Carl Maria von Weber an Carl Graf von Brühl in Berlin
Dresden, Dienstag, 17. März 1818

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Hochgebohrner Herr Graf!Δ

Ich habe recht auf HochderoΔ gütige Nachsicht zu rechnen, daß ich [nicht]Δ früher schon auf den erneuten Beweiß Ihrer fortdauernd schm[eichel]haftenΔ Gesinnungen fürΔ mich, antwortete.      Aber die Vollendung einer Meße, die mich neben meinen vielen Dienstgeschäften Δ buchstäblich Tag und Nacht beschäftigte, ließ mich zu nichts kommen, und, auch ehrlich und offen wie immer, sey es gesagt, die Beantwortung Ihrer Anfrage* sezt mich in eine — wenn gleich erfreuliche — doch nicht geringe, Verlegenheit.      Sie haben einen Zeitpunkt getroffen, in dem ich Manches Bittere erfahren, manchen schweren Kampf zu kämpfen habe.      AberΔ eben deßhalb wollte ich, davon aufgereizt, nicht durch eine vorschnelle Antwort das viele Gute, die Achtung und Zuneigung des grösten Theil des Hofes, und vorzüglich meines hochverehrten Cheffs – vergeßen zeigen. DaΔ Dankbarkeit für das mir Erwiesene, ich für eine meiner ersten und schönsten Pflichten halte. Und – wo giebt es in unserem Wirkungskreise keinen Verdruß?Δ

Ich kann mich also nur auf unsereΔ frühere Korrespondenz beziehen, und endlich das sagen, was ich vor meinem König und der ganzen Welt nicht zu verhehlen brauche; nehmlich, — werden mir, meine jezige Existenz so bedeutend überwiegende Vortheile geboten, daß es wieder meine Pflicht als einstiger FamilienVater wäre sie auszuschlagen, so würde ich nicht dagegen handeln. AußerdemΔ aber nicht leicht, einen Herrn den ich achten muß, einen Cheff und Kapelle die ich ehre und liebe, und ein freundliches Publikum verlaßen.

Vertrauen gegen Vertrauen, das E: Hochgebohren gewiß freundlich aufnehmen werden, da es blos die Grundsäzze des ehrlichen Mannes darlegt; und ich mir es sogar versage, Ihnen alleΔ das Schmeichelhafte auszusprechen, wozu ich so sehr durch die genauere Bekanntschaft mit Ihrem Charakter, Kunsteifer und freundschaftlicher Güte für mich, berechtigtΔ wäre, ohne eben als Schmeichler zu erscheinen.

Darf ich Ew:Δ Hochgebohren, an die am 29t JanuarΔ an Hochdieselben auf VerlangenΔ abgeschikte Quittung, über 10 Friddor ergebenst errinnern?Δ die vielleicht woΔ vergeßen liegen geblieben ist?*

Empfangen Sie nochmals meinen herzlichsten Dank, für Ihren fortwährenden Antheil an meinem Wohle, und glauben Sie mich immer mit der aufrichtigsten Ergebenheit und vollkomensten HochachtungΔ E. HochgebohrenΔ ganz ergebenen
C: M: vonWeber
Δ

Editorial

Summary

gibt Brühl auf dessen Anfrage zu verstehen, dass er nur bei entsprechend lukrativem Angebot nach Berlin käme, da er sich durchaus Dresden gegenüber verpflichtet fühle

Incipit

Ich habe recht auf Hochdero gütige Nachsicht zu rechnen

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition in 2 Text Sources

  • 1. Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 243

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • am oberen rechten Rand der Rectoseite Vermerk von Brühl: “Ad Acta | Bruhl

    Provenance

    • Bassenge Auktion 57 (1991), Nr. 3158
    • Schneider (Tutzing), Kat. 136 (1968), Nr. 612

    Corresponding sources

    • Copy: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
      Shelf mark: Weberiana Cl. II B, 1. a., Nr. 12, S. 12–13

      Physical Description

      • Abschrift von Ida Jähns
    • Brühl, S. 16–17, Nr. 14
  • 2. Text Source: Draft: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VIII), Bl. 58b/v

    Physical Description

    • mit abweichender Datierung: 16. März

Text Constitution

  • “nicht”supplied by the editors
  • “eichel”supplied by the editors

Commentary

  • “… gesagt, die Beantwortung Ihrer Anfrage”Weber hatte laut Tagebuch am 17. Februar 1818 einen Brief mit „erneutem Antrag“, also bezogen auf eine geplante Anstellung in Berlin, erhaltenT.
  • “… wo vergeßen liegen geblieben ist?”Das Geld erhielt Weber laut Tagebuch am 17. März 1818 (der Brief an Brühl ist darin am 16. März eingetragen).

Readings

  • Text Source 1: Hochgebohrner Herr Graf!
    Text Source 2: H: g: Herr Graf Brühl.
  • Text Source 1: Hochdero
    Text Source 2: Ihre
  • Text Source 1: nicht
    Text Source 2: nicht
  • Text Source 1: schmeichelhaften
    Text Source 2: schmeichelhaften
  • Text Source 1: für
    Text Source 2: gegen
  • Text Source 1: No text present.
    Text Source 2: wirklich
  • Text Source 1: habe. Aber
    Text Source 2: habe, aber
  • Text Source 1: zeigen. Da
    Text Source 2: zeigen, da
  • Text Source 1: ?
    Text Source 2: .
  • Text Source 1: unsere
    Text Source 2: unsre
  • Text Source 1: handeln. Außerdem
    Text Source 2: handeln, außerdem
  • Text Source 1: alle
    Text Source 2: alles
  • Text Source 1: berechtigt
    Text Source 2: berechtiget
  • Text Source 1: Ew:
    Text Source 2: E:
  • Text Source 1: Januar
    Text Source 2: Jan:
  • Text Source 1: auf Verlangen
    Text Source 2: No text present.
  • Text Source 1: ?
    Text Source 2: ,
  • Text Source 1: wo
    Text Source 2: in der Kanzley
  • Text Source 1: Ergebenheit und vollkomensten Hochachtung
    Text Source 2: Achtung und Ergebenheit
  • Text Source 1: E. Hochgebohren
    Text Source 2: No text present.
  • Text Source 1: ganz ergebenen C: M: vonWeber
    Text Source 2: No text present.
  • Text Source 1: 17t
    Text Source 2: 16t

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