Friedrich Förster an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Berlin, Montag, 24. Oktober 1864

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Geehrter Herr Musikdirector,

Auf Ihre gef. Anfrage in Betreff C. M. v. W. erwiedere:

Durch seine, die deutsche Jugend so mächtig ergreifenden Compositionen der Kriegslieder Theodor Körners begeistert — ich gehörte ja zu Lützow’s wilder verwegener Jagd — war es mir die größte Freude nach der Heimkehr aus den Feldzügen W-r’s persönliche Bekanntschaft zu machen.

Ich sah ihn zuerst 1816 in der Familie des Staatsrathes Körner in Berlin*, auch bei Professor Lichtenstein, wo W: immer abstieg, dann in meiner bescheidenen Wohnung bei der Frau Justizräthin Türk, deren Tochter – später mit dem Hauptmann Ballhorn vermält — eine ausgezeichnete Clavierspielerin war.

Die von ihm componirten, mit meinem Namen bezeichneten Gedichte hat er handschriftlich von mir erhalten, mit Ausnahme von No. 2, welches von Schenkendorf ist. Sollten Sie Biographisches Ihrer Arbeit hinzuzufügen gedenken, so dürfte Nachstehendes nicht ohne Interesse sein.

Weber erfreute sich eines innigen Freundschaftsverhältnisses mit dem Grafen Brühl, damaligen General-Intendanten des Königl. Theaters zu Berlin. Graf Brühl befand sich in der unangenehmen Lage, den Anmaßungen des Ritters Spontini oft sehr entschieden entgegentreten zu müssen, was zu heftigen Conflicten führte. Für den Grafen Brühl wurde dies Verhältniß dadurch fast immer unerträglicher, daß Spontini an den Generaladjutanten des Königs Fr. Wilh. III, späteren Kriegsminister v. Witzleben einen Gönner hatte, durch welchen er Alles durchsetzte, so daß, in Betreff der großen Oper die Anordnungen Brühls sehr oft unbeachtet blieben. Eben war Spontini’s Olympia mit ungeheurem Aufwand gegeben worden, in welcher der, auf die Bühne gebrachte, Elephant eine Hauptrolle spielte.

Vor der Aufführung des Freischütz sprach Graf Brühl den Wunsch gegen mich aus, ihm einige Verse zu dichten, welche bei der ersten Aufführung als Flugblätter nebst Kränzen aus verschiednen Logen dem Componisten zufliegen sollten.

Von diesem Gedicht, dessen weitere Beförderung der Theatersecretär Teichmann übernahm sind mir nur erinnerlich: der Anfang: „Willkommen du Freischütz im grünen Wald, Wo das Gifthorn ruft und die Büchse knallt“ und der Schluß: „Wenn es heut auch keinen Elephanten gibt, Du jagst wohl nach anderen edleren Wild.“

Der Ritter Spontini fühlte sich durch die Anspielung so beleidiget, daß er wie ein angeschossener Elephant umhertobte, eine Klageschrift gegen Brühl, der solche Pasquille gegen ihn ausstreuen lasse, aufsetzte u dieselbe durch einen Courier nach Aachen, wo sich der König eben auf dem Congresse befand, befördern ließ. Weber aber wurde von Spontini’s Verehrern so eingeschüchtert, daß er in den das Intelligenzblatt eine Verwahrung einrücken ließ. —

Bei „Oberon“ werden Sie die Verhandlungen zwischen der Königl. Oper u dem Königstädter TheaterT, wodurch in Berlin die Aufführung dieser Oper um 3 Jahre verzögert wurde nicht unerwähnt lassen.


Ergebenst
F. Förster

Apparat

Zusammenfassung

schildert die Konflikte zwischen Brühl und Spontini und erläutert, wie es zu dem Gedicht von ihm am Abend der Freischütz - Uraufführung kam und die Folgen

Incipit

Auf Ihre gef. Anfrage in Betreff C. M. v. W. erwiedere:

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 177

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • am oberen Rand Bl. 1r Vermerk von F. W. Jähns: „Hofrath Dr: Friedr. Förster. Dichter in Berlin. An F. W. Jähns.“

Textkonstitution

  • „fast“durchgestrichen
  • „immer“über der Zeile hinzugefügt
  • „den“durchgestrichen
  • „das“über der Zeile hinzugefügt
  • „in“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… des Staatsrathes Körner in Berlin“In Webers Tagebuch ist ein erstes Treffen von Weber und Förster am 17. Oktober 1816 notiert.

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