Franz Kroll to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Berlin, Tuesday, October 25, 1870

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Verehrter Freund!

Sein Sie mir nicht böse, daß ich ganz vergessen hatte, Ihnen die metronomischen Notizen über die Dmoll-Son. zu schicken, oder vielmehr, daß ich mir zerstreuter Weise eingebildet hatte, sie Ihnen schon geschickt zu haben*. Im Betreff der Asdur- und der Emoll-Son. kann ich Ihnen für jetzt nicht ganz Zuverlässiges über meine heutige Tempo-Stimmung und daraus sich ergebenden Tempo-Bestimmung sagen, weil ich mein Metronom verliehen habe, und deshalb nur auf die von Alters herrührenden Angaben in meinem | Exemplar mich berufen kann. Wie sehr sich aber nach Verlauf von Jahren die Ansichten ändern, namentlich wenn man dasselbe Stück mit ganz andern Vorstellungen hört und einen ganz andern Maaßstab anlegt, das werden Sie, verehrter Freund, oft genug erlebt haben. Deswegen wollte ich auch ursprünglich, wie dies in den ersten Heften meiner Bibliothek ersichtlich ist, gar keine metronomische Bestimmung geben, die ich, aufrichtig gestanden, auch jetzt noch für ziemlich überflüssig, weil unmöglich, erachte. Bülow aber wünschte diese Angaben so eindringlich, daß ich dennoch, trotz meiner Antipathie, dieselben beifügte.

Was nun die Angaben für die Dmoll-Son op. 49 betrifft, so scheinen mir die Moscheles’schen Zahlen* zuweilen ins Blaue hinein gewählt zu sein, wie die Bestimmung für das Andante con moto ([Viertel] = 116), namentlich aber für den 1tn u. 2tn Satz der Asdur-Son. recht erbaulich beweisen. Ich bin im Allgemeinen nicht für die übermäßig schnellen Bewegungen, auch nicht in den feurigen Sätzen. Hier also meine Bestimmung für op. 49:

I: [Viertel] = 152. II [Achtel] = 96. III [punkt. Viertel] 84

In Betreff der Asdur-Son., wo ich aber vielleicht hier und da heut anders empfinden mag, hatte ich diese Zahlen:

I: [punkt. Viertel] = 92. II [Achtel] = 92. III [punkt. Halbe] = 88. IV [Viertel] = 100

Für die Emoll-son. op. 70 kann ich nicht mehr einstehn, weil gar zu viel Zeit zwischen damals u. jetzt liegt:

I [Viertel] = 126 II [punkt. Halbe] = 112 u. das Trio: [punkt. Halbe] = 100

III [Achtel] = 120 IV [Halbe] = 96 wie Son.

Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen
Ihr treu ergebner
F. Kroll

Editorial

Summary

schickt ihm seine Metronom-Zahlen für die Sonaten op. 39, 49 u. 70

Incipit

Sein Sie mir nicht böse, daß ich ganz vergeßen hatte

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 342

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf gestempelt: “an Jähns”

Text Constitution

  • “n”crossed out
  • “sagen”added above

Commentary

  • “… Ihnen schon geschickt zu haben”Bezogen auf Krolls Weber-Editionen in seiner BIBLIOTHEK älterer und neuerer Clavier-Musik.
  • “… mir die Moscheles' schen Zahlen”Bezogen auf Moscheles’ Ausgaben von C. M. VON WEBER’S PIANO FORTE WORKS bei Chappell in London 1840ff.

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