Carl Maria von Weber an Gaspare Spontini in Berlin
Dresden, Donnerstag, 18. März 1824

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Hochwohlgebohrner Herr GeneralMusikDirector!
Geehrtester Herr und Freund!

Seit meiner Zurükkunft von Wien*, war es mein täglicher Vorsatz an Sie zu schreiben, mich in Ihr Andenken zurük zu rufen, und Ihrer gütigen Vorsorge meine Oper Euryanthe zu empfehlen.      Der Zufall hat mir aber seither eine solche unglaubliche Dienstlast aufgebürdet, daß ich dem Himmel nicht genug danken kann, daß meine Gesundheit es bisher aushielt.      Mein College Morlachi ist schon vor meiner Zurükkunft nach Venedig gereist*, und noch nicht zurük, der Musikdirector Schubert, erkrankte zu derselben Zeit, und vor ein paar Tagen haben wir ihn begraben*.      Deutsche und italienische Oper, der ganze Kirchendienst, HofconcerteT pp lagen nun seitdem mit allen ihren Proben und Anordnungen auf mir allein.

Ich brauche Ihnen, dem Sachkenner, nicht zu sagen, daß da kein Augenblik für mich blieb: abgerechnet das wahrhaft geist tödtende solcher fortwährenden Anspannung. ich darf | daher wohl auf Ihre Nachsicht hoffen, wenn ich nicht früher dazu kam Ihre Güte für Euryanthe in Anspruch zu nehmen.

Mit grossem Vergnügen habe ich gehört, mit welcher freundlichen Theilnahme Sie von dieser Oper gesprochen haben. Empfangen Sie dafür, und für Alles was Ihre Güte noch diesem Versuch wird angedeihen lassen, den herzlichsten Dank.

Die Aufführung hier wird erst in einigen Tagen statt finden*, da leider bisher, sie durch das Wochenbett der Mad. Devrient verzögert wurde*.

Vor Kurzem habe ich den grossen Genuss gehabt Ihre herrliche Vestalin neu in Scene zu setzen*.      ich habe mit der einem solchen Werke gebührenden Achtung, alle Tempos nach denen von Ihnen in Paris gestochenen Metronom Bezeichnungen, durchstudirt; und bey dieser Gelegenheit zu meiner großen Beruhigung gefunden, dass ich dem grossartigen Geiste dieses Werkes mich glüklich genähert hatte, und der geistvolle Schöpfer desselben vielleicht nicht unzufrieden mit dem Ensemble der | Aufführung gewesen wäre, wenn mir gleich manches von Seiten der Darstellenden zu wünschen übrig blieb*.

Erlauben Sie mir nochmals, in vollstem Vertrauen auf Ihre Güte, Euryanthe Ihrer schützenden Vorsorge dringendst zu empfehlen.      Sollten die Umstände die baldige Aufführung dieser Oper in Berlin erlauben, so werde ich mir es nicht versagen können die gewiss gelungene Darstellung mit anzusehen, und Sie dann mündlich der ausgezeichneten Hochachtung und ergebensten Dankbarkeit aufs neue zu versichern mit welcher ich unwandelbar bin Euer Hochwohlgebohren ganz ergebenster
Freund und Diener
C. M: von Weber

Editorial

Summary

schildert Situation in Dresden und seine durch Abwesenheit Morlacchis und Krankheit/Tod Schuberts bedingte völlige Überlastung; Dresdner Aufführung der Euryanthe durch Wochenbett der Devrient verzögert; Bericht von Aufführung und Interpretation (bes. Tempi) der Vestalin; empfiehlt Euryanthe der Obhut Spontinis und gibt Hoffnung auf eine baldige Berliner Aufführung Ausdruck

Incipit

Seit meiner Zurükkunft von Wien, war es mein

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 27

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • Text komplett in lateinischer Schrift geschrieben

    Provenance

    • Maggs Brothers (London) Kat. 425 (Sommer 1922), Nr. 1859
    • Charavay, Noel: Bulletin No. 537 (Oktober 1921), Nr. ?
    • Charavay, Noel: Bulletin No. 500 (September 1918), Nr. 87003
    • Poseck, Waldemar: Kat. 15, o.J., Nr. 143

    Corresponding sources

    • tV: Müller, Erich H.: Unbekannte Briefe Carl Maria von Webers, in: Neue Musik-Zeitung (Stuttgart) 46. Jg. (1925), Heft 13, S. 308

Text Constitution

  • “zu”added above

Commentary

  • “… Seit meiner Zurükkunft von Wien”Ankunft in Dresden am 10. November 1823.
  • “… meiner Zurükkunft nach Venedig gereist”Morlacchi hatte einen Opernauftrag für Venedig (Ilda d’Avenel); er war im November 1823 abgereist (vgl. Webers Brief an Michael Beer vom 27. September 1823) und kehrte erst im September 1824 nach Dresden zurück (vgl. Webers Tagebucheintrag vom 10. September 1824).
  • “… Tagen haben wir ihn begraben”Begräbnis laut Tagebuch am 9. März 1824.
  • “… in einigen Tagen statt finden”Die Erstaufführung der Euryanthe in Dresden fand am 31. März 1824 statt.
  • “… der Mad. Devrient verzögert wurde”Der erste Sohn der Sängerin wurde am 12. Februar 1824 geboren; vgl. Webers Brief an Brühl vom 13. Februar 1824.
  • “… neu in Scene zu setzen”Vorstellungen waren am 14. und 21. Februar; vgl. Bespechung in der Abend-Zeitung.
  • “… Darstellenden zu wünschen übrig blieb”Besonders der Debütant Giuseppe Fink war der Partie des Licinius weder sängerisch noch darstellerisch gewachsen; vgl. Abend-Zeitung.

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