Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Innsbruck
Prag, Donnerstag, 12. September 1816
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S. Wohlgebohren
dem Herrn Johann Gänsbacher
K: K: Oberlieutnant bey
dem löbl: 2t Battaillon der
Kaiser Tyroler Jäger
zu
Mein geliebter HerzensBru[der]‡
Du hast mir unendliche Freude mit [de]inen lieben Briefen vom 12t und 29t August gemacht, und ich wünschte nur auch wieder recht viel mit dir plaudern zu könen, aber du kannst denken wie ich in Arbeit stekke, da ich die ersten Tage des 8ber von hier abzureisen gedenke, und daher noch so vieles ordnen muß, auch der Teufel gerade jezt eine Menge Freunde herführt die alle auf meine Dienstwilligkeit rechnen, und die ich auch zu jeder anderen Zeit so gerne spende. der HauptZwek meines Briefes ist heute deine Comission wegen der Oboa die Kleinwächter mir überlaßen hat, da er in Jablona ist und also nicht dafür sorgen kann. ich habe ein sehr gutes Instrument von unserm braven 1t Oboisten Sellner bekomen das mit nächstem Postwagen an dich abgeht. und nur 80 ƒ W: W: kostet. Sie hat c. cis, dis, dann die Schleifklappe um 8va legato spielen zu können, dann gis, b. f. doppelt, und tiefe h Klappe. Eine ganz ordinäre mit 4 Klappen nur und neu, hätte daßelbe gekostet und du 2-3 Monate warten müßen. Sollte sie dir aber wider alles vermuthen nicht anständig sein so kannst du sie wieder zurük schikken, so habe ich es ausgemacht. besonders da der hiesige Instrumentenmacher Bauer* denselben Preiß jede Minute dafür geben will. ich hoffe du wirst sie nicht so wohlfeil hingeben*. — deine Antwort bitte ich an Ballabene zu adressiren, da ich doch nicht recht weis ob mich dein Brief noch hier trifft. an dem ungünstigen aufmerken von Oben auf deine Kantate* habe ich rechten Antheil genommen, und deine viele Mühe herzlich bedauert. könnte ich sie doch hören, wenn meine Anstellung in Dresden richtig wird wozu es allen Anschein hat, so must du einmal auf ein paar Monate zu mir kommen. ist das nicht so kome ich zu dir. – Mir geht es doch etwas beßer wie dir mit meiner Kantate, ich habe abermals eine schöne Dose mit diamanten Namenszug von unserm Gnädigsten Kaiser erhaltenT. Nachgerade aber wollte ich so sehr mich so ein Andenken ehrt, daß die übrigen Herren sich mit baarem einfänden, da ich über 700 ƒ Auslage gehabt habe, was mich doch etwas genirt. — Von hieraus gedenke ich gerade nach Berlin zu gehen und meine Arbeiten da zu vollenden, habe ich dann noch Zeit vor Antritt des Postens in Dresd: so gehe ich noch nach Hamburg, und Kopenhagen. Von Musikalien habe ich gar nichts was ich dir schikken könnte, auch keine Oboe Konzerte kann ich bekommen. wende dich deßhalb an Flad in München durch Bärmann. Junghs waren alle in Karlsbad, aber das schlechte Wetter verdarb ihnen die ganze Kur*. alles grüßt bestens, auch Liebich* dem es noch nicht recht geht, und meine Lina. Von lezterer kann ich noch immer nichts ganz gewißes sagen, Sie ist lange Zeit so gut und brav, und dann auf einmal komt der alte Heftigkeits und EifersuchtsTeufel mit allen seinen Hinterlisten zum Vorscheine. ich bin wirklich in einer sehr zweifelhaften Lage. Gott und die Zeit allein könen helfen und entscheiden. Es freut mich daß die guten Beers dir gefallen haben*, es sind wirklich treffliche Menschen. deine Dankssagungen wegen Hosenträgern und Solfeggien* must du selbst später machen da ich Niemand mehr zu sehen bekomme.
Die Anwesenheit der Firmians wird dir doch eine erheiternde Abwechslung gegeben haben. von Minette höre und sehe ich gar nichts, sie scheint böse auf mich zu sein. Giuliani hat hier Concert gegeben und die Mlle: Schmalz wird es thunT.
Nun lebe wohl geliebter Bruder, die Post geht ich muß eiligst schließen. Schreibe bald wieder und behalte lieb deinen ewig treusten Bruder Weber Prg d: 12t Sept: 1816.
Apparat
Zusammenfassung
betr. Verkauf einer Oboe an Gänsbacher; Reisepläne; betr. Musikalien für Gänsbacher; betr. Caroline Brandt; Austausch über gemeinsame Bekannte
Incipit
„du hast mir unendliche Freude mit deinem lieben Briefe“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (A-Wgm)
Signatur: Weber an Gänsbacher 41Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- am rechten unteren Rand der Adressenseite Echtsheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): „Eigenhändig von C. M. v. Weber“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Nohl 1867, S. 256–257 (Nr. 39)
Themenkommentare
Textkonstitution
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„der“ergänzt von den Hg.
Einzelstellenerläuterung
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„… da der hiesige Instrumentenmacher Bauer“Laut Schematismus für das Königreich Böhmen (1816, S. 82) kämen die Instrumentenmacher Franz Bauer (in der Neustadt, am Viehmarkt, Nr. 13) oder Adam Bauer („Schätzer in metallenen blasenden Musikalinstrumenten“, in der Altstadt, Königshofgasse Nr. 652) infrage.
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„… sie nicht so wohlfeil hingeben“Gänsbacher willigte in den Kauf ein, vgl. Brief vom 17. Dezember 1816.
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„… von Oben auf deine Kantate“Vermutlich Cantate zur Tiroler Erbhuldigung, Mai 1816, Text von Leopold Philipp Graf Künigl.
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„… Dankssagungen wegen Hosenträgern und Solfeggien“Beides hatte Weber den Beers gemeinsam mit dem Brief vom 14. August 1816 an Gänsbacher mitgegeben. Die Hosenträger waren ein Geschenk von Karoline Kleinwächter; vgl. den Brief vom 4. August 1816.