Wohlgebohren

dem Herrn Johann Gänsbacher

Oberlieutnant im K: K: 2t

Battaillon des löbl. Fennerschen

Tyroler Jäger Corps

dermalen

in

Mantua*

Geliebter Bruder!

Aufs gerathewohl schikke ich diese Zeilen in die Welt, denn es ist mir gar zu schmerzlich nichts von dir zu hören, und nicht zu wißen wie und wo du lebst. ich höre so durch die 10te Hand, daß du wieder oder noch in Mantua bist, und somit mag dieser Brief dahin spazieren.      Meinen Brief vom 9t October den ich dir nach Botzen post restant schrieb, hast du wahrscheinlich nicht erhalten, schreibe doch deßhalb an das dortige Postamt.

Ich möchte dir gerne recht viel Neues von hier schreiben, wenn es etwas gäbe. nach und nach kömt jezt so alles vom Lande herein und der alte Kreißlauf beginnt. ich komme beynah nirgends hin als zu unserm Kleinwächter und zu Clams. Christel war recht krank an einer Halzentzündung, und die Comtesse Caroline wäre beynah verbrannt, am Kamine wo ihre Kleider Feuer fingen; Sie glaubte sich verlohren und wollte schon um schneller zu sterben sich in den Kamin stürzen als der HofMster sie noch rettete.      Liebichs haben einen Garten am Ziska Berge gekauft, sind wohl und grüßen. der alte Don Juan Passi, ist jezt hier. wird bey Liebichs gefüttert, und spielt den KapellMster im Corsar aus Liebe, recht brav. Mein Orchester beßert sich täglich, und habe ich eine herrliche Aquisition an einem guten Oboisten gemacht, der mit Seele und Fertigkeit bläßt. ich habe d: 21t Fidelio* von Beethoven gegeben, der trefflich gieng. es sind wahrhaft große Sachen in der Musik, aber – sie verstehens nicht, – man möchte des Teufels werden, Kasperl das ist das wahre für sie.      Andreas Romberg war hier und hat ein Concert gegeben*, ohne sonderlichen Beyfall aber guter Einnahme das Billet 5ƒ, Er nahm 1100ƒ ein.

Bärmann und die Harlas kommen im Februar hieher. Meine Freude kannst du dir denken.      Bey Junghs ist alles beym alten.      Maldini hat die Lotte Vignet geheyrathet und ist jezt sehr krank. da hast du alles wißenswerthe. Ich bin gesund, habe viel arbeit und bemühe mich ein ruhiges Gemüth zu haben, was aber unmöglich ist, wenn man liebt und der Zweifel Satan hinten und vorn seine Krallen ausstrekt.

O hätte ich dich doch hier um an Freundes Brust alles ausschütten zu können.      Schreibe mir doch ja bald wieder, und ausführlich wie es dir geht, und was du treibst, und zeige dadurch daß du nicht ganz vergißt deinen dich innigst liebenden Bruder Weber.

das Violoncell ist da
und wird bewundert*.

Editorial

Summary

berichtet über Prager Neuigkeiten, einzelne Pers. betr.

Incipit

aufs gerathewohl schikke ich diese Zeilen in die Welt

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Wien (AT), Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde (A-Wgm)
    Shelf mark: Weber an Gänsbacher 35

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • am rechten Rand der Adressenseite Echtheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): Eigenhändig v. Carl Maria v. Weber.

    Corresponding sources

    • Nohl 1867, S. 243–244 (Nr. 34)

    Commentary

    • “… Mantua”Von fremder Hand gestrichen und ersetzt durch: Padova.
    • “… habe d: 21 t Fidelio”Unterstreichung später von fremder Hand, ebenso das X am linken Blattrand.
    • “… und hat ein Concert gegeben”Zu Rombergs Prager Konzert am 23. November 1813 vgl. auch den Kommentar zum Brief vom 3.–16. November 1814.
    • “… ist da und wird bewundert”Gänsbacher vermittelte den Verkauf eines Stradivari-Cellos von Johann Anton Fen(d)t (ca. 1748–1822) aus Bozen an Ignaz Kleinwächter in Prag.

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