Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Wien
Dresden, Donnerstag, 9. Dezember 1824

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Mein geliebter Bruder und Collega!

Endlich im Hafen angelangt!!!* Gott sei gepriesen, der am Ende alles zum Besten lenkt. Meine innigsten Glükwünsche umschweben dich und deine geliebte Hausfrau. du hast alles was Ansprüche auf LebensGlük giebt, Sorgenlose Existenz, Wirkungskreis, eine treu sorgende Frau zur Seite, liebende Freunde, — Nun wiße das aber auch alles recht zu schätzen, und fröhlichen Sinnes zu genießen. dieß ist der beste Seegen den ich über dein Haus aussprechen kann, denn ich, den Gott auch so überschwänglich vor Vielen beschenkt hat, ermangle doch eines heiteren Gemüthes das alles dieses zu reinem LebensGlük erhöbe, und weiß daher am besten, daß ohne diese Gottesgabe man wohl sich durch den Verstand glüklich fühlen kann, aber — es ist einem nicht wohl dabei. — —

Ich hätte dir gerne deine Musik durch irgend eine Gelegenheit geschikt, da das Porto per Post doch immer hoch kömt, brauchst du sie aber sehr nöthig so schreibe mir nur 2 Worte, und ich laße sie sogleich abgehen.

Ich bin allerdings in Unterhandlungen mit London, kann aber noch nicht gewiß sagen wann ich hingehe. der Operntext den ich schreiben sollte ist noch nicht angekommen, und ich bin auch noch immer so drükkend in meinem Dienst beschäftiget, daß ich seit Euryanthe keine Note geschrieben habe.

An deine Stelle hier, die getheilt wurde, ist Marschner und Rastrelli gekommen*. Morlachi ist noch immer krank. —

Die Caecilia ist eine wahrhaft ausgezeichnete Zeitschrift, und du wirst gut thun wenn du auch mit hilfst das Gute zu fördern. Auch ich habe eben so viel guten Willen als wenig Zeit.

Meine Frau sieht in wenig Wochen ihrer Entbindung entgegen*. |

Mein Max ist gottlob frisch und munter. ich bin sehr angegriffen und leidend.

Deine neue Stellung muß von dem besten Einfluße so wohl auf deine eigene Arbeiten, als auch deren Verbreitung in der Welt sein. Zumal da du in Wien lebst, wo doch ein ewig reges Treiben ist, wenn auch mitunter wunderlich.

Einige deiner InstrumentalSachen, Z: B: das Divert: für Pf: und Violonc: ist in London nachgestochen, und ehrenvoll recencirt*. H: v: Könneritz ist schon lange in Madrid als Gesandter; dein Brief an ihn, liegt noch bei mir.      den Kreditbrief hattest du schon früher zurük geschiktT.      deinen Brief aus Innsbruk den die Gräfinn Wolkenstein pp mir bringen sollten habe ich erst Ende July im Marienbade erhalten wo ich 6 Wochen ohne sonderlichen Erfolg gebadet und getrunken habe.

Nun lebe wohl und glüklich, geliebter Freund, meine Frau grüßt mit mir herzlichst deine liebe Ehehälfte, und ich bin mit alter Liebe und Treue dein Weber.

Editorial

Summary

Glückwünsche an Gänsbacher anlässlich dessen Antritt der Kapellmeisterstelle an St. Stephan in Wien und Heirat; berichtet von Unterhandlungen mit London; Arbeitslage in Dresden; Privates und Gesundheitliches

Incipit

Endlich im Hafen angelangt!!! Gott sei

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
    Shelf mark: Weber an Gänsbacher 60

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

    Corresponding sources

    • Nohl 1867, S. 291–292 (Nr. 58)

    Commentary

    • “… Endlich im Hafen angelangt!!!”Gänsbacher hatte am 3. November 1824 geheiratet; der Brief, den Weber laut Tagebuch am 8. Dezember 1824 erhalten hatte, dürfte darüber informiert haben. Zudem hatte Gänsbacher seine neue Stelle als Domkapellmeister an St. Stephan in Wien angetreten.
    • “… ist Marschner und Rastrelli gekommen”Laut Tagebuch Verpflichtung von V. Rastrelli am 25. September, von H. Marschner am 27. September 1824.
    • “… wenig Wochen ihrer Entbindung entgegen”Alexander von Weber wurde am 6. Januar 1825 geboren.
    • “… London nachgestochen, und ehrenvoll recencirt”In The London Magazine, vol. X heißt es im September 1824 (S. 317): „Mr. Crouch has published a third number of selections for the flute and violoncello, containing an adagio and air with variations, by Gaensbacher, a composer but little known in this country. This specimen of his style is florid and not ungraceful. The principal part is allotted to the violoncello, and this is difficult, being full of high and rapid passages.“

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