Carl Graf von Brühl an Wilhelm zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein in Berlin
Berlin, Montag, 27. Februar 1826

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Wünsche ich stets zu beweisen, daß wenn ich in Dienstgeschäften zuweilen meinen eignen Ansichten folgen zu müßen glaube, und dieß gegen Hochdieselben freymüthig ausspreche, ich doch nie die Absicht haben kann die Hochachtung gegen Ew. Durchlaucht aus den Augen zu setzen, und Hoch Ihnen vorsätzlich und ohne Grund entgegen zu streben, noch weniger aber mit Willen Ew. Durchlaucht falsche und unrichtige Angaben zu machen, wie dieß bey Gelegenheit der Oper Eurianthe Ew. Durchlaucht von mir zu glauben geschienen. Gewiß darf ich wiederholen, daß so etwas bey mir außer der Möglichkeit liegt! – daß ich aber in meinen früheren Berichten weil ich versäumt die Acten genau durchzusehen mich eines unpaßend gewählten Ausdruckes | bedient, habe ich bereits Ew. Durchlaucht officiell, mit Bereitwilligkeit anzuzeigen nicht verfehlt und mache ich es mir zur Pflicht dieß nochmals hier privatim zu wiederhohlen, indem ich die aufrichtige Versicherung hinzufüge, daß mir dieß Versehen von meiner Seite sehr leid gethan und ich deshalb Ew. Durchlaucht hierdurch ganz ergebenst um Entschuldigung bitte. Um so viel mehr glaube ich mich auch hierzu veranlaßt als Ew. Durchlaucht in dem verehrlichen Schreiben vom 29t December zu bemerken die Güte hatten, die Bewilligung der 800rh für H. v. Weber geschähen, lediglich von Ew. Durchlaucht, aus Gefälligkeit für mich. Für diese Vergünstigung sage ich noch nachträglich meinen ganz gehorsamsten Dank.

Bey dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin im vollsten Zutrauen Ew. Durchlaucht hier privatim eine Verlegenheit vorzutragen, in welche ich durch eine officiel von Hochdenselben erhaltenen Verfügung gesetzt worden bin und welche Hochdieselben aus der Anlage des näheren erfahren werden. – Sr. Majestät Allerhöchstes Cabinets Schreiben drückt sich geneigt für den Bittsteller aus, und fordert mein Gutachten über | dessen Bitte. Aus Rücksichten für Ew. Durchlaucht wollte ich dieß Gutachten nicht abgeben ohne Dero Ansichten darüber zu kennen. Diese stehen indeß nach erhaltenem Bescheide meiner Ueberzeugung vollkommen entgegen, indem ich es für den Dienst und selbst für die Casse nützlich halte, dem alten Schulz eine kleine fortlauffende monatliche Zahlung zuzugestehen, wofür er nicht nur die Janitscharen Musik im Orchester unterstützen, sondern auch kleine und große Flöte aushülfsweise mitspielen muß, wenn es von ihm verlangt wird. – Wenn derselbe in besonderen Fällen extraordinair remunerirt* wird, hat die Casse gewiß keinen besonderen Vortheil, – und der ziemlich deutlich erscheinende Wunsch Sr. Majestät – daß einem alten invaliden Soldaten eine fixirte Unterstützung zukommen möge – wird nicht erreicht. – Wie soll ich aus dieser Verlegenheit herauskommen? Sr. Majestät fordern mein Gutachten, und wenn ich dieß nach meiner pflichtmäßigen Ueberzeugung abgebe, so wird es dem gradehin entgegen lauten was Ew Durchlaucht, in Ihrer verehrlichen Verfügung gegen mich ausgesprochen!–

Ich würde nicht ermangelt haben, Ew Durchlaucht aufzuwarten und | Ihnen diesen für mich ganz besonders unangenehmen Fall mündlich vorzutragen befürchtete aber Hochdenselben nicht zu gelegener Zeit zu kommen, und bitte nun, daß es Ew Durchlaucht gefallen möge, mir entweder schriftlich oder bey vorkommender Gelegenheit mündlich Hochdero geneigte Aeußerung hierüber zukommen zu laßen.

Mit größter Verehrung Graf Brühl

Apparat

Zusammenfassung

beteuert, dass er nie falsche Angaben gegenüber Wittgenstein machen wollte; bittet nochmals um Verzeihung für den unpassenden Ausdruck; dankt für die Bewilligung der 800rh für Weber; findet es für die Kasse nützlicher, eine kleine fortlaufende monatliche Zahlung für Schulz einzurichten anstelle ihn extra zu bezahlen

Incipit

Ew. Durchlaucht | Wünsche ich stets zu beweisen, daß wenn ich in Dienstgeschäften

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz (D-Bga)
    Signatur: I. HA Rep. 100 Ministerium des Königlichen Hauses, Nr. 1069 Etats- und Kassenwesen der Königlichen Theater 1823-1842, Bl. 92r/v und 93r/v

    Quellenbeschreibung

    • e. Br. mit U.

Textkonstitution

  • „weil ich versäumt … Acten genau durchzusehen“über der Zeile hinzugefügt
  • „hierzu“über der Zeile hinzugefügt
  • Sr. Majestätüber der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… in besonderen Fällen extraordinair remunerirt“remunerieren: vergüten, entschädigen.

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