Carl Gottlieb Reißiger an Christian Heinrich Stobwasser in Berlin
Dresden, Freitag, 6. Februar 1824

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Sehr werthgeschätzter Freund und Gönner! Gestern in der Mitternachtsstunde bin ich glücklich und gesund, trotz der fürchterlichen Stöße, in die mich der durch vorhergehenden Schmutz und durch darauffolgenden Schmutz erbärmlich gemachte Weg versetzt hat (schönes Deutsch!) hier angelangt und säume nicht, nachdem ich Sie alle herzlich begrüße, Ihnen folgende erhebliche Data aus meiner Lebensschaukel mitzuteilen. Was Ihnen auch vielleicht für Nachrichten über die erste Aufführung* zu Ihren lieben Ohren gekommen sein mögen, so viel habe ich gewiß erfahren, daß die erste Aufführung, ob sie gleich schlecht war, doch gefallen hat und die Oper beifällig aufgenommen wurde. Vorgestern, am Mittwoch, ist sie weit besser gegangen, und sind die meisten Stücke applaudiert worden. C. M. v. Weber hat mir sehr viel Elogen gemacht, von dem ersten Akt hat ihm auch das Buch gefallen, der zweite, meinte er, schleppte sich, da sich’s ganz allein um die Dido drehe. Er sagte mir, sowie mehreren meiner Freunde, daß die Sandrini ihr Möglichstes geleistet und schön gespielt habe, Tibaldi aber gar keine Stimme mehr habe, hingegen Zezi, der Basso (nicht Sassaroli) sehr gut gesungen habe*. Auch dem König hat sie gefallen. Vorzüglich die zweite Aufführung, und wenn der Herzog von Koburg nicht hier wäre, der immer etwas anderes zu sehen wünscht, so hätte ich die Dido schon nächsten Mittwoch wieder gehört. Indes hat mir Weber (der sich Ihrem ganzen, lieben, guten Hause bestens empfiehlt) versprochen, daß ich sie bald zu hören bekommen soll. – Auch das Publikum ist mit der Musik sehr zufrieden gewesen und hat nur andere Sänger gewünscht. Zezi soll die Baßarie sehr schön gesungen haben. Ich ging wirklich mit großer Bangigkeit hierher, allein ich hätte es nicht nötig gehabt, denn so leicht wird hier nicht ausgepocht. Heute will ich nun den Sängern und Sängerinnen einen Besuch machen. Fürstenau ist sehr artig gegen mich und läuft überall mit mir herum. Nehmen Sie mit diesen wenigen Zeilen vorlieb und denken Sie meiner in Berlin. Teilen Sie die beruhigenden Nachrichten allen mit, die teil an mir nehmen. Es kommt mir sehr närrisch an, so allein hier zu leben. […]

Gott erhalte Sie gesund und schenken Sie ferner Ihre Liebe Ihrem dankbaren C. G. Reissiger,

Apparat

Zusammenfassung

Aufführung von Reissigers Didone abbandonata unter Weber in Dresden

Incipit

Gestern in der Mitternachtsstunde bin ich glücklich und gesund

Generalvermerk

Textwiedergabe noch nach dem Erstdruck

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 125,1

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kurt Kreiser, Carl Gottlieb Reissiger. Sein Leben nebst einigen Beiträgen zur Geschichte des Konzertwesens in Dresden, Diss. Uni Leipzig, Dresden: Päßler 1918, S. 20f.

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Nachrichten über die erste Aufführung“Uraufführung der Didone abbandonata am 31. Januar 1824.
    • „… ) sehr gut gesungen habe“L. Sandrini sang die Titelpartie, C. Tibaldi den Enea und A. Zezi den Iarba.

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