Carl Maria von Weber an Philipp Jungh in Prag
München, Freitag, 11. August 1815

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Mein lieber theurer Freund!

Endlich erhielt ich deinen lieben Brief vom 12t July d: 31t und wenn ich ihn nicht sogleich beantwortete so geschah das nur um dir den Erfolg meines Concertes zu erzählen. Sehr hat mich die Schilderung der Leiden deiner armen Fanny ergriffen*, und Gott sey gepriesen daß es so glüklich endete, wozu ich dir und ihr von Herzen Glük wünsche. der Aufenthalt in Karlsbad wird dir auch sehr gut gethan haben, und somit hoffe ich euch alle kerngesund und wohl zu finden.      Was mich betrifft so hat sich meine Gesundheit auch merklich gebeßert, ich soll sehr wohl aussehen sagen die Menschen, aber damit ist noch nicht immer alles gethan. Mein Magen ist beßer der Kopf noch oft eingenommen. meine Seele aber trübe, doch etwas gefaßter.      da hast du meinen Zustand nun will ich dir referiren.      d: 28t Juny schrieb ich dir zum leztenmale. meine Zeit theilte sich in arbeiten, spielen und den nothwendigsten Besuchen, und mein Concert wurde durch mancherley Hinderniße herumgeschoben bis ich es endlich d: 2t August losliesT. ein brechend volles Haus und wahrhaft enthusiastischer Beyfall war mein Lohn. ich schikke dir hier die Zeitungs Annonce*, und auch das Blatt wo meine Ankunft erwähnt wurde*. Wenn ich an fremde Orte kome, so sieht man es für eine die Stadt intereßirende Begebenheit an, und sezt es in die Zeitung, in der Stadt die mich besizt, in Prag, kann ich kommen und gehen, es bekümert sich kein Mensch darum.

Willst du wohl so gut sein und allenfalls sorgen daß dieser Artikel aus der Münchner Zeitung auch in die Prager komme?*

d: 3t August spielte ich bey dem Vizekönig von Italien. d: 4t reiste ich mit Bärmann nach Augsburg. d: 8t gaben wir da Concert, ebenfalls mit dem glänzendsten ErfolgeT. d: 9t traf ich wieder hier ein, und sizze nun still und ruhig bis d: 7t September hier, indem ich eine große Arbeit übernomen habe, der ich mich nun ganz widme. ich schreibe nehmlich eine Kantate, auf die Schlacht von belle Alliance. ich hoffe es soll ein Werk werden, das nicht blos Gelegenheits Sache genannt werden darf, sondern leben bleiben wird.

Unvermuthet kam hier der Oberst Call an*, der quittirt hat, und brachte mir einen Brief von Gänsbacher, der wohl und gesund in Insbruk ist, 2 Battallion organisirt und DivisionsKomandant ist. Call kann ihn gar nicht genug loben. Wenn wir den alten Kerl nur einmal wieder in unsrer Mitte hätten. Gestern früh erhielt ich von dem Vizekönig Prinz Eugen, einen Brillant Ring mit seiner ChiffreT, und den Wortenaus Achtung für meine ausgezeichneten Verdienste pp auf eine sehr schmeichelhafte Art, welches ich dich auch bitte dem Prager Publikum durch Schönfeld zu Ohren zu bringen.      Liebich hat mir auch geschrieben, und dringt | sehr auf meine Rükkunft. ich verdenke es ihm nicht, aber mir noch weniger, wenn ich keinen Tag meines Urlaubs im Stiche laße. es graut mir ordentlich vor meiner Rükreise. manche Wunde die noch gar nicht heil ist, wird neuerdings aufgerißen werden. ich werde es dulden und tragen wie ein Mann, das weis ich, aber ist der Schmerz deßhalb geringer?      Wir haben fleißig korrespondirt, nur seit etwa 14 Tagen habe ich keinen Brief von ihr bekommen* was mich sehr besorgt um ihre Gesundheit machte, nun habe ich aber zu meiner Freude und Beruhigung gestern aus Liebichs Brief gesehen, daß Sie wohl ist, und somit mag Sie wohl selbst diese lezten Reste abzubrechen suchen. in Gottes Nammen.

Wenn du Zeit hast lieber Bruder, so erfreue mich noch durch ein paar Zeilen, damit ich weis, wie es dir und den deinen geht. ich grüße herzlichst, Mutter, Frau und Kinder nebst Bruder, und mein Hausherr Bärmann deßgleichen. Lebe wohl und zufrieden und behalte lieb deinen unveränderlichen treuen Freund Weber

Editorial

Summary

äußert seine Erleichterung über das Genesen Fanny Junghs; schildert seinen eigenen Gesundheitszustand; berichtet über Erfolg seiner Konzerte in München u. Augsburg und bittet Jungh, etwas davon in die Prager Zeitung zu bringen; berichtet über sein Vorhaben, eine Sieges-Kantate zu komponieren; habe über Call Nachricht von Gänsbacher erhalten; werde nicht vor Ablauf seines Urlaubs nach Prag zurückkehren; betr. Caroline Brandt

Incipit

Endlich erhielt ich deinen lieben Brief vom

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: München (D), München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriften- u. Inkunabelabteilung (D-Mbs)
    Shelf mark: Autogr. Cim. Weber, Carl Maria v., A / 71 / 1055

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • Am Fuß Anm. von frd. Hd.: “An Med: Dr Jung in Prag.”

    Provenance

    • Gilhofer & Ranschburg (Wien), Auktion 21 (29./30. Okt. 1906), Nr. 351
    • Cohn, Albert (Berlin), Verst. 20.-25. März 1893, Nr. 1637
    • ebd., Verst. 27. Jan. 1891, Nr. 1113
    • ebd., Lagerkat. 191 (1888), Nr. 1661; Cohn, Albert: Kat. ?? (Angaben fehlen), Nr. 376
    • 1868 mit der Sammlung von G. A. Petter an dessen Bruder Th. Petter übereignet

    Corresponding sources

    • Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
      Shelf mark: Weberiana Cl. II B 2a, 11, S. 815–817

      Physical Description

    Commentary

    • “… Leiden deiner armen Fanny ergriffen”Vgl. dazu die Nachschrift in Webers Brief an Johann Gänsbacher vom 11. August 1815.
    • “… dir hier die Zeitungs Annonce”Weber legte den Bericht aus der Münchner politischen Zeitung vom 5. August 1815 bei.
    • “… wo meine Ankunft erwähnt wurde”Münchener Politische Zeitung, Jg. 16 (1815), Nr. 151 (29. Juni 1815), S. 677: „Auch der berühmte Kompositeur, Hr. Operndirektor und Kapellmeister Karl Maria von Weber aus Prag erfreut uns wieder mit seiner Gegenwart und wird uns nächstens in einem großen Vocal- und Instrumentalkonzerte neue Proben von der Vortrefflichkeit seines Spiels und seiner Komposition liefern.“
    • “… auch in die Prager komme?”Eine Notiz über Webers Münchner Konzert am 2. August 1815 erschien bereits am 13. August 1815 in der Prager Zeitung.
    • “… hier der Oberst Call an”Vgl. den Tagebucheintrag vom 2. August 1815.
    • “… keinen Brief von ihr bekommen”Den letzten Brief von Caroline Brandt hatte Weber laut Tagebuch am 30. Juli 1815 erhalten.

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