Rezension des Librettos der Oper Euryanthe von Helmina von Chézy (Teil 3/5)

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Ueber die Eurianthe als literarisches Produkt.

(Fortsetzung.)

Lysiart entfernt sich um seine Wette zu gewinnen, und kommt auf dem Schlosse Nevers an, wo Eurianthe seufzt. Was er thun will, wissen wir, aber man war neugierig zu hören, wie er es thun will, und davon verlautet kein Wort. Er stürzt mit dem Anfang des zweiten Aktes aus dem Schlosse:

Wo berg’ ich mich? Wie find’ ich hier mich wieder? Bethörtes Herz, du warst es ja, Das sie als leichte Beute sah.

In diesen Worten liegt Ursache genug für uns, ihn für einen Dummkopf zu halten, und noch dazu für einen großen, denn es scheint, als wenn er, ohne Mittel verführe¦rischer Künste, in der Nacht Dinge von Euryanthe verlangt habe, die nur ein bethörtes, durch ihre Leidenschaft oder durch Schlingen bethörtes Weib gewährt. Er ruft aus: S. 22.:

Zertrümmre, schönes Bild, Fort letzter, süßer Schmerz! Nur Rache, Rache füllt Dies sturmbewegte Herz!

Dawider wird Niemand etwas einwenden, wer den Schmerz betrogener Hoffnungen kennt, aber man muß sich doch einigermaßen an den Kopf halten können, der die Mittel abwäge, sich der Erfüllung zu versichern. Es wird Zeit für ihn, daß das Ungefähr hilfreich erscheint, nämlich ein von seinem Willen unabhängiger Vorfall, den ich sogleich melde. Eine gewisse Eglantine, die dito den Liebhaber der Euryanthe liebt und mit gleicher Begünstigung wie Lysiart die letztere, hat sich ihr Vertrauen zu erwerben gewußt, S. 12 ff., und erfahren, daß Adolars Schwester Emma sich wegen des Todes ihres Geliebten vermöge eines giftigen Ringes getödtet habe und nun nicht eher Ruhe finde, S. 14:

Bis diesen Ring, aus dem ich (Emma, der Geist) Tod gesogen, Der Unschuld Thräne netzt im höchsten Leid, Und Treu’ dem Mörder Rettung beut für Mord.

Sie bemerken, mein hochgeschätzter Freund, daß der letzte Vers nicht an Deutlichkeit und Gelenkigkeit excellirt, ob er gleich den Orakelspruch des ganzen Stückes enthält. Man weiß eigentlich nicht recht, warum Adolar das Geheimniß seiner Schwester verräth, da er unmöglich ahnen konnte, daß er durch Erfüllung des Orakels sie erlösen und dem Lysiart ein Mittel zum Betrug in die Hände spielen sollte. Doch es ist geschehen, was geht es uns an, warum? Eglantine weiß des Ringes an der Hand der unruhigen Emma sich zu bemächtigen und übergiebt ihn dem Lysiart, mit dem sie unter dem Versprechen in einen Bund getreten ist, daß er sie heirathen soll. Diese Alliance geschieht unter Donner und Blitz, weil sie etwas Böses ist. Lysiart bringt diesen Ring zum Beweis einer heimlichen Gunstbezeugung von Seiten Euryanthe’s in dem Augenblick, wo sie in dem Armen ihres wiedergefundenen Adolars liegt. Sie wird verstoßen. S. 29:

Du gleißend Bild, du bist enthüllt. Schnell folgte Strafe deinen Thaten, Weh’ dir, die Lieb’ und Treu verrathen, Das Maaß der Frevel ist gefüllt!

Statt Frevel hätt’ ich beinahe ein andres Wort geschrieben! Wäre ich an Euryanthe’s Stelle gewesen, ich hätte den Adolar sausen lassen und dem König, der daneben steht und mit Liebe zur Gerechtigkeit sich brüstet, mit Verachtung begegnet, denn warum wird die Arme verdammt? Weil man sie nicht zu Worte kommen läßt.

(Forts. folgt.)

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Bandur, Markus

Tradition

Text Constitution

  • “dem Armen”sic!

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