Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Donnerstag, 3. April 1817 (Nr. 36)

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Mein gutes, theures, vielgeliebtes Leben!

Lieber Mukkel mir ist wie im Traume, und ich fange erst jezt an recht weich zu werden /: welches ich dir aber, schärfstens verbiete. :/ Jeden Tag, jede Stunde werde ich zählen die mich dir wieder näher bringt, um dann uns nie wieder zu trennen. Wenn der Brief so alles enthalten könnte was ich unaufhörlich an dich dachte während der Reise, so müßte er ein Buch sein.      Dein Bild, das mir in Prag neben dem Original, und im Besizze desselben, gar nicht so viele Freude machte wegen der vielen Mängel, habe ich jezt mit großer Sehnsucht und Liebe herbeigeholt, es recht von Herzen gebußt, und es hott nun vor mir und gutt mir zu, schreiben.      Doch nun zum erzählen; unsre Reise* war recht glüklich und schnell. in Töplitz haben wir Gestern um 7 Uhr gefrühstükt, und Abends um 6 Uhr kamen wir hier an, ich mit einem tüchtigen Halswehe, das aber heute schon wieder ganz gut ist, und nur von dem ewigen Schnupfen kam.      Eine Million Briefe erwarteten mich, worunter einer von der Türk, die dich herzlichst grüßt, und einen schönen gestikten Stuhl geschikt hat. Blumenkorb in der Mitte, und Arabesken unten herum, aber söön! nun! hätte ich ihn dir nur gleich zeigen können. auch Pianoforte ist angekommen und kostet 20 rh: Porto, Autsch!! ich gieng bald in Bett und schlief wie ein Oz. ja, das hätte ich bald vergeßen, Mittags haben wir im Wagen eure Gesundheit getrunken, und Gestern Abend haben wir auch gewiß alle zu gleicher Zeit aneinander gedacht.

Heute stand ich um 6 Uhr schon wieder auf. schikte Bassi seine Sachen, schrieb einige Nothwendige Briefe in Eile, darauf gieng das gelaufe los, der Graf kam zu mir, da gabs Conferenzen, denn Weixelbaums sind ganz unvermuthet gekommen, und heute Mittag auch H: Genast mit seinem Sohn dem Baßisten aus Weimar. du kannst denken Lieber Muks wie ich gehezt bin, habe aber alles schon ziemlich in Ordnung und muß nur noch zu Hellwig der auf der Jagd ist. Schmidls grüßen und danken bestens, es schien den Kindern Freude zu machen.

Wohlbrük reißt morgen früh um 4 Uhr mit mir nach Leipzig, und wieder mit zurük, weil er nach Ostern noch einige Rollen spielt*. Ich armes Thier bin also jezt recht gehezt, und zwar so, daß ich Osterdienstag gleich nach dem ConcertT mich in den Wagen sezzen darf um hieher zurük zu reisen, indem jeder Augenblik jezt meine Gegenwart erfodert.

Jezt fällt mir so viel ein was ich dir habe sagen wollen, so manches hatte ich mitgenommen dir vorzulesen was ich erst jezt beim Auspakken fand, und in der Eile mit der ich in Prag immer aus der guten schmierigen Stadt WienT wegeilte ganz vergeßen und übersehen hatte. ja, ja, so geht’s. Nun so Gott will werden ja die 6 Monate auch vergehen, haben schon so manches überstanden, und darüber wird man auch wegkommen. Sobald ich zurük bin, darf ich mich auch ernstlich nach meinem Quartier erkundigen, da ich hier d: 1t May ausziehen mußT. kann also nicht einmal mein Pianoforte auspakken und sehen, was dran ist. ist doch dumm. lieber Muks gutes liebes Leben, mein Herz ist so voll ich möchte so gern noch viel mit dir pabsen, es geht aber nicht, ich muß noch laufen und einpakken pp Gott segne dich + + + Von Leipzig aus schreibe ich dir gleich, ich bekomme leider erst in 8 Tagen einen Brief von dir.

ich küße dich herzinniglichst, ewig mit treuster wärmster Liebe dein Carl

Alles Schöne an die Mutter, und meine guten Junghs. |

Dein armer Muks kann gar nicht zur Ruhe kommen, da habe ich mit Hellwig 2 ½ Stunden Conferenz gehalten, wegen der vielen Gastrollen die zusammen treffen*, und wozu alles neu gelernt werden muß, die Abreise der Schirmer*, und daraus folgenden Proben, die Aufführung des Ingurd pp      Da muß ich jezt noch 2 Zeilen an die Grünbaum schreiben daß Sie lieber ein paar Tage später komt.

Nun gute Nacht, gute gute Nacht, liebe gute, herzliebe Lina. oder Muks. oder Schneefuß.

Apparat

Zusammenfassung

reflektiert den Besuch bei ihr in Prag und meldet seine glückliche Rückkehr nach Dresden, er betrachtet ihr Bild, das ihm neben dem Original mangelhaft erschien, mit Sehnsucht; ihn erwartete neben vielen Briefen auch ein gestickter Stuhl von der Türk, auch ein Klavier war angekommen; Weixelbaums und Genast sind angekommen, fährt mit Wohlbrück nach Leipzig, wo er ein Konzert gibt; beide müssen sofort zurückfahren, weil Wohlbrück in D. noch Gastrollen hat; muss sich nach einem Quartier für sich umsehen, da er am 1. Mai ausziehen muss

Incipit

Lieber Mukkel mir ist wie im Traume, und ich fange erst jetzt an

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A a 2, Nr. 5

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • am unteren Rand der Versoseite von F. W. Jähns mit Tinte: „Carl Maria von Weber an seine Braut. Eigenhändig.“

    Provenienz

    • vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403

    Einzelstellenerläuterung

    • „… nun zum erzählen; unsre Reise“Wie bereits bei der Hinreise nach Prag befand sich Weber in Begleitung von Luigi Bassi.
    • „… Ostern noch einige Rollen spielt“Zu Wohlbrücks letzten Dresdner Gastrollen am 10., 17. und 21. April 1817 vgl. Fambachs Repertorium sowie Webers Tagebuch.
    • „… vielen Gastrollen die zusammen treffen“Bis zum 6. April dauerte noch die Osterpause; danach gastierten am Hoftheater bis Monatsende J. G. Wohlbrück (10., 17. und 21. April), E. Genast (13., 15., 21. und 27. April) , die Weixelbaums (9., 12., 13., 16., 22., 24. und 26. April) und einmal (am 29. April) G. Gned.
    • „… muß, die Abreise der Schirmer“Die Schauspielerin reiste zu Gastauftritten (28. April bis 17. Mai) nach Berlin; vgl. den Bericht im Dramaturgischen Wochenblatt vom 7. Juni 1817.

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